Invasion - Die Verräter - Ringo, J: Invasion - Die Verräter
sich ein langer, unartikulierter Schmerzensschrei.
Sie hatte es nicht übers Herz gebracht, jemand anderen anzuweisen, die Flamme zu zünden. Nein, ein Enkel hatte ihr die brennende Fackel gereicht. Beinahe – beinahe – wäre sie zusammengebrochen und hätte geweint, als sie den Blick abwandte und die Fackel in den Graben warf.
Ihr Enkel, derselbe, der ihr die Fackel gebracht hatte, legte Digna mitfühlend die Hand auf die Schulter. Doch sie zuckte sie mit der Achsel weg, bitter und ungeduldig.
Mit einer Stimme, die am Brechen war, knurrte sie: »Lass das. Für Tränen ist später Zeit. Sieh zu, dass diese Leute sich in Bewegung setzen.«
Ihr Clan und alle, die dazugehörten, hatten den Rückzug angetreten, und der Gestank von Benzin hatte den von geröstetem Schweinefleisch überlagert.
Digna hatte nur einen einzigen Blick auf das Flammengrab
geworfen, mit trockenen Augen. Es war immer noch nicht Zeit zum Weinen.
Und mit trockenen Augen hatte sie ihre Familie nach Nordosten getrieben, gejagt und geschlagen. Und dort hatten ihnen die Lichter der Stadt Gualaca die ganze Nacht hindurch als Leuchtturm gedient. Dort hoffte Digna Sicherheit zu finden, wenigstens für eine Weile. Und vielleicht sogar medizinische Hilfe für ihre verwundeten Verwandten.
Doch es sollte anders kommen. Als Digna die Brücke überquerte, die den Rio Chiriqui südwestlich der Stadt überspannte, hatte sie damit gerechnet, vorbereitete Verteidigungsanlagen vorzufinden. Stattdessen hatte sie eine Stadt vorgefunden, die der Führung beraubt war; der Alcalde mit seiner Familie und die Miliz-Offiziere mit ihren Familien waren geflohen. Zurückgeblieben war nicht viel mehr als ein bewaffneter Mob ohne Führung und Ziel.
Auf Führung verstand sich Digna. Sie hatte zugegriffen, hatte ein halbes Dutzend Männer erschießen lassen und aus dem Rest so etwas wie eine Verteidigungstruppe aufgebaut. Mit weiteren vierundzwanzig Mörsern und einem Dutzend SD-44-Panzerabwehrkanonen russischer Herkunft sowie einem ziemlich reichlichen Munitionsvorrat hatte sie zwei Tage lang die Brücke und die Furten über den Rio Chiriqui gehalten. Das reichte aus, wenn auch nur knapp, um die nicht am Kampf Beteiligten zu Fuß dreißig Kilometer nach Norden in Richtung auf Chiriqui Grande an der Karibikküste gelangen zu lassen. Die Fahrzeuge, und davon waren nicht viele vorhanden gewesen, wurden beschlagnahmt, um die Verwundeten und den Proviant zu befördern. Die Spitze jener Truppe war gerade dabei, jenseits der Bergspitzen wieder ins Tal zu ziehen, als die sie verfolgenden Posleen erneut die Furten fanden, um Dignas Flanken zurückzuwerfen. Wieder begann sie, sich kämpfend zurückzuziehen.
Die kleinen Ortschaften unterwegs wurden eingesammelt, die ganz Jungen und ganz Alten nordwärts geschickt und mit ihnen der größte Teil der Frauen, während die jüngeren
Männer und einige Frauen gezwungen wurden, sich an den Kämpfen zu beteiligen.
Unterwegs musste Digna noch ein paar Männer und zwei junge Frauen erschießen lassen. Sie schickte sie, immer noch mit trockenen Augen, in den Tod. Weinen kann ich später.
Einen Augenblick hatte es gegeben, dort, wo die Kämpfe am dichtesten waren, wo Digna verzweifelt das Gefühl gehabt hatte, sie könne nicht länger aushalten, die Aliens würden durchbrechen und ihre Schutzbefohlenen verzehren. Und dann plötzlich, als wäre ein Wunder geschehen, hatten die fliegenden Schlitten der Aliens alle gewendet und waren südwärts verschwunden. Sie hatte keine Ahnung, weshalb, versuchte aber sich an dem Gedanken aufzurichten, dass sie irgendwie genügend Verluste eingesteckt hatten, um sich andere Prioritäten zu setzen.
Mit dem Verschwinden der Flugschlitten hatten sich auch die Posleennormalen zurückgezogen. Und seit der schreckliche Druck der Aliens nachgelassen hatte, konnte Digna ihre weit verstreuten Streitkräfte im Wesentlichen unversehrt aus der Umklammerung des Feindes lösen.
Da er vermutlich ihr bester Mann war und vielleicht auch, weil er einer ihrer ältesten Freunde war, übernahm Tomas Herrera die Spitze.
Gualaca-Brücke, Rio Chiriqui, Republik Panama
»Dämonen des Feuers, verflucht seien die Aldenat’, die uns dazu verdammt haben«, flüsterte der Gottkönig Slintogan, als sein Tenar im Tiefflug über die zu Bergen aufgestapelten Toten seines Volkes dahinglitt. Zwischen den aufgehäuften gelben Leichen lagen eine Menge zerstörter Tenar herum und zeigten damit an, dass bei dem Versuch, den Übergang
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