Irische Liebesträume
zeigte.
“Ich weiß sehr gut, für wen sie sind”, stieß er hervor, und jetzt erst merkte Ellie, wie gefährlich er sein konnte. Von dieser Seite hatte sie ihn noch nicht kennengelernt. Es war, als wäre ein Licht in ihm erloschen. Rasch wandte sie den Blick ab und sah seine Mutter an. Sie wirkte erschrocken und resigniert. Warum? Was war so Schreckliches an diesen Briefen? Soweit sie wusste, waren sie das Ergebnis einer harmlosen Freundschaft. Weshalb also war Feargal so verärgert? Und seine Mutter so verängstigt? Offensichtlich kannte er David Harland. Aber warum machte ihn das so wütend? Gut, er wusste jetzt, warum sie gekommen war – nicht, um ihm zu folgen, wie er gedacht hatte, sondern um die Briefe abzugeben. Aber das erklärte noch lange nicht seine maßlose Wut.
“Ich verstehe überhaupt nicht, was los ist”, sagte Ellie ruhig. “Es sind nur Briefe.”
“Nur?”, fragte er eisig.
“Ja. Möchtet ihr euch unter vier Augen darüber unterhalten? Soll ich gehen?”
Er sah sie so hasserfüllt an, dass sie unwillkürlich einen Schritt rückwärts machte. “Was ist los?”, flüsterte sie.
“Was glaubst du wohl?”, fragte er zornig.
“Ich weiß es nicht.”
“Du weißt es nicht? Wie seltsam. Schon wieder so ein Zufall, nicht wahr, Ellie?”
“Ja, ich habe es doch schon gesagt. Ich kannte nur den Namen. Ich wusste nicht, dass sie hier lebt. Auf den Briefen steht keine Adresse. Sieh selbst nach, wenn du mir nicht glaubst”, fuhr sie ihn verärgert an. “Nur Slane ist angegeben. Und ich verstehe überhaupt nicht, warum du so ungehalten bist. Es sind doch nur ein paar Briefe, von denen ich dachte, dass deine Mutter sie gern haben würde.”
“Oh, da bin ich mir ganz sicher”, bemerkte er mit beißendem Spott.
Ellie schaute seine Mutter an und flüsterte beunruhigt: “Was habe ich getan?”
“Wie bist du an die Briefe gekommen?”, fragte Feargal.
“Großvater hat sie mir gegeben.”
“Und wie viel willst du?”
“Wollen?”
“Ja. Wollen”, erwiderte er bissig. “Geld, Miss Browne.”
“Wofür? Ich verstehe nicht, wovon du redest.”
“So ein liebes kleines Gesicht”, spöttelte er mit eisigem Blick. “Wie geschaffen für Erpressung.”
“Erpressung?”, wiederholte sie erschrocken. “Was für eine Erpressung?”
Er blickte sie angewidert an, beugte sich nach vorn und warf das ganze Paket ins Feuer.
“Nein, um Himmels willen, Feargal! Damit machst du nichts besser.” Mrs. McMahon ging an den Kamin und versuchte verzweifelt, die Briefe zu retten.
“Du willst sie tatsächlich behalten?”, fragte er ungläubig. “Nach dem ganzen Ärger …?”
“Ja. Natürlich will ich das. Oh Feargal, bitte!”, flehte sie aufgewühlt.
Er nahm den Schürhaken und schob die Briefe schnell zur Seite. Dann trat er mit dem Stiefel die winzigen Flammen aus, bevor sie weiter auflodern konnten. Zu Ellie gewandt, sagte er gefährlich ruhig: “Diese ganze Woche über hast du dich verstellt mit deinem lieben, freundlichen Getue. Und heute, wo ich dachte, du würdest schweren Herzens von hier abreisen, hast du dir diese kleine Überraschung ausgedacht. Warum hast du die Briefe nicht mir gegeben? Du hattest oft genug Gelegenheit dazu. Warum meiner Mutter? Was um Himmels willen hat sie dir getan?”
“Nichts …”
“Nein, nichts. Warum willst du ihr wehtun?”
“Ihr wehtun? Weshalb sollte ich ihr wehtun wollen?”
Ellie, die überhaupt nichts mehr verstand, blickte von einem zum andern. “Ich begreife nicht, warum du so wütend bist”, wiederholte sie hilflos. “Ich dachte, deine Mutter hätte diese Briefe gern. Ich dachte …”
“Du dachtest, es sei eine gute Gelegenheit, an Geld zu kommen und dich zu rächen”, widersprach er. “Hat er sie dir nicht deswegen gegeben?”
“Großvater? Nein. So etwas hätte er niemals getan. Er gab sie mir kurz vor seinem Tod und bat mich …”
“Er ist tot?”, fiel Mrs. McMahon ihr sichtlich betroffen ins Wort.
“Ja, leider. Er starb vor einigen Monaten.”
“Vermutlich hatten deine Großmutter, deine Eltern und weiß Gott wer sonst noch alles diese Briefe in den Händen”, tobte Feargal los.
“Nein, natürlich nicht. Ich habe sie bekommen, und ich habe sie keinem anderen Menschen gezeigt. Großvater bat mich, sie zusammen mit der kleinen Figur zurückzugeben, weil er glaubte, deine Mutter würde sie gern haben. Und das habe ich getan. Was also habe ich falsch gemacht? Weshalb diese Aufregung? Oh Mrs. McMahon, es tut mir so
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