Invasion - Die Verräter - Ringo, J: Invasion - Die Verräter
Und dann, als ich weg musste? Du lieber Gott, wie ein einziges Mädchen so viele Tränen produzieren kann?
Als er sie an jenem Morgen verlassen hatte, um auf dem Flugplatz auf seinen Einsatz vorbereitet zu werden, war er sich wie eine Ratte vorgekommen. Sie hatte geweint, sich verzweifelt an ihm festgeklammert. Und vom Flugplatz aus hatte er nur ein kurzes Telefongespräch mit dem Hotel führen
können, wo Paloma untergebracht war, bis sie etwas Besseres fanden. Da hatte sie wieder geweint.
Diaz verdrängte seine junge Frau aus seinen Gedanken, als der Warnsummer ihn wissen ließ, dass er genügend Höhe erreicht hatte. Er streckte die Hand aus und drückte einen Knopf, um die Verbindung mit dem Ballon über sich zu lösen. Er spürte, wie er plötzlich durchsackte, zog den Knüppel des Segelfliegers zu sich heran und flog.
Entlang den Straßen in von Posleen besetztes Territorium zu fliegen war riskant. Sie hatten schon einige Segelflugzeuge verloren, die das getan hatten. Julio Diaz hatte seine Zweifel, ob die Aliens sich zusammengereimt hatten, welchen Zweck die Flugzeuge erfüllten. Viel wahrscheinlicher war seiner Ansicht nach, dass sie sie einfach gesehen und aus Prinzip beschossen hatten – dem Prinzip, dass der, der zuerst schießt, auch zuerst isst.
Jedenfalls waren die meisten bisher verlorenen Segelflugzeuge entweder am helllichten Tag abgeschossen worden oder nachts bei Vollmond ohne Regen. Für diese Nacht war kein Regen vorhergesagt, aber der Mond war zwar fast voll, stand aber ziemlich tief am Horizont.
Ein schwacher Trost, sinnierte Julio. Andererseits sind einige dieser Segelflugzeuge abgeschossen worden, während sie auf Sendung waren. Am besten halte ich Funkstille, wenn ich das kann.
Jetzt überquerte er – wie er hoffte, ohne dass man ihn bemerkt hatte – die Front am Rio San Pedro und flog jetzt über vom Feind besetztes Gebiet. Obwohl die Brücke längst von den Verteidigern gesprengt worden war, war die Straße noch vorhanden; man konnte sie schwach im Mondlicht erkennen.
Seltsam, dass sie alles Menschliche mit Ausnahme der Straßen und Brücken zerstören, dachte Julio. Ich nehme an, die helfen ihnen dabei, ihre Streitkräfte zu sammeln und damit zu manövrieren; und außerdem natürlich bei der Verteilung von Proviant und Waffen. Mistkerle.
Diesen Gedanken, »Mistkerle«, wiederholte Diaz mehrfach, während er über eine Landschaft dahinflog, die von menschlichem Leben und menschlichen Behausungen völlig leergefegt war. Er fragte sich, wie viele Hunderttausende menschlicher Gebeine die Erde dort unten übersäten.
Von Zeit zu Zeit überflog er eine Stelle, wo die Aliens offensichtlich menschliche Bauwerke durch ihre eigenen ersetzt hatten, die großen und kleinen Pyramiden ihrer Gottkönige, die im Mondlicht lange Schatten warfen.
Er warf beiläufig einen Blick auf den Höhenmesser. Zeit, etwas höher zu steigen, dachte er und zog den Knüppel nach rechts hinten, um näher an die Cordillera Central zu kommen, um die dortigen Thermiken auszunützen. Sein Flugzeug geriet leicht ins Zittern. Als er fast tausend Meter Höhe gewonnen hatte, bog er wieder nach Süden und anschließend nach Westen ab und konnte, während er diesen Bogen schlug, aus dem Cockpit nach unten sehen.
Oh-oh; was ist das?
Ob er es nun in dem die Berge säumenden Dschungel einfach übersehen hatte oder ob die Posleen ihren Zug soeben erst begonnen hatten, jedenfalls strömte ein Feuerstrom – Fackeln, vermutete er, oder irgendwelche Taschenlampen – aus einem Tal in der Cordillera talwärts. Diaz nahm Kurs darauf.
Ehe er den Fluss aus Feuer erreichte, blickte Diaz nach links. Auch dort gab es Feuerströme, zwar kürzer, aber alle in nördlicher Richtung unterwegs, auf die Panamericana zu. Die Fernstraße selbst begann zu leuchten, als die verschiedenen Ströme sie erreichten, in einem großen Lichtfluss zusammenströmten und nach Westen abbogen. Und darüber konnte man andere Lichtpünktchen glimmen sehen. Die verdammten fliegenden Schlitten, vermutete Diaz.
Diaz setzte seinen Flug in westlicher Richtung fort. Die Navigation war jetzt einfach; die Fernstraße wurde schnell zu einem gewaltigen leuchtenden Strom Fackeln tragender Aliens, die sich alle in östlicher Richtung auf den Rio San
Pedro zubewegten. Er fragte sich, ob er einen Funkspruch zu seinem Vater riskieren durfte, der hinter der Front auf Nachrichten vom Feind wartete. Er entschied sich dagegen, nicht solange er nicht alle verfügbaren
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