Irgendwas geht immer (German Edition)
größer sein – Papas Bewegungen sind von einer schlurfenden Kraftlosigkeit, während ich mich stets bemühe, aufrecht zu stehen und mich mit mehr Eleganz zu bewegen.
Aus sicherer Quelle weiß ich, dass meine physische Präsenz mit wechselnden Attributen wie »interessant«, »imposant« und »gewichtig« bezeichnet wird. Letzteres empfand ich anfangs als beleidigend, doch damals war ich noch sehr jung, bestenfalls vierzehn, wohingegen ich mir nun, mit meinen sechzehn Lenzen und ganzen zwei Monaten, meiner selbst deutlich sicherer und in der Lage bin, »gewichtig« gar als Kompliment zu verstehen. Nun, ich bin in der Tat mit einem gewissen Körperumfang gesegnet, den ich jedoch mit großem Elan und dem Selbstbewusstsein eines Mannes trage, der leicht doppelt so alt sein könnte wie ich. Ich denke da beispielsweise an Stephen Fry. Ein hübscher Kerl und offenkundig mit der Gabe gesegnet, sich stets stilsicher zu kleiden – gewiss nicht zuletzt dank der Hilfe eines anständigen Schneidermeisters, wie ich ihn dringend für mich finden muss. Ein Meister seiner Zunft, ein Mann, der allerorts für sein Handwerk gelobt und geachtet wird, muss es sein. Nun denn, auf nach London, Vater, spannt die Pferde an!
ZEHN
DORA
Allmählich glaube ich fast, die Entscheidung, an die Manchester Metropolitan zu gehen, um Ernährungswissenschaften zu studieren, könnte ein Riesenfehler sein. Ich meine, klar, all diese Uni-Erfahrungen wären sicher klasse und so, aber wäre es nicht absolute Zeitverschwendung, wenn es nicht das ist, was ich in Wahrheit machen will? Ich meine, ich wäre immerhin drei lange Jahre meilenweit von meinem eigentlichen Karriereziel entfernt und würde vielleicht nie wieder die Chance kriegen, denn, ich meine, wenn man Karriere als Sängerin machen will, muss man schließlich jung anfangen, oder?
Ich vergeude meine Zeit ja schon jetzt. Als Adele so alt war wie ich, stand sie schon mindestens drei Jahre auf der Bühne und machte sich einen Namen. Und meinen Namen, den kennt kein Schwein. Völlig egal, wen Sie fragen, keiner hat je von mir gehört. Und all das ist nur Mums Schuld. Denn im vergangenen Jahr habe ich mir klipp und klar eine Session in einem Aufnahmestudio oder so was in der Art von ihr zum Geburtstag gewünscht. Aber natürlich habe ich nur den üblichen Quatsch zu hören gekriegt: »Dafür brauchst du aber einen fertigen Song«, oder: »Und welche Musiker sollen dich dabei begleiten?«, oder: »Ist dir klar, dass so ein Studio mehrere Tausend Pfund am Tag kostet, mein Fräulein?« Na ja, eben dieser Schwachsinn, mit dem sie immer ankommt, um meine Karriere als Sängerin zu zerstören.
Ich meine, Entschuldigung bitte, aber wer hat denn hier den Gesangswettbewerb in der neunten Klasse gewonnen? Wer ist im Chor aufgenommen worden? Wer wurde gefragt, ob er in Judiths Schülerband, den Girls For Hire, als Backgroundsängerin mitmachen will? Du vielleicht, Mutter? Nein, das war ich, das Mädchen mit der »außergewöhnlichen« Stimme mit »Wiedererkennungswert«, wie Mr Solomon sagt, und er sollte es wissen, schließlich ist er unser Musiklehrer.
Das ist kein Hirngespinst von mir – ich denke ernsthaft darüber nach, und ich weiß ganz genau, ganz tief in meinem Herzen, dass ich eines Tages meinen Traum leben und so berühmt sein werde wie Cheryl Cole oder so. Mein Gott, ich bin schließlich nicht dreizehn, sondern werde im August achtzehn und kenne mich selbst sehr gut. Ich weiß, wer ich bin, was ich will und was ich schaffen kann. Würden meine nervigen Eltern nur endlich aufhören, all meine Träume kaputtzumachen, indem sie jedes Mal, wenn ich ihnen davon erzähle, darauf herumtrampeln.
Lottie sagt, ich kann richtig gut singen, besser als all die Typen bei American Idol und tausendmal besser als diese Susan Boyle. Ich meine, wer ist sie eigentlich?? Ich weiß, das klingt verrückt, aber ich habe da eine Idee, und ich glaube, ich werde sie auch durchziehen. Ja, genau, ich werde mich bei X Factor bewerben. In London findet demnächst ein Casting statt. Ich könnte mit dem Zug hinfahren. Hoffentlich ist es an einem Samstag. In der Schule sind sie mittlerweile tierisch streng, was Schwänzen und so betrifft. Wegen der Abschlussprüfung, schätze ich.
Ich muss mir einen Song aussuchen, aber ich glaube, ich weiß schon, welchen ich nehme. »Beautiful« von Christina Aguilera, weil ich den Text kenne und mich ziemlich gut hineinversetzen kann, glaube ich. Die sagen einem doch immer, man soll
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