Intruder 4
Situation wie dieser wirklich fröhlich zu sein.
Niemand - außer diesen beiden Blödmännern, hieß das ...
»Was ist eigentlich so komisch?«, fragte er nach einer Weile.
Er hatte Mühe, die Worte zu formulieren. Irgendeines der fünftausend Schlaglöcher, durch die der Wagen während der letzten zehn Minuten gehüpft war (Mike war mittlerweile sicher, dass der Kerl das mit Absicht machte, um die blöden Touries zu quälen), hatte seinen Magen umgestülpt, und er hatte alle Mühe, ihn mit krampfhaften Schluckbewegungen wieder dorthin zurückzubefördern, wo er sein sollte.
»Unser Chauffeur ist ein reinblütiger Navajo«, sagte Frank.
»Behauptet er jedenfalls«, fügte Stefan hinzu.
»Und?«
»Wir lernen gerade Navajo«, griente Frank. »He - wusstest du, dass es die komplizierteste Sprache der Welt ist? Der US-Geheimdienst benutzt sie noch heute, um ganz besonders sensible Dokumente zu verschlüsseln, weil selbst die raffinier-testen Computersysteme große Probleme haben, sie zu entschlüsseln.«
»Und?«, fragte Mike noch einmal. Er fand diese Information zwar interessant, begriff aber nicht ganz, was daran so lustig sein sollte.
Franks Antwort machte es klar: »Wir haben ihn gefragt, wie man auf Navajo jemanden nennt, der immer ein Stück hinter-herhinkt«, sagte er grinsend. »Du weißt schon: jemanden, der immer als Letzter von der Tankstelle loskommt, der doppelt so lange braucht wie die anderen, um seine Maschine zu beladen, oder der auch schon mal eine Ehrenrunde dreht, weil er die 47
Kurve nicht gekriegt hat und einmal um den Block fahren muss.«
»So?«, fragte Mike säuerlich.
»Che-Tehai«, sagte Stefan. Irgendwie sah er aus, als könnte er sich vor Lachen kaum noch halten. An den Indianer hinter dem Steuer gewandt fügte er hinzu: »Some kind of turtle, right?«
»Che-Ta-Hai«, bestätigte der Navajo. Er kicherte.
Aber war er wirklich belustigt? Mike sah in den Innenspiegel, der schlampig und schief mit Klebeband an der Innenseite der zerkratzten Windschutzscheibe befestigt war, und für einen kurzen Moment begegnete sein Blick dem des Indianers. Er hatte unheimliche Augen. Uralte Augen, die in ein Netz aus Tausenden winziger harter Falten eingebettet waren; Falten, die aussahen wie Risse in sonnendurchglühtem Fels. Für einen Moment war Mike vollkommen sicher, dass diese Augen mindestens so alt waren wie diese Welt, wenn nicht älter, und dass sie bis auf den Grund seiner Seele blickten; auf eine Art, die ihm Angst machte.
»Che-Ta-Hai«, sagte der Navajo noch einmal. Kichernd fügte er etwas auf Englisch hinzu, das Mike nicht verstand, und Stefan und Frank stimmten unverzüglich in sein Lachen ein.
Auch dieses Lachen gefiel Mike nicht. Er hatte nicht die geringste Ahnung, was der Indianer gesagt hatte, aber er war ziemlich sicher, dass das Gelächter auf seine Kosten ging.
Natürlich hatten sie Recht: Er war derjenige, auf den Stefan und Frank ständig warten mussten, allein weil er die größten Probleme hatte, mit diesem Koloss von Motorrad zurechtzu-kommen. Und? Eine Sekunde lang überlegte er ganz ernsthaft, sie süffisant darauf hinzuweisen, dass es schließlich auch er gewesen war, der die ganze Tour bezahlt hatte, und zwar für sie alle drei. Doch dann wurde ihm klar, wie unfair das wäre.
Ein Triumph, der ihn mehr kosten würde, als er ihm einbrachte.
»Ganz wie ihr meint, ihr Blödmänner«, antwortete er - wobei 48
er sich bemühte, einen beleidigten Ton in seine Stimme zu legen, der ganz bewusst übertrieben und schmollend klingen sollte.
Es funktionierte. Frank und Stefan kicherten hämisch, und nach einer Sekunde stimmte auch der Fahrer in dieses Kichern ein, obwohl er ganz bestimmt kein Wort verstanden hatte.
Che-Ta-Hai! Pah!
Die Fahrt dauerte noch gute zehn Minuten (etwa fünf-undzwanzigtausend Schlaglöcher), dann lenkte der Navajo den Pick- up plötzlich mit einem Ruck nach links, so abrupt, dass Mikes Kopf unsanft gegen die Seitenscheibe knallte und Stefan fast vom Sitz gefallen wäre. Noch bevor sich allgemeiner Protest erheben konnte, raste ein nagelneuer Ford Probe in einer gewaltigen Staubwolke an ihnen vorüber und verschwand um die nächste Biegung.
»Vollidiot«, knurrte Frank.
»Na dann fröhlichen Achsenbruch«, kommentierte Stefan.
Frank lachte leise, und auch der Navajo stimmte wieder mit ein
- nicht, weil er irgendetwas verstanden hätte, sondern weil die Gäste, die die Dollars besaßen, immer Recht hatten; und natürlich auch die Lacher auf
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