Invasion 02 - Der Angriff
Sol III
1423 EDT, 14. Oktober 2009
Sie hatte nie geplant, Präsident zu sein. Sie war so etwas wie das Ausgleichsgewicht seiner Wahlplattform gewesen. Und ganz sicherlich wollte sie nicht in einem Betonbunker mitten in einem Berg in Colorado dieses Amt bekleiden.
Aber sie musste zugeben, dass das mehr Sinn machte als ein Kampfanzug mitten in Washington.
Das Kabinett war in alle Winde zerstreut und jedenfalls nicht mehr vorhanden. Und das Gleiche galt für ihren Stab. Und es gab kein konventionelles Transportmittel, das schneller war als die Eisenbahn. Die Eisenbahn. Sie waren wieder auf Züge angewiesen. Aber die Galakter waren das nicht. Der Tir Dol Ron würde jeden Augenblick hier sein, ein Himmit-Tarnkappenschiff brachte ihn her. Wahrscheinlich würde sie selbst auch eines nutzen können. Trotzdem würde es Monate dauern, bis sie sich einen neuen Mitarbeiterstab aufgebaut hatte.
Als die Landungen begonnen hatten, hatte sie verdammt wenige Mitarbeiter bei sich gehabt. Und bis jetzt waren hier auch nicht sehr viele zusätzliche Mitarbeiter aufgetaucht. Eine davon hatte sich allerdings als Goldstück erwiesen. In allen Dingen, die nicht ihr sehr eng beschränktes Spezialgebiet betrafen, war das Mädchen ein totaler Wirrkopf, aber von den Galaktern und ihrem pedantisch förmlichen Protokoll verstand sie immens viel.
Und das würde vielleicht für den Krieg von entscheidender Bedeutung sein.
Washington Monument, Washington D.C.
United States of America, Sol III
1430 EDT, 14. Oktober 2009
»Leute wie Sie und andere Soldaten wie Sie werden für den künftigen Krieg von entscheidender Bedeutung sein«, sagte General Taylor.
Unmittelbar nach der Schlacht hatten die beiden Colonels und ihre Sergeant Majors die Überlebenden der Schlacht um das Monument eingesammelt und eine Liste aufgestellt. Die etwa sechshundert Überlebenden sowie ein ziemlich verdattertes Platoon Pioniere, die man unter einigen Schwierigkeiten aus dem Memorial herausgegraben hatte, waren jetzt am Ort ihres Triumphs versammelt, um ihre Auszeichnungen entgegenzunehmen.
Der hoch gewachsene, schwarze General ließ seinen Blick über die versammelte Gruppe wandern. »Viele von Ihnen werden in späteren Jahren jenen Augenblick verharmlosen. Das liegt im Wesen wahrer Helden begründet. Aber ich sage Ihnen jetzt, dass man sich an diese Schlacht erinnern wird, so wie an Bunker Hill und Lexington und Concord. Nicht nur, weil das Schlachten waren, aus denen eine große Nation entstanden ist, so wie dies eine Schlacht war, die eine große Nation gerettet hat. Sondern weil es kleine Scharmützel waren, die sich als die Vorboten eines großen, schrecklichen Krieges erwiesen haben. Und die Überlebenden jener kleinen Scharmützel bildeten den Kern der großen Armee, die aus ihrer Asche hervorging.« Er lächelte schwach.
»Aber genug der Worte. Wir alle wissen, dass es nicht mehr Geld gibt und dass die Verpflegung nach wie vor knapp ist. Aber Orden haben wir immer noch eine Menge!«
Rabun County, Georgia,
United States of America, Sol III
1820 EDI, 14. Oktober 2009
Der Reporter des Lokalsenders schüttelte den Regen von der Kapuze seines Regenmantels und sah in die Kamera.
»Und drei, zwei, eins … Good afternoon , hier spricht Tom Speltzer von WKGR aus Habersham, Georgia. Anscheinend gibt es eine Menge Orden für die Soldaten, aber die Posleen sind nicht nur von Soldaten geschlagen worden.
Ich spreche hier mit Mister Michael O’Neal aus Rabun Gap, Georgia, und seiner achtjährigen Enkeltochter Cally O’Neal.« Der Reporter drehte sich um und hielt dem älteren O’Neal, der wie eine Statue im strömenden Regen stand, das Mikrofon hin.
Mike seniors Tarnmantel ließ das Wasser abfließen, als wäre er eine Ente, und seine Kapuze funktionierte wesentlich besser als die des Reporters. Und er hatte nicht vor, diesen Quatschkopf ins Haus zu lassen.
»Mr. O’Neal, können Sie uns sagen, was für ein Gefühl es war, als die Posleen Ihr Haus angegriffen haben?«
»Na ja, zunächst einmal sind sie nie bis ans Haus gekommen. Wir haben sie unten im Tal so ziemlich zum Stehen gebracht«, sagte er und machte eine Handbewegung zu dem fernen Eingang hin.
»Wir?«, fragte der Reporter überrascht. »Sie hatten Hilfe?«
»Von mir!«, tönte die helle Stimme des kleinen Mädchens. »Ich hab die Demo gemacht!«
Das Gesicht des Reporters nahm jenen besonderen Ausdruck unechter, erfreuter Überraschung an, wie das Erwachsene immer tun, wenn Kinder
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