Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Irgendwas geht immer (German Edition)

Irgendwas geht immer (German Edition)

Titel: Irgendwas geht immer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn French
Vom Netzwerk:
immerhin.
    Ich: »Und? Netten Tag gehabt?«
    Sie: »Okay.«
    Ich: »Was hast du gemacht?«
    Sie: »Gelernt.«
    Ich: »Was denn?«
    Sie: »Zeug.«
    Ich: »Was für Zeug?«
    Sie: »Zeug eben.«
    Ich: »Wie geht’s Lottie?«
    Sie: »Okay.«
    Ich: »Wie geht es dir?«
    Sie: »Mir auch.«
    Ich: »Hast du wegen irgendetwas Kummer?«
    Sie: »Ja.«
    Ich: »Willst du darüber reden?«
    Sie: »Nö.«
    Ich: »Soll ich lieber den Mund halten?«
    Sie: »Hmhm.«
    Das ist ein gewaltiger Schritt nach vorn. Es ist uns sogar gelungen, in einträchtigem Schweigen nebeneinanderzusitzen, während ich mich über die Chips hermachte. Plötzlich stand sie auf, trat vor den großen Spiegel am Schlafzimmerschrank und fing an, sich einer ausgiebigen Musterung zu unterziehen. Und zwar erstaunlich unbefangen. Das hat sie früher auch immer gemacht – sich vor dem Spiegel hin und her gedreht und ihr Haar, ihre Haut und ihre Silhouette ganz genau angesehen. Es war, als versuchte sie, irgendwelche verborgenen Seiten an sich zu betrachten, die man normalerweise nicht zu sehen bekommt, wie zum Beispiel die Ohren oder die Nasenlöcher von innen. Geheime und völlig neue Teile ihres Körpers, die sie in ihrer scheinbar unstillbaren Neugier unbedingt untersuchen musste.
    Hier hingegen wurde ich Zeugin einer ganz anderen Art der Selbstbetrachtung. Ihr Gesicht fiel richtiggehend in sich zusammen, als sie jeden Zentimeter ihres Körpers in Augenschein nahm, der sichtlich eine Enttäuschung auf der ganzen Linie darstellte. Ich sah ihr an, dass in ihren Augen nichts daran stimmte, aber auch gar nichts. Sie zupfte und kniff und quetschte an sämtlichen vermeintlichen Mängeln herum, und selbst ihre Schultern und Finger schienen ihren Ansprüchen nicht zu genügen. Es war schockierend, sie so zu sehen. Diesen Hass, mit dem sie sich ansah. Sie findet sich verabscheuungswürdig.
    Die Ironie liegt darin, dass Dora ein bildschönes Mädchen ist. Natürlich ist mir klar, dass ich ihr potentielle Makel nachsehe, weil sie meine Tochter ist. Warum ich das tue? Ganz einfach. Weil es zum Teil exakt die gleichen Makel sind, die ich in ihrem Alter auch an mir als störend empfunden habe. Die vollen Wangen, die fleischigen Knie, die etwas zu ausladenden Hüften – all diese Facetten, die junge Frauen aus meiner heutigen Sicht so unglaublich attraktiv wirken lassen, aber leider hindert uns die egozentrische Blindheit der Jugend daran, das zu erkennen.
    Tatsache ist, dass Dora eine Schönheit ist, eine bildhübsche, vitale junge Frau mit einem dermaßen schwachen Selbstwertgefühl, dass sie sich selbst das winzigste Quäntchen Billigung versagt. Mehr wäre gar nicht nötig. Nur ein winziges Quäntchen; etwas, worauf sie aufbauen könnte. Ich unternahm einen vorsichtigen Versuch, ihr Selbstwertgefühl ein wenig zu stärken, indem ich ihr wahrheitsgetreu sagte, was ich sehe, wenn sie vor mir steht: ein lebenslustiges, kerngesundes, strahlendes Mädchen mit einem tollen Körper und der Haut eines Engels.
    Allerdings – wo sich die Gelegenheit schon einmal bot und ich für einige Augenblicke ihre Aufmerksamkeit genoss – schob ich hinterher, wie wenig begeistert ich davon bin, dass sie sich ständig das Haar blondiert. Dass die ständige chemische Behandlung ihm geschadet hat und dass es ziemlich strohig und billig aussieht, wohingegen mir ihre Naturfarbe immer gut gefallen hat – so braun und hübsch lockig. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, ist mir klar, dass dieser Teil möglicherweise nicht ganz so passend war, denn sie stapfte wutschnaubend davon. Ja, okay, ich hätte es besser machen können. Vielleicht hätte ich es lieber bei meinem Lob belassen sollen, aber immerhin haben wir es geschafft, dass ein paar Minuten so etwas wie positive Stimmung zwischen uns geherrscht hat, und wenn ich Glück habe, wird sie vielleicht genau diesen Teil in Erinnerung behalten … Zumindest hoffe ich das …

DREIZEHN
    DORA
    Herzlichen Dank, Mum, dass du mein Leben zerstörst. Ich freue mich für dich, dass du die Grippe hast, denn du hast es verdient, und ich hoffe, du erstickst jämmerlich an deinem eigenen Rotz. Und ich kaufe dir auch noch Krabbenchips und all so was. Was für ein Mist! Du bist so was von egoistisch! Wie kannst du mir einen derartigen Stress machen? Als hätte ich nicht im Moment schon genug Stress, verdammter Mist! Referatsstress, Unistress, X-Factor -Castingstress, Sam-Stress, Geldstress, Telefonrechnungsstress, Facebook-Foto-Stress, und jetzt muss sie mir

Weitere Kostenlose Bücher