Invasion aus dem Jenseits (German Edition)
er ihn wirklich umbringen, hier oben, und dann nach unten schleifen, den ganzen Weg, um ihn im Keller zu vergraben?
Das würde Spuren hinterlassen. Zudem wusste Maurice von Bennos Handy. Er kannte den SMS-Ankunftston, hatte ihn im Keller g ehört, musste damit rechnen, dass inzwischen eine Nachricht abgesetzt worden sein könnte, vielleicht sogar an die Polizei.
Benno versuchte sich in Maurices Gedanken zu versetzen und Szenarien zu en twickeln.
Ihn umzubringen war riskant – sein Ve rschwinden würde auffallen, und nichts wog so schwer wie eine Täteridentifikation des Opfers kurz vor dem Tod.
Aber konnte Maurice es sich erlauben, ihn leben zu lassen?
Warum denn nicht? Bisher stand Aussage gegen Aussage. Das Loch ließ sich zuschütten. Was ihn veranlasst hatte, es zu graben, würde sein Geheimnis bleiben. Vielleicht würde der Baron eine Bezichtigung Bennos als Anlass nehmen, ihn als Unruhestifter vor die Tür zu setzen.
Und die Polizei? Welche Ansätze gab es für Ermittlungen? Kein Motiv, keine Zeugen – e igentlich gar keinen Fall, es war ja nichts passiert. Wenn überhaupt, dann war dies eine Privatfehde, die außer einem lädierten Arm keine Folgen gehabt hatte.
Und der lädierte Arm war übrigens seine eigene Schuld. Er hatte Maurice ang egriffen, nicht umkehrt. Wer vorher hinter wem hergelaufen war, ließ sich nicht nachvollziehen.
Fakt war: Seine eigene rechte Hand war verstaucht, und im Gesicht von Maurice musste seine Faust Spuren hinterlassen haben. Dieser Mistkerl würde sich sogar noch als Opfer darstellen können, wenn es zu einer A nschuldigung käme.
Maurice konnte sich also relativ sicher fühlen. Vielleicht war schon alles ausgestanden, z umindest für diese Nacht. Was morgen kam, blieb abzuwarten.
Benno entspannte sich, hockte sich auf die Pritsche, warf einen Blick aufs Handy, das inzw ischen wieder in die akkuschonende Standby-Funktion gedämmert war, und bewegte seinen Arm. Gebrochen war wohl nichts. Die Finger der rechten Faust waren geprellt, aber inzwischen wieder beweglich.
Von draußen kein Laut.
Er zog die Decke um sich, lehnte sich an die Wand und bewachte die Tür. Trotz seiner Scheißlage begann er sich gut zu fühlen. Er hatte den richtigen Instinkt gehabt. Er war einer Sache auf der Spur. Es schien was ganz anderes zu sein als erwartet, aber hier tat sich was. Nach einem halben Leben als gelangweilter, von Jahr zu Jahr immer weiter und weiter heruntergekommener Lokalreporter hatte er eine richtig heiße Story an der Angel. Es hatte sich gelohnt.
Kapitel 8
Etwas weckte ihn. Es musste ein Geräusch gewesen sein, aber jetzt war es still.
Seine Augen fühlten sich verklebt an. Mit einiger Mühe riss er die Lider auseinander. Sein Blick fiel auf ein quadratisches Lichtfeld in völliger Finsternis. Es war das Handy-Display, das neben seinem Kopf auf der Pritsche lag. Es musste der SMS-Ankunftston gewesen sein, was ihn geweckt hatte.
Mit der rechten Hand tastete er danach. Funktioniert wieder, dachte er, bevor er sich noch erinnert hatte, warum sie denn nicht funktionieren sollte. Die Schmerzen der Nacht füh lten sich an wie ein alter Muskelkater.
„Neue Nachricht Cora jetzt lesen?“
Ja.
„Benno? Hab deine Nachricht gestern verschlafen. Soll ich die Polizei rufen?“
Er drückte auf Antworten und schrieb:
„Keine Angst, ich lebe noch. Bin gerade aufgewacht. Ich schaue mal vor die Tür und melde mich wieder.“
Fünf Sekunden, und die Nachricht war durch. Er rief die Uhr auf: 9.57
„Scheiße!“
Hellwach geworden, schwang er die Beine von der Pritsche. Seltsames Gefühl, mit Schuhen aufzustehen. Er trat auf die niedergebrannte Kerze, tastete sich im Dunkeln zur Tür, stieß sich ein Knie am Schränkchen, dessen Position er vergessen gehabt hatte, schob es blind so weit zur Seite, bis er an den Schlüssel kam, und sperrte auf. Das matte Licht der Kinolämpchen schien herein.
Im fensterlosen Gang mit seinem Schummerlicht sah es aus wie in der Nacht. Vielleicht ging die Uhr falsch? Drang denn wir klich kein Tageslicht bis hierher?
Keine Spuren von Maurice. Für einen Moment hatte Benno das Gefühl, die wilde Jagd g eträumt zu haben.
Nein, keine sfalls, das alles war passiert!
Er tappte den Gang entlang zum Klo. Auch hier gab es keinen Lichtschalter, aber das Schummerlicht des Ganges genügte, um den zerzausten, zerfurchten Zombie im Spi egel zu sehen. Hemd und Hose waren so zerknittert wie sein Gesicht, von den Achseln her stank es nach Schweiß.
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