Irische Liebesträume
Augenbrauen verliefen in einer fast geraden Linie, die Nase war gerade, der Mund schön und der Blick seiner blauen Augen amüsiert und spöttisch. Es war ungerecht, dass ein Mann so attraktiv sein konnte. So anziehend. Als sie merkte, dass sie ihn ziemlich lange angeschaut hatte, blinzelte sie und fragte rasch: “Haben Sie Ihren Auftrag erledigt?”
“Ja. Wir könnten jetzt zu Mittag essen und uns dann das Dorf ansehen. Was halten Sie davon?” Es klang, als würde es nichts Schöneres auf der Welt geben.
“Oh ja, gern”, sagte sie heiser. Verlier bloß nicht den Kopf, Ellie, warnte sie sich. Er spielt mit dir. Das weiß er und glaubt, du würdest umgekehrt mit ihm spielen. Sie hakte sich bei ihm unter, und beide gingen los.
Als Ellie und Feargal den Pub verließen, peitschte der Regen über die in der Ferne liegende Bergkette und ließ ihre Umrisse nur verschwommen erkennen. Feargal nahm Ellies Hand in seine und schob sie in seine Tasche, dann sagte er leise: “Erzählen Sie mir etwas über sich, Elinor Browne.”
“Da gibt es nicht viel zu erzählen”, antwortete sie genauso leise, denn sie fürchtete, sonst den Zauber zu lösen, der sie gefangen hielt.
“Wie lange ist es her, seit Sie die Schule verlassen haben?”, fragte Feargal mit einem faszinierenden Lächeln.
Ellie sah ihn an und fragte amüsiert zurück: “Meinen Sie die Schule oder die Universität?”
Feargal blieb stehen und rief erstaunt aus: “Universität? Sie waren doch niemals auf der Universität. Sie sehen so jung aus, als hätten Sie die Oberstufe noch nicht abgeschlossen.”
“Ich weiß”, stimmte Ellie zu.
“Also, wie alt sind Sie, Ellie?”
“Fünfundzwanzig.”
“Fünfundzwanzig”, wiederholte er leise. “Und was haben Sie studiert?”
“Englisch.”
“Mit Abschluss?”
“Ja.”
“Und was möchten Sie einmal machen?”
“Die Natur vor dem Aussterben bewahren”, sagte sie einfach. “Die Wale, Delphine, Wälder …”
“Ja, es ist Zeit, dass jemand das tut. Und hier haben wir die Ruine des King John’s Castle.”
“Sprechen Sie von unserem King John?”, fragte Ellie überrascht und sah auf die Burgruine, von der aus man den Blick über die Bucht hatte.
“Ja. Offensichtlich besuchte er Carlingford oder, genauer gesagt, Cathair Linn, wie es einmal genannt wurde. Angeblich ließ er ein Schloss bauen, um die wilden Uig Meith, die in dieser Gegend lebten, zu beeindrucken und einzuschüchtern.”
“Du meine Güte! Wir Engländer müssen unsere Nase aber auch immer in anderer Leute Angelegenheiten stecken.”
“Nicht nur die Engländer.” Feargal lachte. “Wir hatten auch die Normannen und die Dänen hier zu Besuch.”
Er nahm die Hand aus der Tasche, ließ ihre darin, legte Ellie den Arm um die Schultern und zog sie fest an sich. Sie empfand seine körperliche Nähe und Wärme als angenehm und fragte sich, was er wohl sagen würde, wenn er es wüsste. Sie amüsiert ansehen, vermutete sie.
Sie gingen die abbröckelnden Steinstufen hinauf, versuchten, durch die Gitterstäbe eines Geländers hindurch etwas zu erkennen, und kehrten zurück zu dem schmalen Kai.
“Bei schönem Wetter hat man von hier eine großartige Aussicht”, sagte Feargal, während sie den Blick über die graue Wasserfläche schweifen ließen. “Wenn die Sonne über der Bucht steht und die Berge klar und scharf zu erkennen sind, hat man von oben eine wunderbare Aussicht.”
“Ja”, stimmte Ellie zu, denn selbst an einem tristen Tag wie heute, an dem Regenschleier Berge und Bucht verdeckten, war es schön.
Den Arm immer noch um ihre Schultern gelegt, führte Feargal Ellie zu Taffe’s Castle, einem alten Bergfried aus dem sechzehnten Jahrhundert. Als sie die Mint, einen befestigten Bau aus dem fünfzehnten Jahrhundert, erreichten und die Überreste von Carlingford Abbey, einer ehemaligen Abtei, fing es erst richtig heftig an zu regnen. Feargal drängte Ellie, schneller zu gehen, und eilte mit ihr über einen Hof und in einen kleinen Kunstgewerbeladen.
“Warten Sie hier im Trockenen. Ich werde den Wagen holen.”
“In Ordnung.”
Feargal hing das Haar, das länger als ihr eigenes war, triefnass ins Gesicht und in den Nacken, und Ellie lächelte. “Sie sind ja völlig durchnässt.”
“Sie vielleicht nicht?” Er ließ die Finger zärtlich über ihre nasse Wange gleiten, fing die Regentropfen wie Tränen auf und blickte ihr dabei tief in die Augen. Dann seufzte er, schüttelte leicht den Kopf, drehte sich um und ging
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