Irische Liebesträume
der Ohrringe, mein Lieber”, versetzte sie sarkastisch, “wegen meiner Ohrringe, die ich Mutter bei meinem letzten Besuch ausgeliehen hatte.”
“Und dabei hast du die Notiz gefunden?”
“Ja. War es nicht gut, dass Ellie gerade hier war, um die Dinge zu klären?”
“Es gibt nichts zu klären. In den Briefen stand nichts, was du nicht schon wusstest”, sagte Feargal.
“Warum hat sie sie dann gebracht?”
“Das weiß ich nicht. Warum fragst du sie nicht selbst?”
Phena drehte sich zu Ellie um: “Nun?”
Ellie seufzte und antwortete steif: “Weil Großvater mich darum gebeten hatte.”
“Hatte er vielleicht auch eine kleine Nachricht für mich, seine verloren geglaubte Tochter?”
“Nein.”
“Nein”, wiederholte sie. “Warum sollte ich auch etwas anderes erwarten? Alle wussten von den Briefen, nur ich nicht. Und hätte nicht gerade ich als Erste davon erfahren sollen? Aber nein. Lasst Phena von den Briefen nichts wissen! Tun wir so, als würde es sie nicht geben. Keiner, kein Einziger von euch hatte den Mut, es mir zu sagen.”
Feargal ging zu seiner Schwester hinüber und legte ihr sanft die Hand auf die Schulter. “Es gab nichts zu sagen”, erwiderte er ruhig.
“Nichts zu sagen?!”, rief sie erstaunt aus und schüttelte heftig seine Hand ab. “Wo eindeutig feststeht, dass er mein Vater ist!” Sie ergriff Ellies Handgelenk. “Haben Sie eine Ahnung, wie man sich dabei fühlt, ein Niemand zu sein?”
“Aber Sie sind wer”, widersprach Ellie.
“Nein. Ich fühle mich nirgendwo zu Hause. Doch Sie, Ellie, nicht wahr? Die kleine Ellie Browne hat ein Zuhause. Und jetzt hofft sie, ein neues zu finden. Nämlich hier.”
“Nein.”
“Nein? Sie sind nicht hinter meinem hübschen, reichen Bruder her?”, spöttelte sie. “Oder haben Sie es nur auf sein Geld abgesehen? Beeilen Sie sich, Ellie. Er ist sehr gefragt. Er hat viel Land, bei profitablen Geschäften immer die Hand im Spiel, besitzt Rennpferde, und natürlich wirkt er ungeheuer anziehend auf Frauen. Und obwohl ich nicht so gehässig bin zu unterstellen, dass Frauen aus eigennützigen Gründen hinter ihm her sind, ist es in neun von zehn Fällen wahrscheinlich der Fall.”
Abscheu und Entsetzen spiegelten sich auf Ellies Gesicht wider, als sie Phena ansah. Dann drehte Ellie sich zu Feargal um, um festzustellen, wie er diese beleidigenden Äußerungen aufgenommen haben mochte. Zu ihrem Erstaunen sah er nicht wütend aus, sondern fast traurig. Hatte die Gehässigkeit seiner Schwester ihn mehr verletzt, als ihre Beschuldigungen es getan hatten?
“Ich bin hinter gar nichts her”, sagte Ellie. “Und ich finde es ziemlich traurig, dass ihr beide mir so schlechte Absichten unterstellt. So argwöhnisch zu sein, muss das Leben sehr kompliziert machen.”
“Kompliziert? Oh, kompliziert, wie wahr! Das ist es schon immer gewesen. Und ungerecht.”
“Nur, weil Sie es zugelassen haben. Und Sie können nicht wirklich glauben, dass Frauen Ihren Bruder nur wegen seines Geldes …”
“Sei still!”, befahl Feargal eisig. “Du brauchst mich nicht zu verteidigen.”
“Und du dich vermutlich auch nicht. Aber du kannst nicht erwarten, dass ich einfach hier stehe und …”
“Ich erwarte nur, dass du schweigst. Weiter, Phena.”
Das Gesicht vor Wut und Bitterkeit verzogen, fuhr sie ihren Bruder an: “Hat es sich jetzt schon überall im Dorf herumgesprochen, dass – oh, wie schön! – die McMahons eine nette kleine Verwandte haben, kicher, kicher?”
“Nein. Niemand weiß es. Niemand außer mir”, rief Ellie. “Und ich bin keine Verwandte.” An Feargal gewandt, sagte sie verzweifelt: “Erklär es ihr.”
“Was soll ich ihr erklären? Dass du keine kleine Betrügerin bist, die es aufs Geld abgesehen hat? Dass du nicht hier bist, um jemanden zu erpressen, nicht gelogen hast? Oder dass du keine Verwandte bist?”
Als sie ihn ansah, spiegelten sich in ihrem Blick ihre ganze Traurigkeit und ihr Schmerz wider. Hegte denn jeder in der Familie Misstrauen? Oder nur Feargal und seine Halbschwester? Sie war ganz blass, als sie flüsterte: “Nichts von all dem ist wahr. Du weißt, dass es so ist.”
“Hat Ihre Großmutter ihren Segen dazu gegeben?”, fragte Phena giftig und lenkte die Aufmerksamkeit wieder auf sich.
“Großmutter? Was hat sie denn damit zu tun?”
“Oh, eine ganze Menge, denke ich. Sie hat mir verweigert, meinen Vater zu sehen.”
“Was?”
“Oh ja. Tun Sie nicht so, als wüssten Sie nichts
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