Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Intruder 6

Intruder 6

Titel: Intruder 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
und wie er selbst musste er in diesem Moment begreifen, dass es doch einen Weg gab, um ihn zu besiegen. »Ich habe es nicht mit eigenen Händen getan«, sagte er. »Aber ich bin schuld, dass er tot ist. Und ich werde die Verantwortung dafür übernehmen.«
    Das Wutgeschrei des Wendigo in seinen Gedanken wurde lauter. Es war die Enttäuschung eines Raubtieres, das seine Beute schon sicher geglaubt und sich nur noch ein letztes Mal an seinem Todeskampf hatte weiden wollen - und das eben diese Beute jetzt entkommen sah. Der Wendigo brüllte vor Wut und Hass ... und raste heran. Aber er würde zu spät kommen.
    »Jetzt hör endlich auf, so einen Unsinn zu reden!«, sagte Frank. »Wenn Jennings das hört, steckt er dich in seine dun-kelste Zelle und schmeißt den Schlüssel weg. Reiß dich zusammen, verdammt noch mal. Ich fü hle mich genauso miserabel wie du, aber ...«

    *

    Der Wendigo kam.
    Es begann als ein fernes, dumpfes Grollen, wie das Geräusch eines Gewitters, noch weit hinter dem Horizont, mehr zu ahnen und zu spüren, als tatsächlich zu hören, aber machtvoll und drohend zugleich. Das Dröhnen schwoll an, wurde tiefer und lauter und verschlang für einen winzigen Moment jedes andere Geräusch. Frank brach erschrocken mitten im Wort ab und drehte sich stirnrunzelnd zur Tür. Auch Strong und seine beiden Begleiter sahen auf, alarmiert, aber offenbar nicht in der Lage, den Ursprung des unheimlichen Lautes zu orten. Während das Geräusch mehr und mehr anschwoll, nahm der Polizist vor der Tür die Arme herunter, drehte sich halb herum und setzte dazu an, einen Schritt zur Seite zu machen.
    Er kam nie dazu, diesen Schritt zu Ende zu führen.
    Die Tür wurde von einem gewaltigen Schlag getroffen, gleichzeitig in Stücke gerissen und nach innen geschleudert. In der zerfetzten Öffnung erschien der Wendigo, uralt, mit wehendem grauen Haar, das von einem gewaltigen Feder-schopf gekrönt war, die Augen voller Hass und lodernder, unstillbarer Mordgier. In der linken Hand schwang er einen Tomahawk, über seine Lippen kam ein gellendes Kriegsgeheul.
    Er saß nicht auf einem Pferd, sondern auf einer riesige n, nachtschwarzen Harley, die nicht wirklich ein Motorrad war, sondern der Albtraum eines solchen: eine Maschine, die in der Hölle geschmiedet worden war und nur aus reißenden Klingen, Dornen und rasiermesserscharfen Kanten bestand. Statt eines Lenkers hatte sie zwei nach hinten gebogene Büffelhörner, und wo der Scheinwerfer sein sollte, grinste der skelettierte Schädel eines Pferdes, hinter dessen leeren Augenhöhlen das Feuer der Hölle loderte. Mörderische Sicheln, die wie bei einem antiken Gladiatorenwage n aus den Achsen ragten, bildeten verschwommene, tödlich flirrende Schatten neben den Rädern.
    Hinter dem Motorrad waberte etwas heran, das wie Gestalt gewordene Finsternis aussah. Es war, als pralle die Wirklichkeit entsetzt vor dem zurück, was da warnungs los aus den Dimensionen des Wahnsinns in sie hereingebrochen war.
    Der Streifenpolizist war der Erste, der starb. Von den Trümmern der zerfetzten Tür getroffen, taumelte er mit haltlos rudernden Armen zurück. Für einen winzigen Moment sah es fast so aus, als würde er dem heranrasenden Höllenmotorrad entgehen. Im buchstäblich letzten Moment jedoch riss der Wendigo die Albtraum- Harley mit einer jähen Bewegung herum. Die rotierenden Klingen an ihrem Vorderrad zerfetzten Uniform, Haut und Knochen und ließen den taumelnden Mann endgültig zusammenbrechen - direkt in den rotierenden Kreis aus rasiermesserscharfen Sichelklingen neben dem Hinterrad.
    Der Aufprall, vielleicht aber auch die abrupte Lenkerbewe-gung, brachten den Wendigo aus dem Gleichgewicht. Die Harley ne igte sich, zertrümmerte den gewaltigen Schreibtisch des Hotelmanagers, ohne nennenswert langsamer zu werden, und wäre zweifellos auf die Seite gestürzt, wäre das Büro groß genug dazu gewesen. So bohrte sie sich mit einem gewaltigen Krachen in die der Tür gegenüberliegende Wand. Der Wendigo wurde aus dem Sattel geschleudert, landete inmitten der zerborstenen Reste des Schreibtisches und schlitterte hilflos über den Boden, bis die Wand neben der Tür seiner Bewegung ein abruptes Ende bereitete. Das alles, von dem Moment an, in dem Mike das Geräusch das erste Mal gehört hatte, dauerte kaum länger als eine Minute.
    Mit einer unglaublich behänden Bewegung sprang der Wendigo auf, stieß ein gellendes Kriegsgeschrei aus und schleuderte seinen Tomahawk in die noch zuckende Leiche

Weitere Kostenlose Bücher