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Irgendwo ganz anders

Irgendwo ganz anders

Titel: Irgendwo ganz anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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einer Art benommener Faszination auf den Bildschirm, als eine schwungvolle Titelmelodie einen entnervend fröhlichen Off-Kommentar einleitete. Gezeigt wurden Bilder der Familie Bennet, »künstlerische Eindrücke«, wie es hieß.
    »Mr Bennet ist der Vater des Clans, und wenn er nicht seine jüngeren Töchtern wegen ihrer Albernheiten schimpft oder seine Frau aufzieht, sitzt er mit Vorliebe in der Bibliothek und geht seinen eigenen Angelegenheiten nach. Seine Frau ist Mrs Bennet. Ihr Bruder betreibt einen Handel in London, und ihr erklärtes Ziel ist es, ihre Töchter so schnell wie möglich zu verheiraten. Die gute Frau ist ziemlich labil und gesellschaftlich nicht besonders versiert, außerdem neigt sie zu Panikattacken, also sollte man sie nicht aus den Augen lassen, denn bei ihr könnten bald die Fetzen fliegen.«
    Auf dem Bildschirm wurden jetzt nacheinander die Schwestern gezeigt und im Off-Kommentar beschrieben.
    »Keine der Töchter wird Longbourn erben, da es nur in der männlichen Linie vererbt werden kann, und der offensichtliche Mangel an passenden Kandidaten in Meryton lässt die Frage nach möglichen Ehemännern zu einem echten Problem werden. Die kurvenreiche zweiundzwanzigjährige Jane mit den Rehaugen ist die Familienschönheit und hat auch ein sehr ansprechendes, freundliches Wesen. Wenn Bingley eine andere Frau ansieht, sollten Sie unbedingt darauf achten, was mit Janes Tränendrüsen passiert! Die Nächste in der Reihe ist die Denkerin im Haus und Mr Bennets Liebling: Lizzie, zwanzig Jahre alt. Mit ihrer Eigenwilligkeit, Klugheit und Wortgewandtheit sollte man sie im Auge behalten – gehen Sie nicht nach dem Äußeren, achten Sie auf den Subtext! Die Drittälteste ist Mary, die am liebsten liest und die anderen kritisiert. Langweilig und unattraktiv wie sie ist, geben wir ihr nicht viel Zeit im Haus. Kitty und Lydia sind die beiden jüngsten Töchter und die albernsten und aufgeregtesten von allen, besonders wenn eine Uniform in Sicht kommt oder eine Party in der Luft liegt. Sie sind so impulsiv und unbezähmbar, dass sie alle Blicke auf sich lenken werden!«
    Die Musik endete und der nervende Moderator kam auf den Bildschirm zurück. »Da haben Sie es. Sieben Bennets, ein Haus, drei Kapitel, eine Aufgabe, ein Rauswurf. Die Buchmacher nehmen bereits Wetten an, wer zuerst dran glauben muss. Schalten Sie morgen mit dem Buch in der Hand ein, um live zu lesen, wenn die Hausbewohner ihre erste Aufgabe erhalten, und seien Sie dabei, wenn es heißt: Die Bennets – live !«
    Ich schaltete den Apparat aus, ging ins BuchProjekt-Laboratorium zurück und alle Zweifel an der Richtigkeit meiner Handlungsweise waren zerstreut.
    Um sechs Uhr am Abend war der Austen Rover fertig und startbereit. Obwohl es zwölf Sitzplätze gab, bestand die Mannschaft nur aus vier Personen: aus mir, Dr. Wirthlass und zwei Technikern, deren einzige Aufgabe es war, die Systeme zu überwachen und Daten zu sammeln. Ich rief Landen an, bevor es losging, und sagte ihm, ich sei vor dem Schlafengehen zu Hause. Ich erwartete keine Probleme. Schließlich war ich fast zwanzig Jahre lang in der BuchWelt herumgehüpft und allen möglichen Schrecken begegnet. In der Fiktion bewegte ich mich genauso sicher und selbstverständlich wie auf den Straßen von Swindon. Ich würde beim GattungsRat auftauchen, Thursday1–4 entlarven, alles in Ordnung bringen und rechtzeitig zu Hause sein, um Jenny zum Klavierunterricht zu bringen. Kinderleicht. Aber wenn es wirklich so einfach war, warum fühlte sich mein Inneres dann so bleischwer an?
    John Henry Goliath kam, um uns zu verabschieden, und wir schüttelten ihm alle die Hand, bevor sich die Tür mit einem Zischen hermetisch schloss. Dr. Wirthlass und die beiden Techniker waren viel zu beschäftigt, um sich Sorgen über die Risiken zu machen. Mir ging es anders, aber ich versuchte, das zu verbergen. Nach einem halbstündigen Countdown zündete Wirthlass die Reaktoren, klingelte zweimal, löste die Handbremse und stellte die Schwerkraftmotoren an.
    Und mit einem leichten Kribbeln waren wir ganz woanders.

33.
    Ganz woanders
    Nach allgemeiner Übereinkunft war die BuchWelt nur Teil eines viel größeren BuchVersums, aber wie groß dieses war und wie viel Prozent davon nicht wahrnehmbar waren, wurde unter Librologen heiß debattiert. Auch die Grundlagen des BuchVersums waren umstritten. Eine Fraktion argumentierte, dass sich das BuchVersum mit dem Schreiben neuer Bücher ständig ausdehnte, andere jedoch

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