Invasion - Die Verräter - Ringo, J: Invasion - Die Verräter
hat«, antwortete der Kenstain. »Aber in diesem Fall war das Normale dem Philosophen sehr wichtig, und er war dazu nicht bereit. Der beleidigte Kessentai war hartnäckig. Es kam zu Kämpfen, die sich wie ein Lauffeuer unter den Septen des Clans ausbreiteten. Das geschah natürlich deshalb, weil wir es dort auf unserer Insel geschafft hatten, selbst die Umstände für ein Miniatur-Orna’adar zu schaffen. Und wir hatten nicht genug Zeit gehabt, um unsere Flucht vorzubereiten.«
»Oh, Dämonen«, sagte Guanamarioch.
»Richtig«, pflichtete Ziramoth ihm bei. »Der Clan zerbrach schnell in miteinander konkurrierende Grüppchen, und alles das nur wegen dieses einen kleinen Funkens. Statt darauf zu warten, dass ein anderer Clan Atombomben auf unsere Städte warf, ersparten wir ihnen die Mühe und taten es selbst. Als das Flammeninferno anfing, begannen natürlich jene Normalen, deren Begabung es ist, die Sternenschiffe zu bauen, instinktiv mit ihrer Arbeit, aber sie hatten alle Mühe, der Vernichtung zuvorzukommen. Und sehr weit kamen sie ihr nicht zuvor. Aus unserem ganzen Clan, der jene Insel besiedelt hatte, schaffte nicht einmal jeder Zwanzigste die Flucht. Und die Narben jener Spaltung, jenes Bruderkampfs, waren zu tief, um zu heilen. Die Flüchtlinge blieben in den kleinen Grüppchen, in die sie sich gespalten hatten. Einige wurden von anderen Clans aufgesogen, aber die meisten gingen ihrer eigenen Wege, stürzten sich in den Abgrund zwischen den Sternen, ohne vorher zu kundschaften.«
Inzwischen war die Sonne untergegangen. Guanamarioch blickte in den Strom, in dem sich die Sterne spiegelten. Welche von ihnen, fragte er sich, wie viele von ihnen haben seit
jener weit zurückliegenden, schrecklichen Zeit uns vorüberziehen sehen?
»Wer war es, Ziramoth? Wer war jener Philosoph aus ferner Vergangenheit, der unseren Clan ins Chaos gestürzt hat?«
Der Kenstain wurde stumm, starrte in den dahinfließenden Strom, in dem die Sterne glitzerten.
Als er schließlich antwortete, klang seine Stimme unendlich traurig. »Sein Name war Ziramoth.«
20
»Dies ist Niederlage, vermeide sie.«
Unterschrift eines Gemäldes.
Staff College, Kingston, Ontario
Bijagual, Chiriqui, Republik Panama
Eine Weile hatten sie Stand gehalten, dort, an der Brücke, vor der Ortschaft Bijagual. Die Hälfte von Dignas Artillerie hatte mit direktem Beschuss der freigelegten Todeszone die Aliens dort niedergemäht und Feld und Strom mit ihren Leichen bedeckt und anschließend jenem Teppich weitere Schichten von Leichen hinzugefügt. Es war ein recht dickfloriger Teppich geworden, bis die Posleen schließlich begriffen und sich auf die Suche nach den Flanken begeben hatten.
Digna hatte angenommen, dass sie die Flanken suchen und sie auch schließlich finden würden. Sie hatte gehofft, dass es etwas länger dauern würde, zumindest so lange, dass sie bis dahin ihre Toten begraben konnte. Aber so viel Zeit hatten ihr die Aliens nicht gelassen. Ehe die Leichen ordentlich bestattet waren, waren von beiden Flanken Hilferufe gekommen. Sie hatte den Mörsern Anweisung gegeben, dem Feuer auf die eine Flanke Vorrang einzuräumen und dafür den SD- 44 Vorrang für die andere. Die Geschütze und Mörser hatten jede Granate verfeuert, die die Truppe auf dem schon lange vorhergesehenen und geplanten Rückzug nicht mitschleppen konnte. Dieses Artilleriefeuer war eine Hilfe gewesen, aber es hatte nicht ausgereicht.
Für die lange Schlange von Nicht-Kombattanten, die auf der Straße nach Gualaca dahintrotteten, hatte sie kaum einen Blick übrig. Vielmehr stand sie da am Rande des langen, metertiefen Grabens, den sie für genau diese Eventualität hatte ausheben lassen. Ihre Augen wanderten über die ganze Länge des Grabens und bannten die letzten paar Bilder ihrer geliebten Kinder und Enkel in ihrem Gedächtnis.
Digna hatte schon früher Kinder begraben, einige sogar. Aber das waren nur Babys gewesen, und sie waren – wie das bei Kindern in der Dritten Welt häufig der Fall ist – gestorben, ehe sie Gelegenheit gehabt hatte, sie kennen und als Individuen lieben zu lernen. Dies hier war in jeder Hinsicht schlimmer.
Die Reihen der künftigen Flüchtlinge verhielten sich überwiegend stumm, bis Digna schließlich Befehl gab, das Benzin in den Graben zu gießen. In diesem Augenblick, als die Brise den bedrückenden Geruch des Treibstoffs über die Straße wehte, wurde das Sterben real. Und als ob die ersten hochzüngelnden Flammen ein Signal wären, erhob
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