Irgendwo da draußen - Kriminalroman
gegangen?
»Gut. Ich bin bereit, mich mit Ihnen zu treffen.«
Was so ein kleiner Wutausbruch bewirken kann.
»Freut mich.« Und das meinte ich ehrlich. »Wann und wo?«
»Was halten Sie von morgen Abend, um acht Uhr?«
»Sie haben Glück, morgen Abend habe ich zufällig keine Verabredung.«
Sie lachte schüchtern. »Mit Kneipen kenne ich mich nicht aus.«
»Ich auch nicht mehr. Früher bin oft ins Alcatraz gegangen. Das ist in der Innenstadt.«
»Ich glaube, ich weiß, wo das ist. Dann bis morgen!«
»Halt! Wie erkenne ich Sie?«
»Ich erkenne Sie.«
VIII
Es kam mir so vor, als hätte ich die letzten Tage hauptsächlich mit Warten verbracht. Entweder saß ich zu Hause und wartete darauf, dass das Telefon klingelte, oder ich saß in Nienberge-Häger im Auto und wartete darauf, dass jemand aus dem Haus des sogenannten Psychotherapeuten Friedhelm Angernagel herauskam. Der Detektiv schob eine ruhige Kugel und ließ andere die Arbeit machen. Wen interessierte es schon, dass mir das Nichtstun auf den Geist ging und ich von Minute zu Minute nervöser wurde?
Es hätte mich auch nicht gewundert, wenn ein Polizeiwagen aufgetaucht wäre und streng dreinblickende, die rechten Hände auf ihren Pistolengriffen abstützende Polizeibeamte sich nach meinen Personalien erkundigt hätten. Die jungen Mütter, die ihre Kinderwagen an meinem Alfa Romeo vorbeischoben, betrachteten mich von Rundgang zu Rundgang misstrauischer. Nienberge-Häger lag zwar am Rande der Welt, aber noch im Diesseits, und auch hier sah man Fernsehberichte über Sittlichkeitsverbrecher, die in Autos hockten und auf jugendliche Opfer warteten.
Und schließlich war Franka vor mehr als einer Stunde in Angernagels Haus verschwunden, und es wurde, verdammt noch mal, Zeit, dass ihr bunter Haarschopf zwischen den Obstbäumen aufleuchtete. Mark-Stefan und ich hatten gemeinsam versucht, sie von ihrem Vorhaben abzubringen, vergeblich. Es gab keinen Auftrag mehr, den Selbstmord von Corinna Lahrmann aufzuklären. Und der Verdacht, dass Angernagel hinter dem Mord an Koslowski steckte, war so treffsicher wie die Ankündigung von Helmut Kohl, die Arbeitslosigkeit bis zum Jahr 2000 zu halbieren. Obwohl sie es nicht zugeben wollte, wurde Franka von der puren Abenteuerlust getrieben. Kalt lächelnd hatte sie unsere Einwände abgewimmelt und auf ihr Recht gepocht, sich auf die Hypnosecouch von wem auch immer legen zu dürfen. Am Ende musste ich mich zähneknirschend ins Unvermeidliche fügen und meine Rolle als wartende Reserve akzeptieren.
Allmählich steigerte sich die professionelle Unruhe zu Panikanfällen. Ich hielt es im Auto nicht mehr aus. Gerade wollte ich aussteigen, um Franka aus den Klauen des Außerirdischen-Freundes und UFO-Beraters zu befreien, als sich die Tür des weißen Hauses öffnete. Ein großer Mann mit kletschigen grauen Haaren und heller Strickjacke wurde sichtbar, der seine Hand ausstreckte. Franka erschien in der Türöffnung, ergriff die Hand, die beiden wechselten ein paar Worte, dann ging Franka weiter. Sie bewegte sich lethargisch, wie benommen. Ich bekam einen trockenen Mund.
Nach zwei unendlichen Minuten saß sie neben mir.
»Mit dir alles in Ordnung?«, fragte ich beklommen.
»Georg«, sie drehte langsam den Kopf, ein entrücktes Lächeln umspielte ihre Lippen, »du ahnst nicht, was in der Welt vor sich geht.«
»Ach du Scheiße!«, entfuhr es mir.
Sie grinste. »Reingelegt.«
»Mach das nie wieder mit mir!«, fauchte ich. »Ich bin vor Sorge fast umgekommen.«
»Du bist süß.« Franka kniff mir in die Wange. »Hast du wirklich Angst gehabt?«
Ich legte den ersten Gang ein und ließ den Motor aufjaulen.
»Angst ist keine Schwäche, sondern ein Überlebensreflex«, belehrte ich sie. »Hätten unsere Vorfahren keine Angst vor wilden Tieren gehabt, wäre die Menschheit längst ausgestorben.«
»So sterben die Tiere aus. Hast du schon wieder vergessen, dass die Menschen auch nur Tiere sind«, kommentierte die Veganerin.
»Halt mir keinen Vortrag über Tierrechte! Sag endlich, was Angernagel mit dir gemacht hat!«
»Puh!« Sie streckte die Beine aus. »Es war ganz schön heavy. Ich habe sie gesehen.«
»Wen?«
»Die Außerirdischen.«
»Verarsch mich nicht!« Ich warf ihr einen drohenden Blick zu.
»Nein, im Ernst. Ich bin in ihrem Raumschiff gewesen.«
Die Besorgnis kehrte zurück. »Wie bist du da hingekommen?«
»Zu Fuß jedenfalls nicht, ich lag die ganze Zeit auf der Couch. Schätze, Angernagel hat einige
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