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Irgendwo ganz anders

Irgendwo ganz anders

Titel: Irgendwo ganz anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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nich’, Capt’n. Was sind Ihre Befehle?«
    Ich sah aus dem Ruderhaus nach vorn, konnte aber nichts entdecken als eine graue See, die auf einen grauen Himmel traf. Das Licht war weich und unbestimmt, und zum ersten Mal verspürte ich einen Anflug von Angst. Irgendetwas an diesem Schiff war entschieden unheimlich , aber ich konnte es nicht genau ausmachen. Ich ging zum Kartentisch und sah auf die Karte. Nichts war auf ihr verzeichnet, nur das helle Blau des offenen Meers. Ein schneller Blick in die Schubladen zeigte, dass alle Karten genauso aussahen und mir keinen Hinweis geben konnten, wo ich war. Ich durfte davon ausgehen, dass ich im maritimen Genre war, aber als ich auf mein Mobilnotofon sah, stellte ich fest, dass ich kein Netz hatte, und das hieß, dass ich mehrere tausend Bände von unserer RepetierStation in der Hornblower-Reihe entfernt sein musste, und wenn das so war, befand ich mich an der äußersten Peripherie der Gattung und war so gut wie verloren. Ich klopfte nervös mit den Fingern auf den Kartentisch und dachte angestrengt nach. Panik würde jeden vernünftigen Gedanken verhindern, und ich hatte immer noch Zeit, um die Lage zu ergründen. Wenn ich in zehn Stunden nicht weiter war, dann konnte ich in Panik verfallen.
    »Was sind Ihre Befehle, Capt’n?«, fragte der Junge am Steuer noch einmal.
    »Wie heißt du?«
    »Baldwin.«
    »Ich bin Thursday. Thursday Next.«
    »Freut mich, Capt’n Next.«
    »Hast du meinen Namen schon mal gehört? Weißt du, was Jurisfiktion ist?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Na gut. Sag mal, Baldwin, kennst du dieses Schiff gut?«
    »In- und auswendig«, antwortete er stolz.
    »Gibt es irgendwo eine KernKammer?«
    »Nich’ dass ich wüsste.«
    Also waren wir nicht in einem veröffentlichten Werk.
    »Und wie sieht es mit einer Storycode-Maschine an Bord aus?«
    Er runzelte die Stirn und sah verwirrt aus. »Da is ‘n ganz normaler Maschinenraum. Ich weiß nix von keinem Storycode .«
    Ich kratzte mir den Kopf. Ohne Storycode-Maschine waren wir entweder in der Nonfiktion oder irgendwo in der Mündlichen Überlieferung. Das waren die etwas positiveren Möglichkeiten, denn ich konnte auch in einer vergessenen Geschichte sein, in der unverwirklichten Idee eines toten Autors oder sogar in einer handgeschriebenen Kurzgeschichte, die irgendwo in einer Schreibtischschublade steckte – in der Dunklen Lesematerie.
    »Welches Jahr haben wir?«
    »Frühling 1932, Capt’n.«
    »Und der Zweck dieser Reise?«
    »Das weiß doch so jemand wie ich nich’, Capt’n.«
    »Aber irgendwas muss doch vor sich gehen!«
    »Das schon«, sagte er mit größerer Sicherheit. »Da sind ganz klar Sachen im Gange.«
    »Was für Sachen?«
    » Schwierige Sachen, Capt’n.«
    Wie als Antwort auf seine rätselhafte Bemerkung rief jemand meinen Namen. Ich ging auf die Backbordseite der Brücke hinaus, und ein Deck unter mir erblickte ich einen Mann in der Uniform des Ersten Offiziers. Er war Mitte fünfzig und wirkte kultiviert, aber merkwürdig fehl am Platz, als hätte sein Dienst bei der Handelsmarine den Zweck, ihn von Problemen zu Hause fernzuhalten.
    »Captain Next?«, sagte er.
    »Ja, gewissermaßen.«
    »Erster Offizier William Fitzwilliam, stehe zu Diensten, Ma’am. Wir haben ein Problem mit den Passagieren.«
    »Können Sie sich nicht darum kümmern?«
    »Nein, Ma’am. Sie sind der Kapitän.«
    Ich stieg hinunter und traf am Fuße des Niedergangs auf Fitzwilliam. Er führte mich in die holzgetäfelte Offiziersmesse, wo drei Personen auf uns warteten. Der erste Mann stand mit verschränkten Armen steif da und sah aus, als wäre er gekränkt. Er war gut gekleidet, trug einen schwarzen Cut und auf seiner Nasenspitze saß ein kleiner Kneifer. Die anderen beiden waren offensichtlich ein Ehepaar. Die Frau sah nicht gerade gesund aus, sie war unnatürlich blass und hatte wohl geweint. Ihr Mann tröstete sie und warf dem anderen Mann hin und wieder einen bösen Blick zu.
    »Ich habe viel zu tun«, sagte ich zu ihnen. »Was ist das Problem?«
    »Mein Name ist Langdon«, sagte der Ehemann und rang die Hände. »Meine Frau Louise leidet am Zachary-Syndrom und ohne das richtige Medikament wird sie sterben.«
    »Es tut mir sehr leid, das zu hören«, sagte ich, »aber was kann ich dagegen tun?«
    »Der Mann dort hat das Heilmittel!«, rief Langdon und zeigte anklagend mit dem Finger auf den Mann mit dem Kneifer. »Aber er weigert sich, es an mich zu verkaufen!«
    »Ist das wahr?«
    »Mein Name ist Dr.

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