Invasion 06 - Callys Krieg
betrachtete den Muffin, den er in der Hand hielt, mit einem schiefen Grinsen, blieb an der Tür stehen und überlegte offenbar, ob er ihn unangetastet wegwerfen sollte. Dann nahm er einen Bissen davon und ging hinaus.
»Was ist denn los, Grandpa? Magst du keine Maismuffins? Wir haben das so selten «, sagte sie und grinste.
»Du Miststück, ich kann zu jeder Mahlzeit Maisbrot essen. Selbst wenn die Yankees darauf bestehen, Zucker hineinzutun.«
Sonntagmorgen, 26. Mai
Callys unechter Koffer passte gut zu ihrer Person. In ihren Papieren stand, dass sie Irene Grzybowski war. Irene war die Art von Frau, für die an einem überfüllten Ort wie einem Flughafen niemand einen zweiten Blick übrig hatte: zwischen vierzig und fünfzig, unförmige Figur, die meiste Zeit zu Boden blickend, den Sicherheitsbeamten gegenüber höflich, aber nicht freundlich. Und deshalb würdigte sie auch niemand eines zweiten Blickes. Niemand
sah sie an, als sie den abgewetzten Stoffkoffer, der so aussah, als ob man ihn aus dem Sofa einer College-Studentin gemacht hatte, auf die Theke hievte. Niemand sah sie an, als sie, die Plastikspritze mit dem Tranquilizer mit Heftpflaster im Elastikband ihres Büstenhalters festgeklebt, durch die Sicherheitssperre ging. Einem Büstenhalter übrigens, der viel dazu beitrug, sie fett und unförmig und nicht etwa gut gebaut erscheinen zu lassen. Niemand sah sie an, als zu Gate S-6 ging, die Damentoilette gegenüber der Abflughalle aufsuchte und in der zweiten Kabine von hinten eine für diese Räumlichkeit natürlich wirkende Sitzhaltung einnahm. Sie war Grandpa und Tommy zuvorgekommen und hatte sich nicht nach Jay umgesehen. Das wäre unprofessionell gewesen.
Sie holte ihren PDA aus der Handtasche, klappte ihn auf und stellte ihn auf den Behälter mit dem Toilettenpapier. Der Stimmzugang des Buckley war natürlich abgeschaltet. Sofern der Abbruchcode hereinkam, würde der PDA zu vibrieren beginnen. Sie hoffte, dass das nicht notwendig sein würde.
Ein Blick auf das Uhren-Icon auf dem Bildschirm: null sechs dreiundfünfzig. Gut im Zeitplan. Nachdem sie Tommy die SMS geschickt, die Spritze herausgeholt und vorbereitet und sich das Haar gebürstet hatte, gab es eigentlich nichts mehr für sie zu tun, außer sich zu beeilen und zu warten. Der Trick bei solchen Einsätzen war es, sich auf den Bildschirm des PDA zu konzentrieren, ohne davon in eine Art Hypnose zu geraten. Callys Lösung dafür war, den Bildschirm zu teilen und die kleinen Icons mit der Bezeichnung »in motion« und »Video« in die obere Hälfte zu platzieren und auf der unteren Hälfte ein uraltes Minensuchspiel aufzurufen.
Um sechs achtundfünfzig blinkte das Nachrichtenicon: Tommy und Grandpa waren eingetroffen.
Das Blinken des Videoicons fiel ihr um sieben null fünf ins Auge. Sie legte das Bild auf die untere Bildschirmhälfte und hatte gerade die Zielperson zum ersten Mal zu sehen bekommen, als das »In motion«-Icon zu blinken
begann. Okay, Zeit genug, mir den Film anzusehen, nachdem ich mit ihr fertig bin. Wenn sie aus freien Stücken kommt, muss sie hierher kommen. Am besten schnappe ich sie mir, wenn sie die Kabine verlässt. Sie atmete gleichmäßig, als die Tür sich öffnete, alle ihre Sinne waren hellwach. Etwas stimmte hier nicht. Der Schritt war zu schwer, und das waren auch nicht die Schuhe einer Frau. Ihre Muskeln spannten sich.
»Cally?«, flüsterte eine Stimme.
Das könnte Tommy sein. Oder nicht. »Äh … die Kabine ist besetzt.«
»Sie hat sich einen Donut gekauft und sich wieder hingesetzt. Mach einen Reset und warte, dass er sich erneut meldet«, sagte er.
»Geht klar.« Die Stimme war eindeutig Tommy. Sie hörte, wie er den Raum wieder verließ, als sie die Reset-Schaltung vornahm und sich dabei beeilte, um zu wissen, wann die Zielperson wieder ihren Platz verließ. Ganz gleich, wie der Auftrag auch aussah, es gab immer etwas, das nicht ganz nach Plan lief. Trotzdem wünsche ich mir von ganzem Herzen, dass das nicht wieder so ein Tag aus der Hölle wird. Du liebe Güte, unter dem verdammten Bett!
Sie betrachtete das Video, registrierte den Sitzplatz der Zielperson und dass sie ein Notebook bei sich hatte. Das war durchaus logisch, schließlich übte sie einen Verwaltungsjob aus. Normale Bildschirme waren immer noch die geringste Belastung für die Augen.
Während sie so wartete, konnte sie gelegentlich Männerstimmen hören, wenn Tommy und Grandpa weibliche Reisende zur nächsten Toilette weiterschickten. Um
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