Intruder 3
wahrscheinlich nicht ganz arm. Fünfzigtausend sind verflucht viel Geld, aber auch genau die Summe, bei der man zu überlegen anfängt, ob man sie nicht lieber bezahlt und sich damit Ärger erspart, der einen ansonsten komplett ruinieren könnte. Genau die Summe, 106
die drei Typen mit einem Spleen für einen Luxusurlaub irgendwie zusammenkratzen können, wenn es wirklich sein muss.«
Das klang logisch - und trotzdem weigerte sich Mike noch immer, es zu glauben. Erpresser? Die beiden Indianer, vielleicht. Aber der Wendigo? Das war absurd.
»Und wenn ich einfach bezahle?«, fragte er.
»Das wäre eine Möglichkeit«, sagte Frank. »Aber du hast natürlich keine Garantie, dass ...«
Die Tür wurde aufgestoßen, und Stefan stolperte ins Zimmer.
Er war so bleich wie die sprichwörtliche Wand und trug die Satteltaschen seiner Intruder über der Schulter.
Mike steckte das Foto so hastig ein, dass Stefan allein schon durch die hektische Bewegung hätte misstrauisch werden müssen. Aber er schien es gar nicht zu bemerken. Ohne die Tür zu schließen, ihn oder Frank eines Blickes zu würdigen oder auch nur ein einziges Wort zu sagen, torkelte er zur Couc h, ließ sich schwer darauf niederfallen und streifte die Packtaschen von der Schulter. Seine Hände zitterten leicht.
»Was ist los mit dir?«, fragte Frank alarmiert.
Stefan reagierte nicht. Sein Blick ging noch immer ins Leere, und seine Hände zitterten jetzt heftiger.
»Ist der Kerl zurückgekommen?« Frank wartete die Antwort nicht ab, sondern stand auf und eilte mit wenigen schnellen Schritten zur Tür, um auf den Parkplatz hinunterzusehen.
Mike gesellte sich zu ihm. Weder der Harley-Davidson-Fahrer noch die beiden Indianer waren zurückgekehrt, und auch die meisten Lichter in den umliegenden Bungalows waren wieder erloschen, sodass der Parkplatz in fast vollkommener Dunkelheit dalag. Er konnte erkennen, dass Stefan die Maschine wieder aufgerichtet hatte, aber das war auch schon alles.
Frank schloss die Tür und drehte sich zu Stefan um.
»Verdammt, mach endlich den Mund auf!«, sagte er. »Was ist passiert? Du siehst aus, als wäre dir der Leibhaftige persönlich 107
begegnet!«
»Links«, sagte Stefan. Seine Stimme war so leer wie sein Blick und so leise, dass man die Worte kaum verstand.
»In der linken Tasche.«
Frank tauschte einen verständnislosen Blick mit Mike, hob die Schultern und machte zwei schnelle Schritte, um sich nach den Satteltaschen zu bücken. Er war so nervös, dass er zwei Versuche brauchte, um die ledernen Schnallen aufzubekom-men. Hastig klappte er den Deckel hoch ...
... und erstarrte.
»Großer Gott!«, keuchte er.
Mike trat neben ihn, und obwohl er im Grunde schon fast geahnt hatte, was er sehen würde, lief ihm dennoch ein eisiger Schauer des Entsetzens über den Rücken.
Auf den ersten Blick hätte es ein achtlos zusammengeknüllter, fleckiggrauer Putzlappen sein können, der da in der Satteltasche lag. Aber das war es nicht. Das war es ganz und gar nicht!
Es war ein menschlicher Skalp.
Ende des dritten Tages.
Fortsetzung folgt
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