Irgendwie Anders (German Edition)
Handy piept, er wendet sich ab und zieht es hervor.
„Hat dich ganz schön erwischt, was?“, fragt Alex leise, als wir auf den Manager zugehen, der sich mit zwei Bandmitgliedern unterhält.
„Geht dich gar nichts an“, gebe ich ebenso leise und ziemlich böse zurück. Alex lächelt wissend. Wie gerne würde ich ihm einen Stoß verpassen, lasse es jedoch und setze stattdessen mein Geschäftslächeln auf.
Die Besprechung dauert nicht lange. Wir einigen uns auf die Entwürfe und es sollen sogar alle vier Motive sein und weitere Produkte. Ein guter Auftrag für mich. Ich bin absolut zufrieden.
Als ich mich abwende, während Alex mit dem Manager noch ins Gespräch versunken ist, kommt Tim auf mich zu. Er sieht betreten aus.
„Tut mir leid, aber ich muss jetzt los. Mein Dad ist stinkig, weil ich mich seit gestern nicht gemeldet habe, und hat mich sofort nachhause beordert“, eröffnet er zerknirscht. Schöner Mist, und ich komme hier nicht weg.
„Klar. Ich kann leider noch nicht abhauen. Soll ich dir ein Taxi holen?“
„Schon okay, ich werde abgeholt“, antwortet er. „Tut mir echt leid. Ich wäre gerne noch … mit dir zusammen, aber mein Dad ist echt sauer.“ Tim schaut mich von unten entschuldigend an.
„Ist schon okay“, beruhige ich ihn, auch wenn ich es ehrlich bedaure. Es läge ja noch eine ganze Nacht vor uns. „Treffe ich dich morgen Abend im Club?“, frage ich möglichst unbeteiligt.
„Aber sicher“, gibt er strahlend zurück und winkt mir zu, während er losmarschiert. Ich schaue ihm hinterher und verfluche meinen Job, der mich hier festhält.
Wer ihn wohl abholt? Sein Dad? Ich ertappe mich dabei, wie ich ihm unbemerkt folge. Ich bin neugierig, wie sein Dad aussieht. Hoffentlich kriegt Tim nicht zu viel Ärger, ich könnte ja eventuell dazwischen gehen. Immerhin ist er schon neunzehn, auch wenn er noch zuhause lebt. Wegen mir, soll er keinen Ärger bekommen.
Drüben an der Bushaltestelle steht er und schaut die Straße hinauf. Ich bleibe verborgen im Eingang stehen. Will ja nicht, dass er mich sieht, wie ich ihm hinterher spioniere. Mich interessiert es eben nur.
Da kommt auch schon ein Geländewagen heran. Ein blauer Nissan, ein älteres Modell und da er direkt an mir vorbei fährt, kann ich auch gut sehen, wer ihn da abholt.
Mein Magen wird zu Eis: Es ist sein Macker. Der Bodybuilder. Sein Typ. Sein Freund. Das Auto hält an und ich sehe merkwürdig glasklar Tim einsteigen und seinem Macker einen Kuss direkt auf den Mund geben.
Mieser kleiner Lügner. So ein verfluchter Mistkerl.
Ich bin völlig erstarrt. Kann mich nicht mehr bewegen. Verdammt, es tut weh! Genau das wollte ich nie wieder fühlen. Du mieser kleiner, verlogener Bastard. Genau das wollte ich nicht noch einmal erleben.
Sex, einfach nur Sex. Es war alles klar, einfach, ordentlich und dann kommst du kleiner Fick und nun stehe ich hier und zersplittere innerlich, weil du mich belogen hast. Weil es eigentlich immer nur Ficken war. Mehr nicht.
Nur ich Idiot habe zu viel darin gesehen. Weil es mehr als einmal war? Selbst schuld. Tim hat nichts versprochen. Nur so getan, als ob er gerne mit mir zusammen wäre, als ob er mich gerne küsst, umarmt, ficken lässt. Okay, das hat er wirklich. Das hätte er nicht schauspielern können.
Aber wozu? Um sich nun von seinem Freund vögeln zu lassen? Was sollte das Ganze? Ich komme mir unglaublich verarscht und zutiefst beschämt vor.
Wütend wende ich mich ab. Mag eigentlich keinen mehr sehen. Die Hülle Mark Benedikt muss funktionieren. Keiner darf etwas merken. Niemand. Erst recht nicht Alex.
Ich werde funktionieren wie immer. Mache meinen Job, und wenn ich alleine bin, gebe ich mir die Kante. Komplett. Ertränke diesen Schmerz völlig. Spüle alles hinweg.
Mieser, verlogener, kleiner, geiler, so begehrenswerter, süßer … Bastard.
Frühstück bei Alex
Sonntag 22.
12 Uhr oder so. Irgendwann tagsüber jedenfalls.
Keine Ahnung. Ist doch auch völlig egal.
Mein Schädel tut weh. Alles tut weh.
Mein Mund ist voll mit ekligem Schleim. Ich kriege meine Augen kaum auf. Sie sind irgendwie verklebt. Mein Rücken schmerzt höllisch.
Ach ja, ich weiß warum: Ich bin auf dem Sofa liegen geblieben, das hier ist nicht mein Bett.
Mühsam blinzle ich. Um mich herum liegen die Überreste meiner Schmerzbewältigung. Hat nicht wirklich funktioniert. Zumindest habe ich noch immer Schmerzen, wenn auch die in meinem Kopf im Moment die stärksten sind.
Scheiße, tut
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