Irgendwie Top
Schaudernd konzentrierte er sich auf seine Stäbchen, von denen ihm immer wieder das Stückchen Fleisch rutschte. Was ihn so verunsicherte, wenn er an Sex mit Alex dachte, war, dass er echt Schiss davor hatte. Das war nie seine Rolle gewesen. Er hatte sich genommen, was er wollte, war stets der dominierende Part gewesen. Zunächst mit Mädchen und dann mit jedem Jungen und Mann, den er je genommen hatte. Er passte nicht in eine passive Rolle, fand er. Das war irgendwie nicht er, irgendwie nicht mehr der Top, der er doch war.
„Hier.“ Alex reichte ihm eine Dose und ließ sich zufrieden seufzend mit seiner neben ihm nieder. „Genau das Richtige“, befand er augenzwinkernd. „Ich habe nichts gegen Rotwein, nur passt der eben nicht zu allen Gelegenheiten.“ Argwöhnisch musterte Markus ihn, fragte sich, ob Alex das nur sagte, um ihm zu gefallen. Allerdings trank Alex sein Bier mit offensichtlichem Genuss.
Denk nicht immer so viel drüber nach, ermahnte sich Markus. „Ich weiß nicht“, gab er ehrlich zu. „Ich kenne mich da nicht aus. Mir reicht ein Bier. Das schmeckt immer.“ Alex grinste und prostete ihm zu. Schweigend aßen sie und jeder hing seinen Gedanken nach. Nachdem sie fertig gegessen hatten, saßen sie noch immer nebeneinander, jeder seine Bierdose in der Hand und hatten sich aneinander gekuschelt, den Kopf zurück gegen das Sofa gelehnt.
„Es ist klasse, mir dir zusammen zu sein. Bei dir muss ich mich nicht verstellen. Du bist mir ähnlich, du denkst gleich. Das ist mal sehr angenehm.“ Alex seufzte tief auf. Verblüfft drehte Markus den Kopf. Alex schien heute mehr von sich preisgeben zu wollen, als sonst. Ihm ging es ähnlich. Auch er hatte das Bedürfnis, mehr zu sagen und vor allem, mehr von ihm zu erfahren.
Alex wollte mehr über Markus' Schwimmerteam wissen und Markus erzählte bereitwillig, wie er über einen Job im Fitnessstudio, mit dem er sich seine eigenen Trainingsstunden verdient hatte, einen Physiotherapeuten kennen gelernt hatte und wie es ihn faszinierte, mit dem menschlichen Körper, mit Muskeln und seinen Händen zu arbeiten. Alex hörte zu, enthielt sich erstaunlicherweise jedes anzüglichen Kommentars, obwohl Markus fast schon schwärmte, wie toll es sich anfühlte, wenn er spürte, wie sich unter seinen Fingern Verspannungen lösten.
Ruhig hörte Alex zu, fragte hier und da interessiert nach und tatsächlich erzählte er auch Markus bald schon von seinem Studium in Amerika, seiner Zeit im Pornogeschäft, von den vielen Partys und der wilden Szene. Er redete mit ruhiger, nahezu emotionsloser Stimme, Markus vernahm jedoch inzwischen die Untertöne, spürte genau, wann Alex ein Thema berührte, welches ihm schwerfiel. Alex war ein Karrieremensch, ehrgeizig, stellenweise klang er auch ein wenig skrupellos, hinter allem hörte Markus jedoch immer wieder heraus, wie sehr er es hasste, nur auf sein gutes Aussehen reduziert zu werden. Es hatte ihm wohl oft genug Tür und Tor geöffnet, nur so, wie es klang, verabscheute Alex diese Tatsache, auch wenn es ihm in seinem Beruf half.
„Wovor hast du eigentlich … Angst, Markus?“, fragte Alex irgendwann unvermittelt. „Was macht dir richtig Angst?“ Er wandte sich nicht um, seine Augen schienen die Decke zu fixieren. Markus überlegte einen Moment. Es war eine seltsame, unerwartete und intime Frage, jedoch glaubte er zu verstehen, was Alex damit meinte.
„Mich zu blamieren“, gab er ehrlich zu, nahm einen großen Schluck Bier. „In der Schule … da musste ich mal so einen ... Vortrag halten“, begann er zögernd. „Irgendetwas hatte ich dabei verwechselt und ziemlichen Blödsinn erzählt. Einige fingen also an zu lachen. Ich habe erst echt nicht kapiert, was da ablief und nicht verstanden, warum sie alle so gegrinst haben.“ Er unterbrach sich und erinnerte sich nur ungern, an diese peinliche Situation zurück, wie er vor der Klasse gestanden hatte und immer mehr Mitschüler anfingen zu kichern und laut loszuprusten. Markus war sehr beliebt gewesen und hatte viele Kumpels gehabt. Er hatte eine hohe Position in der Klasse, die er durchaus seinem beeindruckenden Erscheinungsbild zu verdanken hatte. Als er vor der Klasse gestanden hatte und zunehmend ausgelacht worden war, war ihm allerdings zum ersten Mal aufgegangen, dass viele ihn für einen dieser typischen, dummen Muskelprotze hielten. Viel Masse und wenig Grips. Und er hatte ihnen sogar unfreiwillig den Beweis geliefert.
„Ich bin … Naja,
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