Iron Witch
aber es gelang mir, die Tür zu meinem Spind zu schließen, obwohl ich wusste, dass nicht die geringste Möglichkeit bestand, dass sie zubleiben würde. Ehrlich gesagt, war es mir auch egal. Ich brauchte nur einen Vorwand, um mich von dem elenden Ausdruck ihrer Gesichter abzuwenden. Die Tür hing herunter, schief und verloren in der Reihe gerade stehender Spinde.
Doch Melanie hatte noch immer nicht genug. Ich schaute mich verzweifelt um, hoffte auf ein Wunder, wie einen vorbeikommenden Lehrer, aber es schien nicht mein Glückstag zu sein.
Sie legte eine blasse, perfekt manikürte Hand mitten auf meinen Brustkorb und stieß mich gegen die Tür des Spinds. Ihre Fingernägel hatten die gleiche Farbe wie meine purpurfarbenen Handschuhe. »Halte dich von mir fern, Freak.«
Ich weiß nicht, ob es die Tatsache war, dass sie mich wieder Freak genannt hatte oder die langsame, übertriebene Art und Weise, wie sie mich schubste, oder ob noch immer Adrenalin durch mich hindurchschoss. Was immer es war, es führte dazu, dass etwas in mir überschnappte.
Ich bewegte mich so nah wie möglich, ohne auf ihre zarten Zehen zu treten, an sie heran.
»Du verstehst das falsch. Halte du dich gefälligst von mir fern.«
Ich drehte mich um, holte aus und schlug meine Faust, so fest es ging, in meinen Spind.
Die Tür fiel mit einem ohrenbetäubenden Krachen aus dem zertrümmerten Spind, der auf alle Ewigkeit zerstört war. Die kleine Gruppe Zuschauer rang kollektiv nach Luft, und es war mir ein Vergnügen zu sehen, wie Melanie mit vor Schreck geweiteten Augen ein paar Schritte zurückwich.
Ich ging auf sie zu.
»Das passiert dir, wenn du mich nicht in Ruhe lässt.« Ich drehte mich um und ging auf wackligen Füßen davon, und es war mir egal, dass die Menge sich vor mir teilte wie das Rote Meer. Es war mir auch egal, dass sie schockiert waren und Angst hatten.
In diesem Moment war mir nur wichtig, dass ich gewonnen hatte.
Drei
D onna lümmelte sich tiefer in den Sitz und starrte aus dem schmutzigen Fenster. Sie achtete kaum auf die am Bus vorbeiziehende Landschaft. Eigentlich wollte sie Maker heute nicht sehen, aber ihr Erlebnis mit Xan gestern Abend hatte sie ausreichend beunruhigt, um ihn ihre Hände und Arme untersuchen zu lassen.
Es war nie verkehrt, vorsichtig zu sein, obwohl es sich ganz falsch angefühlt hatte, an einem Sonntagmorgen so früh aufzustehen.
Sie fühlte sich ein klein wenig wie Cinderella, hatte es gestern Abend zwei Minuten nach Mitternacht nach Hause geschafft und sich dann todmüde und so leise wie möglich ins Haus geschlichen. Gott sei Dank schlief Tante Paige schon; Donna war froh, dass sie nicht aufgeblieben war.
Heute Morgen war ihre Tante spurlos verschwunden, sie fand nur einen Zettel, auf dem stand, dass man sie zu einem kurzfristigen Frühstückstermin gerufen hatte (sie entschuldigte sich dafür, an einem Sonntag zu arbeiten) und dass sie mittags zurück sein würde, damit sie noch etwas Zeit miteinander verbringen könnten. Immerhin bedeutete das, dass Donna ihr nicht erklären musste, wo sie hinfuhr.
Die spätherbstliche Sonne glitzerte auf den Busfenstern und zeichnete Muster auf das verschmierte Glas. Träge malte Donna die Formen mit ihren steifen Fingern, eingehüllt in violette Samthandschuhe, nach, während die Hauptstraße von Ironbridge an ihr vorbeizog. Ironbridge lag an einer Flussbiegung, und Donna hatte schon immer gefunden, dass Ironbridge als Miniaturausgabe von Boston durchgehen konnte. Für eine Kleinstadt war es ziemlich reizvoll.
Sie schloss ihre Augen, als sie die Schmerzen wieder spürte. Sie legte ihre in Handschuhen verborgenen Hände vorsichtig in ihren Schoß und wartete, bis der Krampf vorüberging. Vielleicht war es keine schlechte Idee Maker heute aufzusuchen. Obwohl Steifheit in ihren Händen nichts Ungewöhnliches war, vor allem wenn es kalt wurde, war dieser stechende Schmerz neu. Sie fühlte sich alt und müde, als hätte sie sich, viel zu jung, Arthritis eingefangen. Wenn Maker wusste, was gerade mit ihr passierte – was diese seltsamen Empfindungen auslöste –, könnte er es vielleicht beheben. Im Grunde genommen lag darin seine Bestimmung: Er reparierte Dinge.
Donna versuchte den Schmerz in ihren Knochen zu verdrängen und konzentrierte sich stattdessen auf die vorbeiziehenden Straßen. Ironbridge war für sie wie eine große Geschichte, ein Märchen voller Kniffe und Prüfungen und Monster, die im Schatten darauf warteten, einem alles, was einem lieb
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