Invasion 06 - Callys Krieg
sie sich über ihn beugte, um ihm einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange zu geben, ehe sie wieder um den Tisch herumging und sich neben ihn setzte.
Wie nicht anders zu erwarten, verspätete sich George. Nach seinem Schwiegersohn konnte man die Uhr stellen. Wenn er zur Tür hereinkam, war es mit tödlicher Sicherheit zwanzig Minuten nach dem Zeitpunkt, an dem er eigentlich da sein sollte. Er schwor jedes Mal heilige Eide, dass er das nicht absichtlich tat, und hatte für seine Verspätung stets einigermaßen plausible Erklärungen zur Hand. Einzig und allein dann, wenn für den Erfolg des Einsatzes exakte Koordination wirklich unerlässlich war – dann war er pünktlich. Seine Frau machte sich gern darüber lustig. Levon dachte, er ging so in seiner Rolle auf, dass er sich manchmal tatsächlich wie der Teenager verhielt , den er darstellte.
Den ersten Hinweis, dass etwas nicht stimmte, bekam er, als alle, mit Ausnahme der Bedienung und des Barkeepers, gleichzeitig in Bewegung gerieten. Er hatte kaum Zeit, die Würfel in seinen Apfelwein fallen zu lassen, ehe einer von ihnen über ihm war und ihm, während er kurz abgelenkt war, etwas in den Schenkel rammte. Er versuchte seine Pistole unter dem Hemd einzusetzen, aber der Mann schlug sie ihm aus der Hand. Barry und Sam hatten ihren ersten Mann auf dem Boden, bis Levon sich genügend gefangen hatte, um dem seinen das Genick zu brechen. Er bezweifelte, dass ihm das so schnell gelungen wäre, wenn der Mann nicht gezögert hätte, offenbar weil er erwartet hatte, das Zeug, das er ihm injiziert hatte, würde sofort wirken. Das Peitschen von Schüssen verriet ihm, dass mindestens einer seiner Leute zum Schießen
gekommen war, aber die zehn Sekunden des Toten arbeiteten gegen sie.
Während er mit der Frau aus der Nische ganz hinten kämpfte, hatte er einen Augenblick Zeit, darüber nachzudenken, dass es sich bei dem Inhalt der Spritze um etwas handeln musste, was seine Nanniten Gott sei Dank sofort neutralisieren konnten. Diese Frau war nicht schlecht, aber sie hatte nicht die Kräfte modifizierter weiblicher Bane-Sidhe-Agenten. Nach Jahren des Trainings mit Agentinnen und Agenten in der Halle und mit Männern im Feld vergaß man nur zu leicht, wie schwach es bei unmodifizierten Frauen doch um ihre Oberkörperstärke bestellt war.
Die beiden schwulen Typen, die sich ihr gegen ihn anschlossen, machten einen echten Kampf daraus, und als er die uniformierten Fleet-Strike-Soldaten durch die vorderen und hinteren Türen hereinströmen sah und hörte, während das Barpersonal sich klugerweise hinter die Bar verkrümelt hatte, wusste er, dass dies ein Kampf war, den sie nicht gewinnen konnten. Es waren einfach zu viele. Die Faust, die auf seinen Kopf zuschoss, sah Levon Martin nur für den Bruchteil einer Sekunde lang. Oh, Scheiße …
Nachher war Bobby wirklich stolz auf seine Agenten. Sie hatten geduldig gewartet, bis alle drei Zielpersonen – die vierte war nicht aufgekreuzt – das Gebäude verlassen hatten, ehe sie geschossen hatten. Die ersten beiden fielen fast gleichzeitig. Der Dritte hatte ein paar Sekunden zu lange gebraucht und benötigte demzufolge drei Schüsse.
Zum Glück waren seine Reserveleute gut genug, ihre eigenen Waffen einzusetzen, sodass die Fleet-Strike-Typen sich lang genug darüber im Unklaren waren, wo das Feuer herkam, was ihnen genügend Zeit zum Rückzug verschaffte.
Das einzig Schlechte war, dass die vierte Zielperson fehlte, sodass der Einsatz kein vollständiger Erfolg war. Aber da konnte man nichts machen.
Cheryl Martin hätte am liebsten ihren PDA auf den Boden des Taxis geworfen und ihn zertreten. Nur Sekunden, nachdem die Schüsse angefangen hatten, hatte das verdammte Ding gepiepst.
»Ja?«, brauste sie auf.
»Pinwheel, Pinwheel. Wiederhole, Pinwheel!« Der PDA hatte den leicht sterilen Klang, den sie mit Synthesizerstimmen assoziierte.
»Kevin, gibt es hier etwas, das ich töten kann?«, fragte sie.
»Cheryl, es tut mir so – warte!« Er riss das Taxi herum und auf den Bürgersteig, versperrte damit einem kleinen, braunhaarigen Mann den Weg. »Schnapp ihn dir. Aber vorsichtig.«
Die hintere Tür auf der Fahrerseite des Taxis flog auf, und der Mann stoppte mitten in einer fließenden, schnellen Bewegung, schwankte ein wenig, als er das kurzzeitig verloren gegangene Gleichgewicht zurückgewann, weil er das nicht hatte zu Ende bringen können, was er vorgehabt hatte.
»Cheryl?«, krächzte er.
»Keine Zeit, steig ein.
Weitere Kostenlose Bücher