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Irgendwo ganz anders

Irgendwo ganz anders

Titel: Irgendwo ganz anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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nur daran denken konnte, sich zu beschweren, hatte ich ihn ihr über den federlosen Körper gestreift.
    Landen und ich schauten sie von allen Seiten prüfend an, um zu sehen, ob das nun eine Verbesserung darstellte oder nicht.
    »Sieht aus, als wäre sie dem Cornish-Blue-Töpferwaren-Katalog entsprungen«, sagte Landen schließlich.
    »Oder wie eine sehr große Lakritzmischung«, fügte ich hinzu.
    Pickwick sah uns mürrisch an, bis ihr plötzlich auffiel, dass ihr nicht mehr so kalt war. Daraufhin sprang sie vom Küchentisch und trottete den Korridor hinunter zum Garderobenspiegel. Der war allerdings ein wenig zu hoch an der Wand angebracht, und so verbrachte sie die nächste halbe Stunde damit, davor auf und ab zu hüpfen, um ein Bild von sich zu erhaschen.
    »Hi, Mum«, sagte Friday, als er die Treppe herunterkam. Er sah fast schon präsentabel aus.
    »Hallo, Schnuckiputz«, sagte ich und überreichte ihm die CD, die mir Polly gegeben hatte. »Ich hab dir was mitgebracht: eine Demo-Aufnahme von Hosing the Dolly. Hör dir mal das Gitarren-Riff in der zweiten Nummer an.«
    »Cool« , erwiderte Friday, auf die übliche Mich-beeindruckt-nie-etwas-Tour sichtlich beeindruckt. »Wo hast du denn die her?«
    »Ach, weißt du«, sagte ich beiläufig. »Ich hab ein paar Freunde in der Musikindustrie. Ich war nicht immer bloß die langweilige alte Mama, weißt du.«
    »Polly hat sie dir gegeben, nicht wahr?«
    Ich seufzte. »Stimmt. Können wir gehen?«
    Landen und ich machten uns auf den Weg zur Tür.
    Friday war stehen geblieben. »Muss ich wirklich da hin?«
    »Du hast es versprochen. Und bis zur nächsten Berufsberatung der ChronoGarde sind es sechs Monate.«
    »Ich will aber nicht in der Zeitindustrie arbeiten.«
    »Hör mal«, sagte ich, und meine Stimme wurde schriller. »Ich verliere jetzt bald die Geduld. Schwing deinen faulen Arsch aus der Tür – und zwar pronto!«
    Er wusste, dass es keinen Sinn hatte, mit seiner Mutter zu streiten, wenn sie mal wütend war.
    Landen schlug an die Wand zur anderen Hälfte des Doppelhauses, und eine Minute später stand unsere Nachbarin, Mrs Berko-Boyler, bei uns vor der Tür. Sie trug einen gesteppten rosa Morgenrock und Lockenwickler im Haar.
    »Guten Abend, Mrs Berko-Boyler«, sagte ich.
    »Wie meinen Sie das?«, fragte sie schnarrend. »Was soll an diesem Abend schon gut sein?«
    »Wir werden ungefähr eine Stunde lang weg sein«, erklärte Landen, der im Umgang mit unserer hochgradig volatilen, aber sehr hilfreichen Nachbarin weitaus geschulter war als ich.
    »Wissen Sie, wann Mr Berko-Boyler mich das letzte Mal ausgeführt hat?«, fragte sie und sah uns alle drei wütend an.
    »Keine Ahnung.«
    »Am Samstag –«
    »Naja, das ist ja noch nicht so lange her –«
    »– am Samstag, den sechsten Oktober 1983«, sagte sie voller Empörung, zog verächtlich die Nase hoch und schlurfte an uns vorbei ins Wohnzimmer, wo sie sich auf die Couch fallen ließ. »Neunzehn Jahre ist das jetzt her. Könnte kotzen, wenn ich dran denke, das kann ich euch sagen! Hallo, Tuesday«, fuhr sie dann etwas freundlicher fort, »wo ist deine Schwester?«
     
    Schweigend gingen wir zur Straßenbahnhaltestelle hinunter. Fridays Desinteresse an der ChronoGarde war nicht nur ärgerlich, sondern vor allem auch überraschend . Nach dem historischen Standardverlauf der Ereignisse hätte Friday schon vor drei Jahren Mitglied im Junior-Time-Scout-Programm werden müssen, hatte das aber versäumt, obwohl wir und die ChronoGarde uns alle Mühe gegeben hatten. Zwingen konnten wir ihn aber nicht – die Zeit war der Klebstoff des Universums, und man musste sehr behutsam damit umgehen. Wenn man das Schicksal erzwingen wollte, zwang es einen manchmal auf sehr unangenehme Weise zurück. Er musste der ChronoGarde beitreten, aber es musste seine eigene Entscheidung sein. Wie auch immer man es betrachtete: Die Zeit war aus den Fugen.

14.
    Die ChronoGarde
    SpecOps–12 ist die ChronoGarde, die im Auftrag der Regierung für den korrekten Ablauf der Zeit sorgt. Vor allem muss sie die Ordnung der Geschichtlichen Ereignisse (OGE) gewährleisten und durch regelmäßige Patrouillen ungenehmigte Veränderungen des Zeitstroms unmöglich machen. Ihre Leistungen werden praktisch nie wahrgenommen, denn die Vergangenheit erscheint jederzeit so, als wäre sie schon immer so gewesen. Praktisch jede Woche kommt es zu Katastrophen, die den gesamten Erdball gefährden, sie werden aber von geschulten Beamten der ChronoGarde sofort

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