Intrusion
Herzogs kommen. »Ich sah das Omen – das sich selbst übrigens Aden nennt – erst gestern, Lady«, sagte Torak. »Kevas sprach ebenfalls von einer Begegnung mit dem Omen. Mehr noch. Behauptete felsenfest, diesen Aden eingesperrt zu haben. Als Geisel. Meine Beteuerungen, er sei tot, stießen auf taube Ohren. Glaubte mir kein Wort. Als Nächstes erklärte er dann, sein Gefangener sei geflohen. Meine Diagnose? Galoppierender Wahnsinn. Übergeschnappt, der Mann. Sprung in der Schüssel. Total weiche Birne.«
»Könnt Ihr irgendwann mal einen Satz von Euch geben, der in mir nicht den Wunsch weckt, Euch zu ohrfeigen?«
»Gewiss doch! Ich werde mir größte Mühe geben.«
»Weshalb könnte dem Priester daran gelegen sein, Aden zu töten?«, fragte Mira. »Zumindest nehme ich an, dass er aus diesem Grund versucht, meinen Meuchelmörder zu kaufen.«
»Hat ihn wohl als Ketzer eingestuft, wenn es stimmt, dass der Junge drüben in der Kirche ist«, meinte Torak und warf einen Blick auf seine Uhr. »Wie ich den alten Kauz kenne, wird er Slythe auffordern, ihn bußfertig zu machen.«
»Bußfertig.« Slythe ließ sich das Wort auf der Zunge zergehen. »Nun, es gibt Mittel und Wege, damit er in sich geht und bereut.«
»Bring Aden hierher«, sagte Mira und betrachtete angewidert ihr Spiegelbild. »Und töte den Priester. Wie viele Dragoner bewachen vermutlich die Kirche?«
»Höchstens zwei«, entgegnete Slythe. »Die übrigen lungern in ihren Höhlen unter dem Dorf herum.«
»Kannst du einen oder zwei überwältigen?«
»Im Schlaf.«
»Schön. Aber nimm dich vor Aden in Acht. Wer weiß, welche Talente er aus dem Grab mitgebracht hat.«
»Er wurde nie begraben«, warf Torak ein.
»Ihr seid nicht gefragt«, fauchte Mira.
»Hm. Ähm.«
Slythe brachte ihn mit einem scharfen Blick zum Schweigen, ehe er den Raum verließ.
»Was ist aus dem Dorf geworden?«, erkundigte sich Mira.
»Somerset? Schon ausgelöscht, Lady. Schreitet schnell voran, der Verfall. So zerbrechlich, die Realität, in letzter Zeit. Zwei Tage höchstens, dann ist der Ort ganz verschwunden. Leere Hülle. Wüste. Krümel, grauer Staub, sonst nichts. So sieht die Gegend jetzt aus.«
»Die Dorfbewohner sind nicht geflohen?«
»Nicht die Spur von Unternehmungsgeist in dieser Bagage. Nicht die Spur.«
»Wie viel Licht habt Ihr dort eingesammelt?«
»Weniger als erhofft, Lady, aber eine ganze Menge. Erhalten kostet schließlich nicht so viel wie erschaffen. Bald ist das nächste Dorf fällig. Alles für die … ähm … Behandlung bereits unterwegs, Waffen und so. Verteidigung, Gewaltausbrüche.« Wieder warf er einen Blick auf seine Uhr. »Muss mich auf den Weg machen. Keiner außer mir geeignet, den Prozess zu überwachen.« Seine Miene hellte sich auf, als ihm ein neuer Gedanke kam. »In gewisser Weise bin ich für Euch schätzungsweise wertvoller als der Meuchelmörder! Könnte man so sagen, ja. Wenn man bedenkt, was auf dem Spiel steht. Ganze Existenz und so fort. Wäre also angebracht, dass der Meuchelmörder etwas mehr Respekt an den Tag legt. Die Einschüchterungen sein lässt, ja? Auf Euer Geheiß, ja? Damit ich nicht auf den Gedanken komme, dorthin zu gehen, wo meine Dienste mehr gewürdigt werden. Oder nirgendwohin, was auch der Fall sein kann. Drohungen fruchten nichts. Ich habe, wie sich erweist, durchaus ein gewisses Rückgrat.« Er lächelte sie an und wandte sich zum Gehen. »O Mira! Eine letzte Sache. Die Chemie zwischen uns … Abneigung schon beim Anblick des jeweils anderen, emotionale Bindung, negativ, aber stark. Deshalb meine Frage … Abendessen? Mit mir? Wie soll ich es ausdrücken … eine Art Werben?«
Ehe sie sich von ihrer Verblüffung erholen und antworten konnte, platzte Julius herein. Mira erschauerte, als sie seinen Zustand sah. »Und was suchst du hier?«, fauchte sie.
»Also, ich muss schon sagen, Mira, dein Ton missfällt mir. Er grenzt doch hart an Ungeduld, und das ist ein schlechtes Vorzeichen, denn unsere Unterredung hat eben erst begonnen. Ich finde, dass du mir erstens als deinem Bruder und zweitens als deinem Herzog mehr … äh … wie war das Wort gleich wieder? Dieses Wort , das bedeutet, dass dir die anderen Wertschätzung entgegenbringen, dass sie begierig deinen geistreichen Bemerkungen lauschen und all das?«
»Respekt, Julius?«, fragte Mira.
»Genau, aber da ist er schon wieder, Mira, dieser leicht spöttische Ton, den ich mir verbitte. Ich war bisher ziemlich tolerant, ach was, ich war äußerst
Weitere Kostenlose Bücher