Irgendwo da draußen - Kriminalroman
Tisch. Was für ein Fortschritt der Zivilisation. In der mittleren Steinzeit hätte ich erst noch durch die Wildnis streifen und mir ein Wildschwein schießen müssen.
Die Bohnen waren mehlig, und das Gewürz betäubte jeden ernst zu nehmenden Geschmack. Aber auch Wildschweine konnten manchmal recht zäh sein.
Nachdem ich mir den Bauch vollgeschlagen hatte, wankte ich zum Wohnzimmer hinüber. Um mich wach zu halten, schaltete ich den Fernseher ein und zappte durch die Kanäle. In Schweden war ein Mercedes der A-Klasse umgefallen, und am Golf drohte ein neuer Krieg auszubrechen. Der umgekippte Mercedes schien das ungleich wichtigere Ereignis zu sein.
Ein stechender Schmerz im Hinterkopf weckte mich. Kein Wunder bei der verrenkten Stellung, in der ich auf dem Sofa eingeschlafen war. Ich brauchte ein paar Minuten, um mir den Nacken zu massieren und meine Glieder zu sortieren, dann war ich immerhin in der Lage aufzustehen. Mein geschundener Körper schleppte sich zum Büro. Der Anrufbeantworter blinkte grün und monoton. Ich spulte die Kassette zurück und lauschte der Nachricht. Sie bestand aus dem Geräusch, das ein Telefonhörer macht, wenn er auf eine Gabel trifft. Ich war sicher, dass Frau Schmidt versucht hatte, mich zu erreichen. Und wer war nicht zur Stelle? Der Meisterdetektiv.
Am nächsten Morgen fühlte ich mich einigermaßen fit für den täglichen Überlebenskampf. Mein erster Weg führte mich ins Polizeipräsidium. Hauptkommissar Stürzenbecher war in einer Besprechung, und so gab ich mich dem Auf-dem-Flur-sitzen-Gefühl hin, das auf der negativen Gefühlsskala gleich hinter dem Im-Wartezimmer-sitzen-Gefühl kommt.
Eine halbe Stunde später erschien ein fahrig und unkonzentriert wirkender Stürzenbecher, der mich in sein Büro schob.
»Ich habe nicht viel Zeit«, eröffnete er das Gespräch. »Besprechungen, Pressekonferenzen, der übliche Mist, der einen von der Arbeit abhält. Setz dich doch!«
Wir setzten uns.
»In aller Kürze: Der entscheidende Durchbruch ist uns noch nicht gelungen.« Er schaute auf seine Armbanduhr und brüllte über die Schulter: »Die nächsten zehn Minuten keine Telefongespräche.«
»Auch nicht der Oberstaatsanwalt?«, brüllte eine weibliche Stimme zurück.
»Für den Oberstaatsanwalt bin ich auf dem Klo.« Stürzenbecher kniff die Augen zusammen und fixierte mich. »Europol hat nichts über diese Interwork Company. Es scheint sich um eine reine Briefkastenfirma zu handeln.«
»Und was ist mit dem Bankkonto?«, hakte ich sofort nach. » Folge der Spur des Geldes!, wie es so schön heißt.«
Der Hauptkommissar rieb die Tränensäcke unter seinen Augen. »Na klar. Ich habe die belgische Polizei um Amtshilfe gebeten. Das Konto ist von einem deutschen Staatsbürger namens Norbert Schliemann eröffnet worden. Die Dokumente, die er dazu vorgelegt hat, sind eindeutig gefälscht. In Deutschland gibt es keinen Schliemann, auf den die Daten passen. Ich habe veranlasst, dass ein internationaler Haftbefehl rausgeht, obwohl die Sache reichlich dünn ist. Im Moment können wir ihm nur Passfälschung und Steuerhinterziehung vorwerfen.«
»Es sind Erpressungsgelder«, warf ich ein.
Stürzenbecher winkte ab. »Schön. Du weißt es und ich weiß es. Aber für ein Ermittlungsverfahren brauche ich eine Strafanzeige. Wir versuchen zurzeit, aus den Subunternehmern, die für Disselbeck & Wallhorst arbeiten, eine Anzeige herauszukitzeln. Die haben Angst, nackte Angst. Verständlicherweise, denn Koslowskis Tod hat sich blitzschnell herumgesprochen, und jetzt zählen sie eins und eins zusammen.«
»Was macht Schliemann mit dem Geld?«, fragte ich.
Der Hauptkommissar saugte an seinen Zähnen. »Du hast nicht zufällig Zigaretten dabei?«
»Hast du wieder mit dem Rauchen angefangen?«
»Eigentlich nicht, ich schnorre nur gelegentlich eine.«
Ich bot ihm meine Zigarillos an, bediente mich selbst und gab uns beiden Feuer.
Nach dem ersten Zug bekam Stürzenbecher einen Hustenanfall. »Igitt«, spuckte er mit rotem Kopf. »Was ist das für ein Zeug?«
»Man raucht Zigarillos nicht auf Lunge«, mahnte ich. »Man pafft sie. So.« Ich blies einen kunstvollen Rauchring zur Decke.
Stürzenbecher betrachtete skeptisch den braunen Stängel in seiner Hand. Er probierte einen zweiten Zug, mit dem gleichen Erfolg wie beim ersten. Entschlossen zerquetschte er den Verursacher seiner Atemnot im Aschenbecher.
Stirnrunzelnd verfolgte ich das schnelle Ende meines kostbaren
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