Irgendwie Anders (German Edition)
verstehen?“
Ich nicke und habe einen kleinen Kloß im Hals, während die Bilder in mir lebendig werden.
„Ich war immer für ihn da. In der Schule und danach. Habe ihn beschützt. Niemand durfte ihm was tun. Er ist mein kleiner Bruder. Aber auch ein bisschen mehr … als das.“ Markus seufzt abermals und ich habe es schon geahnt, als er fortfährt: „Ich glaube ich habe mich gleich am Anfang in ihn verguckt, als er ankam. Ich hatte gerade erst entdeckt, dass ich eher auf Kerle stehe und er brauchte einfach jemanden, der für ihn da ist.“
Ich schlucke, als ich das so höre. Das passt einfach. Wie vertraut die beiden miteinander umgehen. Nicht nur wie Brüder.
„Komm bloß nicht auf komische Ideen.“ Markus wirft mir sofort einen Seitenblick zu. „Ein bisschen mehr als sich gegenseitig streicheln und knutschen war es nie, okay? Mann, er ist mein Bruder. Und das er schwul ist, hat er ja auch erst später entdeckt. Er hat sehr wohl mitbekommen, dass ich ständig irgendwelche Kerle abschleppe. Aber das wollte ich nicht für ihn. Ich habe keinen an ihn rangelassen, weiß du?
Ich wollte nicht, dass ihm jemand das Herz bricht. Nein, stimmt nicht ganz“, unterbricht er sich grübelnd. „Ich wollte ihn nicht mit jemand anderen zusammen sehen. Ich wollte nicht, das er sich in jemanden verliebt. Wie auch ich mich nie in jemand anderen verlieben wollte.“
Ich schweige und schlucke mehrfach, denn irgendwie ist mir gerade klar geworden, dass Markus das noch nie jemandem gesagt hat. Das ist hart.
Seine Stimme ist nur noch ein leises Flüstern. Da ist plötzlich nichts mehr von dem selbstbewussten, muskelbepackten Traumtypen übrig und ich halte unwillkürlich an. Was ihn wohl noch plagt? Markus dreht sich zu mir um und schaut mir direkt in die Augen. Die sind von Zweifeln erfüllt und ich kann nichts sagen, um ihm diese zu nehmen.
„Weißt du wie das ist, jemanden zu lieben und genau zu wissen, dass du ihn nie haben kannst?“, flüstert er so leise, dass ich ihn fast nicht verstehe. „Verdammt. Er ist … mein Bruder!“ Markus wendet sich entschlossen ab.
Ich bin sprachlos und versucht ihn in den Arm zu nehmen, denke aber, dass er mir das übel nehmen würde. Sein Hass auf mich wird mir plötzlich klar. Deshalb strecke ich nur die Hand aus und lege sie ihm fest auf die Schulter. Er dreht sich zu mir um und starrt mich eine ganze Weile an. Ganz plötzlich funkeln seine Augen wild und erinnern mich fatal an Tims Augen.
„Wenn du ihn jemals enttäuschen solltest, bringe ich dich um. Das schwöre ich dir“, zischt er mich an und ich weiß, er meint es wirklich ernst.
Ich grinse. Das fehlt mir gerade noch: ein wahnsinnig eifersüchtiger Bruder, der mich messerschwingend verfolgt.
„Werde ich nicht“, flüstere ich ernsthaft zurück. Werde ich ganz bestimmt nicht. Tim gehört zu mir und ich werde auf ihn aufpassen.
„Ich werde versuchen, ihm zu geben, was du für ihn bist“, füge ich hinzu, doch Markus schüttelt wild den Kopf.
„Mark! Er braucht keinen weiteren Bruder. Er braucht dich. Einen Lover. Einen festen Freund. Einen Geliebten. Jemand der alles für ihn ist, dem er vertrauen kann, der sein Leben mit ihm teilt. Kannst du das? Willst du das?“ Seine Stimme ist laut und eindringlich geworden.
Scheiß Ehrlichkeit.
„Ich weiß es nicht, Markus. Ich habe keine Ahnung. Ich lasse mich das erste Mal seit Jahren, nein eigentlich überhaupt auf so etwas ein. Aber ich werde ihm nie wehtun. Ich werde ihm gegenüber immer ehrlich sein, das verspreche ich. Ehrenwort!“ Und das meine ich auch so. Ich bin ein Ehrenmann, egal was alle von mir denken: Ich bin immer ehrlich.
Markus nickt und wir setzen unseren Weg fort.
Endlich erreichen wir seine Wohnung, und als er das Licht im Treppenhaus einschaltet, ruft er leise: „Struppi?“ Keine Antwort.
„Vielleicht hockt er oben vor der Tür“, hofft er und wir steigen ein Stockwerk hoch. Doch Tim ist nicht da. Markus schließt seufzend die Tür auf und bittet mich hinein. Ich bin verblüfft, denn seine Wohnung hat unglaubliche Ähnlichkeit mit meiner. Nicht nur die Einrichtung, sogar der Schnitt der Zimmer. Ich muss grinsen. Wir sind uns wirklich ähnlich.
„Bist du eigentlich echt so eine Rakete im Bett, wie er erzählt hat?“, fragt Markus plötzlich schmunzelnd, als wir uns im Wohnzimmer aufs Sofa setzen. Er hat uns Cola und O-Saft besorgt und Chips.
So, hat er das erzählt? Ich schmunzle zurück, schaue verschmitzt zu Markus
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