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Irgendwo ganz anders

Irgendwo ganz anders

Titel: Irgendwo ganz anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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umgeleitet und damit neutralisiert. Die Bewohner des Planeten merken meist gar nichts davon – und das ist auch besser so.
    Die ChronoGarde hatte ihr Regionalbüro im alten SpecOps-Gebäude, wo ich früher für SO–27, die LitAgs, gearbeitet hatte. Es war ein nüchterner deutscher Zweckbau, der schon wesentlich bessere Tage gesehen hatte. Landen und ich gingen direkt in den ehemaligen großen Debriefing-Saal. Friday schlurfte gelangweilt hinter uns her, seine Hände steckten tief in den Taschen und sein Kopf nickte im Rhythmus der Musik aus seinem Walkman. Da es sich um die ChronoGarde handelte, hatten sie natürlich bereits eine Namensliste aus dem Formular erstellt, das wir am Ende der Beratung ausgefüllt hatten. Alles war so weit in Ordnung, bis ein Ehepaar mit einem pickligen Sohn vor uns sich beschwerte, weil ihr Name nicht auf der Liste stand.
    »O je, das tut mir leid«, sagte die Frau am Anmeldungstisch entschuldigend. »Wie es scheint, bleiben Sie gar nicht bis zum Ende der Veranstaltung, deshalb konnten wir Sie bei der Anmeldung nicht berücksichtigen. Sie werden bei der nächsten Beratung in sechs Monaten noch einmal herkommen müssen.«
    Der Vater des pickligen Jungen kratzte sich einen Moment lang den Kopf, wollte erst noch etwas sagen, ging dann aber weg, wobei er sich heftig mit seiner Frau stritt.
    »Mr und Mrs Parke-Laine-Next und ihr Sohn Friday«, sagte ich zu der Empfangsdame, die ein paar Sekunden lang blinzelte, Friday mit offenem Mund anstarrte, dann aufsprang, schüchtern lächelte und hektisch zu plappern anfing.
    »Mr Next – Friday – wie geht es Ihnen? Ich habe mir schon immer gewünscht, Sie wieder mal kennenzulernen. Darf ich Ihnen die Hand schütteln und Ihnen – zu Ihrem – gratulieren –«
    Sie hielt abrupt inne, weil sie merkte, dass sie ein bisschen voreilig war und sich zum Narren machte, hüstelte verlegen, strich sich den Rock glatt und setzte sich wieder.
    »Entschuldigen Sie. Herzlich willkommen bei unserer Präsentation. Hier sind Ihr Namensschild und Ihre Broschüren. Wenn Sie schon mal Platz nehmen wollen ... Mr Scintilla wird gleich bei Ihnen sein.«
    Wir setzten uns brav in den Vortragssaal. Friday lümmelte sich so gelangweilt auf seinen Plastiksessel, dass ich ihn bitten musste, sich ordentlich hinzusetzen. Das passte ihm zwar überhaupt nicht, aber er richtete sich trotzdem ein bisschen auf.
    »Was sollen wir hier überhaupt?«, fragte er. »Warum ausgerechnet die Zeitindustrie? Warum kann ich nicht Klempner oder so etwas werden?«
    »Dein Großvater war auch bei der ChronoGarde.«
    »Jaja«, knurrte er. »Und was ist aus ihm geworden?«
    Landen und ich warfen uns einen betroffenen Blick zu. Friday hatte leider recht. Am Ende feststellen zu müssen, dass man nie existiert hatte, war kein erfreuliches Ergebnis einer langen Karriere.
    »Hallo!«, sagte ein jugendlich aussehender Mann in der blassblauen Uniform der ChronoGarde, der bis eben noch damit beschäftigt gewesen war, die vorhergehende Gruppe aus dem Saal zu geleiten. »Mein Name ist Captain Bendix Scintilla, ich bin der Leiter der Rekrutierungsabteilung der ChronoGarde. Ich möchte Sie alle bei dieser Karriereberatung willkommen heißen und hoffe, dass meine kurzen Ausführungen Ihnen einen Überblick darüber geben, was wir getan haben werden, ich meine hatten, nein, tun. Na, wie auch immer, es geht mir vor allem um zwei Dinge. Zweitens, Sie davon zu überzeugen, dass eine Karriere in der Zeitindustrie eine aufregende Perspektive für unseren Nachwuchs ist, und erstens, mal ein bisschen aus dem Zeitnähkästchen zu plaudern und ein paar weit verbreitete Irrtümer und Mythen auszuradieren. Wie ich schon sagen werde, ist mein Name Bendix Scintilla, und ich wurde am 16. März 3291 gestorben. In meiner persönlichen Zeit bin ich dreiundzwanzig Jahre alt, ich habe siebenhundertsechsundzwanzig Dienstjahre hinter mir, und Sie begegnen mir während siebenundzwanzig Prozent meines Lebens.«
    Er lächelte und merkte offenbar gar nicht, dass er ziemlich unverständlich daherredete. Ich war an diese Ausdrucksweise gewöhnt, aber der Rest des Publikums kratzte sich den Kopf und warf sich fragende Blicke zu. Bendix hielt eine etwa einen Meter lange, gelbe Plastikstange hoch, die an den Enden wie eine Kugel geformt war.
    »Weiß jemand, was das ist?«, fragte er.
    Die Zuhörer schwiegen. Daher drückte er die Stange der nächsten Familie in die Hand und bat sie, diese weiterzugeben. »Wer die Antwort weiß, kriegt

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