Irgendwas geht immer (German Edition)
sich richtig in den Song »reinfühlen«, und bei diesem kann ich das total gut. Besonders diese eine Stelle, »Now and then I get insecure from all the pain, so ashamed«, weil das genau das Gefühl ist, das ich habe, seit Sam mit mir Schluss gemacht hat.
Lottie ist der einzige Mensch auf der Welt, der weiß, wie schlecht es mir wirklich geht. Alle anderen glauben, es sei mir egal, weil ich das immer sage, aber … Wieso hat er mit mir Schluss gemacht? Bin ich so hässlich? Na ja, natürlich weiß ich, dass ich das bin, aber nicht so hässlich wie andere. Oder habe ich null Persönlichkeit oder so was? Ich kenne massenhaft Mädchen, die tausendmal interessanter sind als ich und witziger und hübscher und so. Liegt es daran, dass ich eine Brille trage? Irgendwann lasse ich mir die Augen lasern, aber jetzt ist es noch zu früh, weil meine Augäpfel erst noch vollends auswachsen müssen oder so was in der Art, sagt Mum.
Das Schlimme ist, dass ich glaube, es war völlig richtig von ihm, mit mir Schluss zu machen, weil er ehrlich gesagt etwas Besseres kriegen kann als mich. Immerhin war ich sechs Wochen mit ihm zusammen. Das ist meine längste Beziehung mit einem Jungen. Vielleicht sollte ich ja meine Ansprüche runterschrauben, damit mich der Nächste nicht gleich wieder verlässt, weil er genauso dankbar ist wie ich, jemanden gefunden zu haben. Ich brauche jemanden, der jemanden wie mich gut findet. Jemanden, der, wie Christina singt, »full of beautiful mistakes« ist.
ELF
OSCAR
Nun, es ist eine Tatsache, dass mein Leben wesentlich angenehmer wäre, könnten wir mit Sack und Pack nach London übersiedeln. Denn dies ist der Ort, an den ich wirklich gehöre, meine Freunde, das liegt doch auf der Hand. Allein die Vorstellung, auf ewig in diesem langweiligen Berkshire verharren zu müssen, ist grauenhaft, ja geradezu unerträglich. Nein, ich weigere mich, diesen Gedanken auch nur zuzulassen.
Jeder Besuch in unserer wunderbaren Hauptstadt erinnert mich daran, dass ich noch am Leben bin. Und ein Mensch kann durchaus über Jahre hinweg irgendwo leben, so wie ich es getan habe, ohne dass dieses Dasein die Bezeichnung »Leben« verdient hätte. Zu leben ist das seltenste Gut auf dieser Welt. Die meisten Menschen existieren bloß, mehr nicht. So wie mein eigener Herr Vater, der zwar in jeglicher Hinsicht ein menschliches Wesen mit allen ihm landläufig zugeordneten Attributen sein mag, offen gestanden jedoch kaum fähig ist, merklich über das Stadium der reinen Existenz hinauszuwachsen.
Reizenderweise hat er sich erboten, mich in unsere schöne Hauptstadt zu chauffieren, damit ich mich dort auf die Suche nach einem angemessenen Schneidermeister machen kann. Dann hat er allerdings die Freudigkeit dieses Ereignisses mit seinem endlosen Geplapper auf brutalste Weise zerstört. Ich weiß ja, dass er es nur gut meint, doch unglücklicherweise haben wir nur wenige Gemeinsamkeiten, was es jedes Mal zur Qual werden lässt, angemessene Antworten auf seine unablässigen Fragen über die Schule, meine Freunde, mein Leben im Allgemeinen und meine Zukunft zu finden. Werden wir jemals an den Punkt gelangen, an dem wir ein angeregtes Gespräch über den Genuss einer anständigen Zigarre oder die Frage führen, zu welchem Anlass das Tragen eines Kummerbunds angemessen ist? Ich bezweifle es.
Dennoch ist er ein feiner Kerl und schrecklich nett. Unglücklicherweise neige ich zu Übelkeit beim Autofahren und habe auf der M4 selbst dann meine liebe Not, wenn sie nur von wenigen Automobilen genutzt wird. Diese Spritztour entpuppte sich als besonders unerfreulich und war von mehreren spontanen und überaus heftigen Übelkeitsanfällen gezeichnet. Doch der Vater zeigte sich sehr freundlich und aufmerksam, tätschelte mir jedes Mal beschwichtigend den Rücken und reichte mir eines der Feuchttücher aus dem üppigen Vorrat, der zu diesem Zwecke im Handschuhfach seines Volvo aufbewahrt wird. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit legten wir eine Pause ein, um uns eine Erfrischung zu gönnen, auch bei Heston Services, jenem Rastplatz, der mir am wenigsten gefällt. Auch hier sprang Vater mit Bravour in die Bresche und bot mir seinen väterlichen Schutz, als ich die Örtlichkeiten aufsuchte und, wie es leider häufig passiert, sich eine Handvoll vulgärer Rüpel über mich lustig zu machen begann. Wie es schien, vorwiegend wegen meiner gelbschwarz karierten Hose, die offenkundig eine Beleidigung für ihre Sinne darstellte. Der Vater verscheuchte
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