Irische Hochzeit
er einen Platz auf offenem Feld aus, wo Isabel nicht weglaufen konnte. Er hob sie herunter. „Ruht Euch einen Moment aus, und stillt Euren Durst. Füllt das hier am Fluss. Dann reiten wir weiter.“
Sie nahm den Wasserschlauch. „Warum habt Ihr mich geheiratet?“ Augen von der Farbe polierten Walnussholzes schauten ihn fest an. „Ihr sagtet, das Leben Eures Volkes hinge von dieser Heirat ab?“
Sie vergoss weder Tränen, noch schrie sie. Ruhig und nachdenklich begegnete sie seinem Blick.
„Als Euer Vater unsere Burg eroberte, wart Ihr Teil der Kapitulationsbedingungen. Er schwor, alle Überlebenden zu töten, wenn ich Euch nicht heirate.“
Isabel erbleichte. „Ich glaube nicht, dass er das wirklich getan hätte.“
Patrick wusste nicht, welche schützenden Mauern ihr den Blick auf die Wahrheit verstellt hatten, doch er weigerte sich, Edwin de Godreds Handlungen zu beschönigen. „Ihr könnt es ruhig glauben.“
Unsicher ging sie eine paar Schritte auf den Fluss zu. Patrick bezweifelte, dass sie an lange Ritte gewöhnt war. Wäre sie irgendeine andere Frau gewesen, hätte er für die Nacht einen Halt eingelegt.
Aber sie war nicht irgendeine Frau. Sie war eine von seinen Feinden und man durfte ihr nicht trauen. So lange er sich auf englischem Boden befand, konnte er nicht wissen, ob Thornwyck sich an ihre Abmachung hielt. Vielleicht litt sein Volk in diesem Augenblick. Vierzig normannische Kämpfer hielten es gefangen.
Er hatte keine Lust, seine Zeit mit Hochzeitsfesten oder der Hochzeitsnacht zu verbringen. Je eher sie Eíreann erreichten, desto besser.
Patrick kniete sich am Fluss nieder und schöpfte das kalte Wasser an seine Lippen. Nicht weit von ihm saß Isabel, die Hände im Schoß gefaltet. Der Wind spielte mit ihrem Schleier, ab und zu zeigten sich goldblonde Locken. Die braunen Augen leuchteten in dem Gesicht mit den hohen Wangenknochen und den vollen Lippen. Einen Augenblick lang empfand Patrick fast Mitleid mit ihr. Keine Frau sollte eine Heirat wie diese ertragen müssen.
Sie gab ihm den Wasserschlauch. „Wie soll ich Euch nennen? Mein König? Mein Hoher Herr?“
„Patrick reicht.“ Es war erst ein Jahr her, dass er den Rang eines Kleinkönigs besaß und über seinen eigenen Stamm regierte. Immer noch hatte er sich nicht daran gewöhnt, der Anführer zu sein. Er wusste nicht, wie sein Vater diese Verantwortung so mühelos hatte schultern können. Er selbst hinterfragte jede Entscheidung, die er traf, besonders das Abkommen mit Lord Thornwyck.
„Ihr verspracht mir meine Freiheit. Habt Ihr vor, sie mir jetzt zu geben?“
Er schüttelte den Kopf. „Erst wenn wir Eíreann erreichen. Ich gebe Euch mein Wort.“
„Und ist Euer Wort überhaupt etwas wert?“
Er verschränkte die Arme. Langsam verstand er, warum Thornwyck ihm seine Tochter als Teil des Abkommens angeboten hatte. „Seid Ihr immer so schwierig?“
„Immer.“
Ihre Unverblümtheit ließ ihn beinahe lächeln. „Gut. Eine Frau ohne Rückgrat kann ich nicht brauchen.“ Wieder hob er sie auf den Rücken des Hengstes. In Isabels Gesicht blitzte kurz Verärgerung auf, doch sie beklagte sich nicht.
Sie besaß Mut, das musste er zugeben. Auch wenn er nie vergessen würde, was ihre Leute den Seinen angetan hatten. Schlimmer noch, die Heirat war nur ein Teil des Friedensabkommens. Der Rest des Vertrags ließ Sklaverei verlockend erscheinen. Der Preis, den er für das Leben seines Volkes bezahlt hatte, war viel zu hoch.
Während er sein Pferd vorwärtstrieb, konnte er nur beten, dass sein Stamm ertragen würde, was ihm bevorstand.
Isabel klammerte sich an die Hoffnung, dass diese unschickliche Heirat irgendwie nicht wirklich bindend war. Sie war zu klug, um eine Flucht zu versuchen. Ohne eigenes Pferd und Proviant würde sie nicht überleben. Außer, sie fand jemanden, der ihr half.
Doch wer? Edwin de Godred hatte klar zu verstehen gegeben, dass er diese Verbindung wünschte. Es schien ihn nicht zu kümmern, dass seine jüngste Tochter jetzt an einen Fremden gebunden war und dazu noch an einen unkultivierten.
Warum hatte sie nur je zugestimmt? Sie hätte auf ihr Gefühl hören sollen und nicht auf Patricks Märchen von gefangenen Frauen und Kindern.
Mittlerweile ritten sie durch einen Wald. Der Weg schlängelte sich durch welkes Laub. Prächtige Eichen und Ebereschen säumten den Pfad, und ihre Zweige verwoben sich hoch über ihnen zu einem Dach. Die Landschaft ihrer Heimat lag hinter ihnen, ging über in ein Meer aus
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