Invasion 02 - Der Angriff
keine Notwendigkeit erkennen lassen, selbst den Aufwand für einen eigenen Kastellan zu tragen.
Die Ergebnisse der Arbeit der letzten drei Tage hingegen waren kein bescheidenes Vermögen, sondern ein recht großes. Mit den Erträgen aus all dem fruchtbaren Land, mehreren Industrieflächen und vier Chemieanlagen konnte er sich in den Ruhestand begeben. Er hatte die Wahl, in den Ruhestand zu gehen oder sich neu auszurüsten. Ardan’aath beispielsweise verfügte über die am besten bewaffneten Oolt’os des Schwarms. Er war an fünf Eroberungen beteiligt gewesen, und sein einziges Interesse war der Pfad. Aus diesem Grund setzte er seinen ganzen Reichtum dafür ein, seine Oolt’ondai und Eson’antai gut auszustatten. Die Folge war, dass er weniger Verluste hinnehmen musste und somit im Stande war, mehr Land zu erobern und für bessere Ausrüstung bezahlen zu können. Sein ganzes Oolt war jetzt mit 3-mm-Railguns ausgestattet, und die Oolt seiner »Untergebenen« waren fast ebenso gut bewaffnet.
Kenallurial hatte immer vorgehabt, sich vom Pfad zurückzuziehen, um ein langfristiges genetisches Modifikationsprogramm beginnen zu können. Aber er hatte nicht damit gerechnet, dass dies so bald der Fall sein würde.
»Erstaunlich«, murmelte er und sinnierte dabei über zukünftige Pläne. Er hatte bereits begonnen, von den intelligentesten Normalen hochwertige genetische Proben zu nehmen. Er plante, eine komplette Linie überlegener Normaler zu entwickeln, Standard-Posleen mit einer Intelligenz und einem Maß an Unabhängigkeit, die den Gottkönigen nahe kam. Eine solche Linie könnte die verschwommen definierte Lücke auf dem Arbeitsmarkt schließen, die durch die Knappheit an Kenstain entstanden war, den feigen »Kastellanen«, die dazu eingesetzt wurden, die Domänen der Kessentai-Schlachtenmeister zu leiten. Das würde ihm ein gewaltiges Einkommen sichern. Besonders wenn es gelang, sein neu entwickeltes Geschick für kybernetische Reparaturen auch nur an einen geringen Teil der Nachkommenschaft weiterzugeben.
Diese Einkünfte würden dazu ausreichen, ein Dutzend Eson’antai so auszustatten, dass sie hinauszuziehen und wieder neue Welten erobern konnten. Und sie würden für das Gerät in seiner Schuld stehen, so wie er in Kenallais Schuld gestanden hatte. Diese Schuld war vor der Landung getilgt worden, er war also schuldenfrei.
»Und der größte Preis liegt vor uns!«, dröhnte Ardan’aath. Wieder sträubte sich sein Kamm und stand jetzt im Zustand höchster Erregung aufrecht.
»Solange er nicht so schlimm wie der ›Preis‹ im Süden ist«, sagte Kenallurial besorgt, aber auch leise.
Kenallai antwortete darauf nur mit einem Flattern seines Kamms.
Colonel Abrahamson ging den anderen voraus die Erdrampe hinauf. Das flotte gelbe Halstuch, das er sich umgelegt hatte, war von Öl und Ruß geschwärzt und mit menschlichem Blut und auch dem der Posleen verschmiert. Er ging mit entschlossenen Schritten, doch wenn man seine hängenden Schultern sah, konnte man ihm die Müdigkeit anmerken.
General Keeton, der hinter Abrahamson ging, blieb einen Augenblick lang stehen und brachte damit die Reihe hinter ihm zum Stocken. Er stampfte prüfend auf die weiche Erde. Die Rampe und auch der Rest des Erdwalls an der Innenseite des Flutwalls von Richmond waren locker und nicht verdichtet, kaum fest genug, um zu Fuß darauf zu gehen. Die erste ernsthafte Flut würde alles wegspülen, aber bis jetzt hatte die improvisierte Aufschüttung ihren Zweck erfüllt, und sogar recht gut.
Bei dem Gedanken, dass der erste kräftige Regenguss das Produkt all der Mühe wegspülen würde, schüttelte General Keeton den Kopf und setzte den Weg nach oben fort. Oben angelangt, musterte er den Wall und schüttelte erneut den Kopf. Das Mauerwerk sah aus, als ob jemand daran gekaut hätte. Aus der rauchenden Mauerkrone fehlten Stahlbetonbrocken, teilweise reichten die Risse bis hinunter zu der unverdichteten Erdaufschüttung. Die Toten und Verwundeten der Sechzigsten Infanteriedivision hatte man bereits weggebracht, aber die dunklen Flecken in der Erde legten Zeugnis ab für die schrecklichen Verluste, die die Division erlitten hatte. Und das Gleiche galt für die flackernden Treibstofffeuer und die rauchenden Panzerfahrzeuge entlang der Zufahrt.
Die Überlebenden der Brigade in diesem am härtesten getroffenen Sektor waren unterwegs und mit den üblichen Aufräumungsarbeiten nach der Schlacht beschäftigt. Munitionstrupps kamen von den LKWs am
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