Invasion aus dem Jenseits (German Edition)
benachrichtigen zu kö nnen. Sie würde sonst was denken, warum er nicht antwortete. Erst recht, da sie bis ins Detail über die Verfolgungsjagd zwei Nächte zuvor informiert war. Und noch mehr, da sie irgend etwas über Maurice herausgefunden zu haben meinte. Er musste mit ihr sprechen!
Aber wie?
Hier oben gab es außer im Büro des Barons keine Telefone. Und die einzige Tür dorthin war mit einem Sicherheitsschloss versperrt.
Nach Trieffendorf laufen? Auf dem Waldweg ausgeschlossen, aber auch die schmale Straße war nicht beleuchtet. Er konnte sich nicht an öffentliche Telefone dort unten erinnern, und selbst wenn: Er hatte kein Geld, nur den uneingelösten Scheck des Barons.
Die einzige Kneipe des Ortes würde geschlossen haben, bis er dort war. Und selbst wenn nicht – er hatte keinen Schlüssel für die Burg. Wenn er das Gemäuer verließ, würde die Tür zufallen, und er war ausgesperrt. Zudem hatte er gar keine Zeit für Ausflüge, denn die Korrekturen drängten. Morgen Früh musste alles fertig sein.
Resignierend ging Benno die finsteren Gänge vom Bürotrakt z urück in den Gebäudeteil, in dem seine Kammer lag. Vielleicht war Maurice ja doch noch hier, und vielleicht hatte er ein Handy.
Aber Ereignisraum 3 zu finden, traute sich Benno nicht unbedingt zu. Er wusste nicht mal genau, welchen Abzweig er zu nehmen hätte. Erst einmal war er dort gewesen, ganz am Anfang, und da war er mit dem Baron durch einen Nebeneingang von der anderen Seite hereingekommen.
Mit Grausen dachte er an die Erscheinung der Weißen Frau. Obwohl er wusste, dass sie nur ein Hologramm, dass alles nur Show und seine Gänsehaut auf Infraschall zurückzuführen war, packte ihn ein Gefühl von Horror und tiefsitzender Angst, wenn er an Ereignisraum 3 dachte.
„Herr Müller?“
Er blieb kurzerhand stehen und rief in die hallenden Gänge hinein.
„Herr Müller!“
Es war absolut still. Nur sein eigenes Schnaufen hörte er. Auf einmal wallte der Drang in ihm auf, sich in seiner Kammer zu verstecken. Er wollte nicht allein durch die dunklen, kalten Flure irren. Über 20 Kilometer sei der gesamte Irrgarten an Gängen, Tunnels und Höhlen in und unter dem Schloss lang, hatte der Baron neulich mal behauptet.
Unvorstellbar, aber Benno glaubte es aufs Wort. Eine Horrorvorstellung, sich irgendwo in der Mi tte zu verirren, wie es ihm schon mal passiert war. Und vielleicht war das nur am Rand der Mitte gewesen. Mittendrin, vielleicht würde er da nie mehr zurück finden.
Benno lief die Reihen der Kinolämpchen entlang auf bekannten Wegen zurück zu seiner Kammer. Er atmete auf, als er die Tür hinter sich schloss. Erst mal die Korrekturen machen. Erst mal für einige Zeit vergessen, wo er war und in welcher Lage er steckte.
Er hatte seine Arbeit zur Hälfte geschafft, als ihm aufging, dass er den Kopf in den Sand stec kte. In seiner eigenen Angst hatte er Cora vergessen, die jetzt Angst um ihn hatte, wütend war, verzweifelt, ihn verfluchte und vielleicht mehr trank als in jeder anderen Nacht.
Aber was konnte er tun? Wie spät war es überhaupt? Seine ei nzigen Uhren waren die beiden Handys gewesen – nun war das alte kaputt, das neue nicht erreichbar. Ob Maurice noch in Ereignisraum 3 zugange war?
Er musste einfach versuchen, dorthin zu finden.
Um den Vollzug dieser Entscheidung hinauszuschieben, suchte er sein altes Handy heraus. Vielleicht war es doch wieder in Gang zu bekommen.
Er fand es, fummelte daran herum, gab es auf, warf das alte Ding auf die Pritsche, ging zur Tür.
Du solltest lieber weiter arbeiten. Morgen ist die Eröffnung!
Denk an Cora!
Ach was, die schläft vielleicht längst und hängt das nicht so hoch.
Tut sie doch!
Er zog die Tür auf.
Ging hinaus auf den Gang.
Den Gang entlang.
Folgte Abzweigen, gelangte in andere Gänge, verirrte sich fast, fand zurück in den richtigen Gang.
Es kam nichts dabei heraus.
Ziellos durchs Schloss zu laufen war blinder Aktionismus und half weder Cora noch ihm selbst. Also ließ er es sein, kehrte zurück in seine Kammer und ließ die Tür offen, um eventuell Maurice zu hören, wenn er von Ereignisraum 3 kommend das Schloss auf dieser Seite verla ssen sollte.
Nur fünf Minuten später war er eingeschlafen.
„Kann ich mal bitte telefonieren?“
Der Baron saß an seinem Schreibtisch und schien vor Spannung gleich zu platzen. Es war kurz vor neun Uhr – offizielle Eröffnung mit Landrat, zwei Landtagsabgeordneten und der Presse war um elf. Benno hatte ein
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