Irgendwie Top
stand auf. „Was habt ihr beide heute denn noch so vor?“
„Mal sehen“, meinte Alex mit einem verschwörerischen Lächeln. „Uns wird bestimmt was einfallen, wie wir den Tag genießen können. Vielleicht machen wir einen exklusiv Striptease in der Mönckebergstraße oder wir überfallen Karstadt, brennen, morden oder plündern den Saturn. Oder … wir gehen ganz spießig an der Alster spazieren.“
„Klingt aufregend. Euch fällt schon was ein, dessen bin ich mir ganz sicher.“ Arne lachte und ergänzte seufzend: „Bei was auch immer, ich wünsche euch viel Spaß. Ich muss noch bis 19 Uhr arbeiten, aber dann holt mich mein Max ab und ich denke, wir werden auch was mit dem Abend anzufangen wissen!“ Schmunzelnd wanderte er davon.
„Arne ist ein toller Freund“, meinte Alex auf der Rückfahrt. Sie hatten sich bei ihm noch mit Essen für den Abend eingedeckt und dann beschlossen, zu Markus zu fahren, um noch ein paar Sachen zu holen, damit dieser am Dienstag direkt von Alex' Wohnung aus zur Arbeit fahren konnte.
Sie hatten von Alex' interessanten Vorschlägen zur Nachmittagsgestaltung tatsächlich den letzten gewählt. Markus schüttelte innerlich den Kopf über sich selbst und vor allem über Alex, der übermütig und Blödsinn machend mit ihm zwischen all den Heteros flanieren gewesen war. Sie hatten eine Show abgezogen, eine Demonstration ihres Glückes, nicht blind für die Blicke voller Unmut, jedoch gleichgültig, was die anderen anging. So war es also, wenn man bis über beide Ohren verliebt war, schier platzte vor unsagbarem Glück! Händchenhaltend spazieren gehen und gemeinsam Eisessen.
Markus verzog in der Erinnerung spöttisch den Mund. Es war albern gewesen und hatte dennoch Spaß gemacht. Wie jeder Tag, jede Stunde mit Alex. Man wusste nie genau, welchen Unfug er als nächstes vorhatte, welchen pikierten Blicken man sich ausgesetzt sehen würde. Alex lebte, liebte das Leben, sprühte vor Energie und Lebensfreude und bei den allermeisten wirkte diese Leichtigkeit einfach nur ansteckend.
Sie hatten erstaunlich viel geredet, auf einer Bank am Wasser sitzend und auf das gischtende Wasser des Springbrunnens starrend. Vor allem Alex hatte geredet, erzählte Markus von seiner Modelkarriere und von den vielen Orten und Menschen, die er dabei gesehen hatte. Auch von dem Tauchlehrer, mit dem er zum einzigen Mal so etwas wie eine zweiwöchige Beziehung gehabt hatte. Alex war gerade zwanzig gewesen und zu Fotoaufnahmen auf den Malediven. Der Tauchlehrer, soviel hatte Markus Alex' Erzählung entnommen, war offenbar, ein ähnlich muskulöser Kerl gewesen, wie er selbst. Womit auch klar war, dass Alex wirklich auf Muskeln stand. Sie hatten ziemlich guten Sex miteinander gehabt, doch am Ende der Fotoarbeiten war auch das Feuer der Leidenschaft bereits abgeklungen. Er hatte Alex für emotionslos erklärt und alle Pläne einer gemeinsamen Zukunft hatten sich in Schall und Rauch aufgelöst. Kurze Affären für die Dauer von Dreh- oder Fotoarbeiten waren ganz offenkundig nicht ungewöhnlich im Modelbusiness.
Markus hatte überwiegend schweigend zugehört. Alex' Erzählungen von anderen Männern, einer schnelllebigen, oberflächlichen Glitzergesellschaft offenbarten ihm vor allem eines: Einsamkeit. Wie musste sich Alex insgeheim gefühlt haben? Alleine, nie jemanden an seiner Seite, mit dem er reden, an den er sich anlehnen konnte. Sein kranker Vater war ihm da keine Hilfe gewesen, zumal dieser ja nichts von Alex' sexueller Orientierung wusste.
Markus sah sich selbst in all den Jahren, seine vielen Nächte im Gaytronic und anderen Clubs. Er erkannte, wie einsam auch er im Grunde gewesen war, zwar eine Familie im Hintergrund, denen er aber nicht erklären konnte, warum er sich alle tieferen Gefühle verbot. Immer unwissentlich auf der Suche nach dem Einen, der alle überstrahlen würde. Demjenigen, der ihm ebenbürtig, der ihn verstehen würde, ergänzte und sich ihm nicht unterordnete. Ein Mann, der ihn halten, ihn stützen und dem er gleichzeitig alles geben konnte. Im Prinzip, wurde Markus klar, hatte er immer schon nach Alex gesucht.
Er erinnerte sich auf der Rückfahrt zu Alex' Wohnung an ihre erste Begegnung, Alex' Schönheit, seine sinnlichen Lippen, seine außergewöhnliche Art. Ja, damals hatte ihn Alex schon angemacht, auf eine besondere Weise und viel mehr, als jeder andere Typ je zuvor. Auch danach war er ihm nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Liebe auf den ersten Blick? Nicht wirklich. Oder
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