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Irgendwo ganz anders

Irgendwo ganz anders

Titel: Irgendwo ganz anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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hatte.
    »Genau! Das Star Chamber hat das Vertrauen in die Fähigkeit Ihres Sohnes verloren, die Zukunft zu sichern, deshalb haben sie Lavoisier aus dem Ruhestand geholt. Er sollte feststellen, ob es noch andere gangbare Wege gibt. Gestern früh hat er sich an John Henry gewandt und wollte wissen, ob das vor langer Zeit aufgegebene BuchProjekt wieder aktualisiert werden könne. Da das nicht der Fall war, schlug Lavoisier vor, das Projekt fünfzehn Jahre früher wiederaufzunehmen, so dass es bis zum Ende aller Zeiten abgeschlossen sei. John Henry hat unter bestimmten Bedingungen zugestimmt, und ich muss zugeben, dass wir es gerade so geschafft haben.«
    »Mindf**k und gelackmeiert«, antwortete ich, denn die Fähigkeit zur Untertreibung war mir abhandengekommen. »Was hat Goliath davon?«
    »Glauben Sie etwa, anders hätten wir die Übernahme durch die Nationale Toast Kommission überleben können? Vor zwei Tagen war Goliath nur eine schlechte Erinnerung, John Henry saß im Schuldnerknast und ich arbeitete für International Pencils. Aber wenn man Freunde in der Zeitindustrie hat, ist alles möglich. Die ChronoGarde ist bereit, uns die Schirmherrschaft über das Rezept für gefundene Eier zu überlassen, und damit verfügen wir auch über das Geheimnis, in der Zeit zu reisen. Und als Gegenleistung? Eine Körperschaft, der es gestattet ist, ungehindert mit der Zeit zu spekulieren. Endlich sind wir in der Lage, unseren ›großen Plan‹ zu verwirklichen.«
    »Und der Plan ist ...?«
    »Alles zu besitzen.«
    »In einer Welt mit einem KurzZeitJetzt?«
    »Natürlich! Mit einer gefügigen Bevölkerung, die nur mit sich selbst und sofortiger Triebbefriedigung beschäftigt ist, können wir unter dem Motto ›Muss-ich-unbedingt-haben‹ allen möglichen Mist verkloppen. Die Profite werden enorm sein, Next. Und wenn die herrschende LangZeitKlasse umsichtig entscheidet, wem das Jetzt abgegraben wird, kann sie sich bequem zurücklehnen und die Vorteile genießen, die ihr und ihr allein zukommen.«
    Ich starrte Wirthlass an und überlegte, ob ich sie überwältigen könnte. Das schien zweifelhaft, denn ich stand mindestens drei Meter entfernt, und die beiden Techniker im Bus sahen ebenfalls so aus, als trügen sie Waffen.
    »In Ordnung«, sagte Wirthlass. »Wir sind so gut wie fertig hier. Genießen Sie Ihre Gefangenschaft. Sie werden bald wissen, wie das für meinen Mann war. Zwei Jahre im ›Raben‹, Next. Zwei Jahre. Noch heute hat er Albträume.«
    »Sie sind Jack Schitts Frau?«
    Sie lächelte wieder.
    »Langsam blicken Sie durch. Mein voller Name ist Dr. Anne Wirthlass-Schitt, aber wenn Sie das gewusst hätten, wäre es nur halb so spannend gewesen, was? Und jetzt: auf Wiedersehen.«
    Die Tür schloss sich, es klingelte zweimal, ein leises Zischen war zu hören, und der Austen Rover hob sich in die Höhe. Er schwebte einen Augenblick in der Luft, dann drehte er sich langsam um die eigene Achse, wich geschickt dem Ladebaum aus, erhob sich über den Schornstein und zog sich in die Länge wie ein Stück Gummiband, bevor er mit einem leichten Plopp! verschwand.
    Ich blieb an Deck zurück und biss mir vor Enttäuschung und Ärger auf die Unterlippe. Dann holte ich tief Luft und beruhigte mich. Die Reality-Book-Show mit den Bennets würde erst morgen Vormittag beginnen, also war noch nicht alle Hoffnung verloren. Ich sah mich um. Das Dampfschiff schlingerte leicht im Seegang, der Rauch trieb über das Heck und an der flatternden roten Schiffsflagge vorbei, und das Stampfen des Motors hallte durch das Stahldeck. Ich wusste, dass ich nicht in Es war eine dunkle und stürmische Nacht war, denn das Schiff war kein rostiger alter Kahn, der nur noch von der Farbe zusammengehalten wurde, aber mit Sicherheit war ich irgendwo , und irgendwo war besser als nirgendwo. Erst wenn ich dort angekommen war, wenn mir die Ideen, die Zeit und die Lebensgeister ausgingen, würde ich aufgeben.
     
    Ich trottete den Niedergang hinauf, bückte mich, stand in der Kombüse und gelangte von dort über die Leiter auf die Brücke, wo ein Junge – nicht älter als Friday – das Steuerruder hielt.
    »Wer hat hier das Kommando?«, fragte ich atemlos.
    »Na, Sie natürlich«, antwortete der Junge.
    »Ich doch nicht.«
    »Warum tragen Sie dann die Mütze?«
    Ich legte die Hände an den Kopf. So merkwürdig es war, ich trug wirklich die Kapitänsmütze. Ich nahm sie ab und starrte sie verwirrt an.
    »Welches Buch ist das hier?«
    »Das hier is’ kein Buch

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