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Irgendwann passiert alles von allein

Irgendwann passiert alles von allein

Titel: Irgendwann passiert alles von allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Mattheis
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schwarze Wolljacke über. »Ich schreibe übermorgen Französisch.«
    Nachdem sie das Zimmer verlassen hatte, stand Schenz auf. Er trug ein T-Shirt und bunte Boxershorts, die für seine dünnen Beine viel zu weit waren. Er sah aus wie ein Gockel, der durch sein Revier stakste.
    »Die sollte sich freuen. Stattdessen macht sie einen auf moralisch. Dabei ist sie doch diejenige, die jeden verarscht«, sagte er und zog sich seine Hose an.
    »Sie verarscht dich?«
    »Mich nicht. Aber sie hat die ganze Zeit mit mir rumgemacht, als sie noch mit ihrem Exfreund zusammen |37| war. Mir kann das ja egal sein, aber manchmal tut mir der Typ ein bisschen leid. Ich meine, ich kann’s verstehen. Ich sehe einfach echt gut aus. Aber wer weiß, was ist, wenn sie jemanden trifft, der noch besser aussieht als ich. Verstehst du?«
    Er grinste.
    »Nicht ganz.«
    »Ist auch egal. Lass uns Bier an der Tanke kaufen und uns abdichten.«
    »Mit Bier?«, fragte ich. Wir hatten wirklich schon lange kein Bier mehr getrunken. Seitdem Leo mit dem Haschisch aufgetaucht war, hatten wir das Trinken ganz vergessen.
    »Ja, Bier. Komm schon. Früher hat das auch immer Spaß gemacht.«
     
    Auf Tankstellen konnte man sich verlassen, sie waren wie McDonald’s: kleine Leuchttürme, wo sonst alles gleich war. Ein rotblondes Mädchen in unserem Alter fragte einen Geschäftsmann: »Die 2?«, und dann piepte der Scanner. Wir nahmen jeder vier Bier aus dem Kühlregal.
    »43   Mark 89«, sagte das rotblonde Mädchen.
    Schenz nahm eine Tüte Chips. Ich ging zum Zeitschriftenregal.
    »6   Mark 11 zurück. Danke.«
    Schenz nahm zwei Snickers aus dem Regal. Ich klemmte mir einen Playboy unter den Arm. Er nahm zwei kleine Flaschen Feigling. Ich sagte: »Nimm halt vier«, und er nahm acht.
    |38| »Eine Schachtel Marlboro Medium«, sagte Schenz.
    »Eine Schachtel Marlboro Medium«, wiederholte das rotblonde Mädchen.
    »Und eine Schachtel Gauloises.« Ich musste plötzlich kichern.
    »Die blauen oder die roten?«
    »Äh, die   …« Ich konnte das Lachen nicht mehr unterdrücken. Ich prustete los.
    »Wie bitte?«
    »Er meint die roten«, half mir Schenz, aber er lachte auch.
    »Habt ihr gekifft?«, fragte das Mädchen.
    Tränen standen mir in den Augen, ich riss mich zusammen. »Äh, nein, wir haben bloß   … äh   …«
    »39   Mark 56, bitte.«
    Ich kramte den blauen Schein aus meiner Hose und gab ihn ihr. Sie gab mir das Wechselgeld zurück. Wir verstauten alles in unseren Rucksäcken, und als sich die Schiebetüren der Tankstelle öffneten, hörte ich sie noch »Ciao« sagen.
     
    Wir setzten uns in den kleinen Unterstand an der Halfpipe, dort wo es trocken war. Schenz sprach zum ersten Mal seit Langem nicht über Sex. Er sagte: »Wir haben richtig Glück. Ich glaube, niemand hat so viel Glück wie wir. Auf uns!«
    »Auf uns« kann ganz schön schwul klingen, wenn das ein Typ zu einem Jungen sagt, aber in diesem Moment fand ich es ganz passend, weil Schenz ja recht hatte: Das mit dem Geld war ein Riesenglück. Nicht |39| nur, weil wir uns jetzt diesen ganzen Kram wie Feiglinge, Bier und solche Sachen leisten konnten, sondern vor allem, weil endlich mal etwas passierte.
    Wir nahmen beide einen Schluck Bier, und weil ich es nicht mehr gewohnt war, schäumte es in meinem Mund, Hals und in meinem Magen. Wir klopften den Feigling mehrmals auf die kleine Bank und kippten ihn hinterher.
    »Morgen gehen wir wieder rein«, sagte Schenz.

|40| Vier
    Leo saß auf seinem Schlafsack. Im Schneidersitz beugte er sich über ein Stück Papier und rieb kleine Würstchen von dem braunen Kanten ab. Seine Kapuze hatte er ins Gesicht gezogen, sodass ich nur dichten roten Kinnbart sehen konnte. Der Kanten war seit vorgestern auf die Hälfte zusammengeschrumpft. Es nieselte noch immer und Leo roch wie ein nasser Hund, den man mit Parfüm eingesprüht hatte.
    »Davidoff. Riecht doch gut, oder?«
    »H-hast du jetzt echt seit zwei Tagen nicht mehr geduscht, seitdem du bei Lydia rausgeflogen bist?«, fragte Sam.
    Er schüttelte den Kopf. »Ist mir gerade nicht so wichtig«, sagte er. »Ist übrigens auch schlecht für die Haut, zu oft waschen.«
    Leo hatte an der Halfpipe übernachtet. Den Eltern von Lydia, bei der er die letzten zwei Wochen geschlafen hatte, war es zu viel geworden. In zwei Tagen war bei Fabian drei Wochen sturmfrei und bis dahin, sagte Leo, könne er »auch mal draußen schlafen«.
    »Du spinnst«, hatte Schenz gesagt, aber Leo hatte nur mit den Schultern

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