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Intruder 3

Intruder 3

Titel: Intruder 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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den Jungen überfahren hatte. Vage erinnerte sich Mike an Franks Erklärung gestern Abend bei ihrem Saufgelage, wonach die Navajos kleinere männliche und größere weibliche Hogans unterschieden. Mit herkömmlichen Indianerzelten hatten diese zeremoniellen Behausungen wenig gemein. Während die weibliche Variante mit Großmut und mütterlichem Schutz in Zusammenhang gebracht wurden, galten die gedrungenen männlichen Hogans als aggressiv und kalt und das Zeremo-nienfeuer in ihnen als gefährlich.
    Das hier war eindeutig ein männlicher Hogan. Mike wusste aus Erfahrung, dass das noch nicht alles war. Es lag eine Aura über dieser Art von Behausung, eine Aura wie über dem Königsgrab in einer ägyptischen Pyramide, und wer - wie er selbst - offen für diese Ausstrahlung war, spürte etwas Uraltes und Mächtiges und auf eine grässlich falsche Weise Lebend iges, selbst hier und jetzt auf diesem alten, undeutlichen Foto mit Braunstich.
    Mikes Beine zitterten so stark, als hätte er gerade einen anstrengenden Spurt hinter sich. Er setzte die Füße wieder ganz auf den Boden und trat einen Schritt zurück, ohne dabei den Blick von dem uralten Bild wenden zu können.
    Hinter ihm ging die Türglocke. Er musste sich beherrschen, um nicht ruckartig herumzufahren. Der Kunde, der hereinkam, war allerdings kein zweitausend Jahre alter, kettenrauchender Schamane, der gerade aus einem Hogan trat, sondern genau die Art Besucher, die man in einem Geschäft wie diesem erwartete: ein langhaariger, von Kopf bis Fuß in schwarzes Leder gekleideter Mann schwer zu schätzenden Alters, der einen Helm unter den linken Arm geklemmt hatte. Das einzige Attribut, das nicht ins Klischee passte, war die kleine Digital-kamera, die an einem schwarzen Lederriemen vor seiner Brust 26
    baumelte.
    Er kam Mike vage bekannt vor, aber er war in Gedanken noch immer so mit dem Foto beschäftigt, dass er nicht sicher war. Außerdem war es vielleicht besser, wenn er sich etwas zurückhielt. Wenn der Tag so weiterging, wie er angefangen hatte, dann standen seine Chancen nicht schlecht, eins auf die Nase zu bekommen, nur weil er jemanden auffällig musterte.
    Er zwang sich, nicht mehr in die Richtung des braun-stichigen Hogan-Fotos zu blicken, und wandte sich stattdessen den indianischen Fundstücken zu. Vor allem die Streitaxt erweckte sein Interesse, auch wenn er nicht genau wusste, warum. Es war eine sehr einfach gearbeitete, aber vielleicht gerade deshalb beeindruckende Waffe, vermutlich echt, und wenn nicht, dann eine perfekte Nachbildung. Fast gegen seinen Willen streckte er die Hand aus und schloss die Finger um den mit dünnen Lederriemen umwickelten Griff. Die Axt war nicht an der Wand verschraubt, sondern lag lose auf zwei Nägeln.
    Als er sie herunternahm, stellte er überrascht fest, wie schwer sie war.
    »Das kann ja wohl nicht wahr sein«, murmelte Frank hinter ihm. »Der Kerl regt sich seit zehn Minuten darüber auf, dass wir das englische Wort für Mechaniker benutzt haben, nicht das amerikanische.«
    »Ich dachte, das wäre dasselbe.« Mike wog die Axt nachdenklich in der Hand. Sie fühlte sich ... sonderbar an. Schwer und auf eine seltsam unangenehme Art vertraut. Eine düstere Verlockung schien von der rasiermesserscharfen Feuerstein-schneide auszugehen; eine Art aggressiver Faszination, wie sie auch der Hogan in ihm ausgelöst hatte.
    »Die Schreibweise schon«, sagte Frank. »Man spricht es anders aus.« Mike sah nicht hin, aber er konnte regelrecht hören, wie Frank die Augen verdrehte. »Wir hätten ihm nicht sagen sollen, dass wir Susies fahren.«
    »Repariert er keine Reisschüsseln?« Die Axt schien in seiner 27
    Hand zu wispern. Sie hatte Blut getrunken. Menschliches Blut, und das vor sehr langer Zeit. Aber sie war immer noch durstig.
    »Er erklärt Stefan gerade den Weg zu einer Werkstatt für Traktoren und Rasenmäher«, antwortete Frank. »Er meint, dass man uns vielleicht dort helfen würde.«
    Mike spürte den Durst der Axt. Das zur Härte von Stein erstarrte Holz unter seinen Fingern schien zu pulsieren wie etwas Lebendiges und Uraltes, das durch und durch böse war, und ...
    Jemand starrte ihn an. Mike spürte es wie die Berührung einer unangenehm warmen, trockenen Hand. Er sah auf und bege g-nete dem Blick des Motorradfahrers, der vorhin hereingekommen war. Dieser sah nicht einfach nur in seine Richtung, sondern starrte ihn durchdringend an, und das auf eine Art, die Mike ganz und gar nicht gefiel. Und definitiv: Der Mann

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