Iron Witch
Warnsystem; sie hatte so was wie einen magischen Alarm ausgelöst, als sie die Büste vom Regal genommen hatte. Was trieb Simon Gaunt hier unten bloß? Der Kopf war ganz sicher nicht nur das Ergebnis einer alchemistischen Transformation, darauf hätte sie ihren Hintern verwettet.
Sie fuhr sich mit der Hand über den Mund und starrte weiter auf den stillen Klumpen Metall. »Was machen wir jetzt damit?«
Xan sah so angewidert aus, wie sie sich fühlte. »Ich habe nicht die leiseste Ahnung. Das ist dein Spezialgebiet, nicht meins.«
Sie zitterte. »Über so was weiß ich gar nichts.«
»Vielleicht sollten wir es zurückstellen –«
Er hatte die Worte kaum ausgesprochen, als sie gedämpfte Schritte auf der anderen Seite der Tür hörten.
»Mist!« Donna holte tief Luft und reagierte blitzschnell. Sie schnappte sich den Kopf und schmiss ihn praktisch zurück auf seinen ursprünglichen Platz. Dann suchte sie nach einem geeigneten Versteck für sich und Xan. Wenn jemand sie hier drin fand, wären sie so was von geliefert. Sie müsste Quentin Rede und Antwort stehen, und ihre Tante wäre entsetzt und enttäuscht – ganz zu schweigen davon, wie sie es finden würde, dass sie einem Halbblut-Kerl alchemistische Geheimnisse verraten hatte. Sie wollte sich nicht wirklich vorstellen, was Simon hierzu sagen würde; in die privaten Räume eines Alchemisten einzudringen und seine magischen Werkzeuge zu berühren, wäre in früheren Jahrhunderten ein Kapitalverbrechen gewesen. Die Strafen für solche Vergehen waren schwer.
Ihr Blick richtete sich auf die Nische des Oratoriums. Es war schon schlimm genug, unberechtigt im Labor zu sein, doch was sie jetzt vorhatte, war der größte aller Frevel – aber hatte sie denn eine Wahl?
Die Schritte kamen näher, und dann verstummten sie.
»Hier rein«, zischte Donna und schob Xan in den kleinen Raum.
Es blieb keine Zeit mehr, lange nachzudenken. Sie schlüpften durch den Vorhang und Donna zupfte die schweren Falten hinter sich so sorgfältig zurecht, wie es ihre zitternden Hände zuließen.
»Was ist das hier?«, flüsterte Xan.
»Ein Oratorium. Das müsste Simons Altar sein.« Donna nickte zu einem Holztisch. Außer ihnen war er das Einzige in dem beengten Raum. Sie versuchte ihr schlechtes Gewissen, das ihr mittlerweile Magenschmerzen bereitete, zu beruhigen.
Die Tür des Labors ging auf und wieder zu. Donna zuckte zusammen. Sie hatte sich an Xans Mantel geklammert, als ob sie sich darin verstecken könnte. Sie merkte, dass er seinen Arm um sie gelegt hatte, und trotz ihrer Angst entdeckt zu werden, fühlte es sich gut an … so sicher und behütet. Dieses Eingeständnis fiel ihr schwer, weil es ihr das Gefühl gab, dass sie es nötig hatte, beschützt zu werden. Sie wollte nicht das bedauernswerte Mädchen sein, das jedes Mal zu einem Kerl rennen musste, wenn sie Hilfe brauchte. Aber manchmal, und das begriff sie jetzt langsam, war es okay, Hilfe und Unterstützung anzunehmen. Es war auch schön, sich mal an jemandem außer Navin anzulehnen.
Bei diesem Gedanken kam ihr das Bild ihres erschöpften Freundes in den Sinn. Donna ging auf Abstand zu Xan und schaute sich um. Wer immer in dem anderen Raum war, er murrte leise vor sich hin und ordnete die Sachen auf der Werkbank. Sie war sich nicht sicher, ob es Simon war, aber es war sehr wahrscheinlich.
War er hier runtergekommen, weil er die schreiende Büste gehört hatte? Eigentlich war sein Schlafzimmer zu weit weg … Vielleicht hatte der Sekretär des Ordens einfach nicht schlafen können und darum beschlossen, eine Nachtschicht einzulegen.
»Wir müssen hier raus«, zischte Xan.
Wär ich jetzt nicht drauf gekommen , dachte Donna. Sie schenkte ihm keinerlei Beachtung und fing an, sich die sakralen Gegenstände auf dem Altar näher anzusehen. Außer einigen Medaillons mit alchemistischen Symbolen verschiedener chemischer Elemente und einem Behälter mit etwas, das aussah wie Salz, stand auf dem Altar ein kupferbeschlagener Kasten, ungefähr so groß wie die Schmuckschatulle ihrer Mutter.
Instinktiv wusste sie, dass es kein Schmuckkästchen war. Sie holte tief Luft und griff danach. Hatte sie genug Mut, um hineinzusehen? Tatsächlich, es war ein Brutschrank, ein solches Behältnis wurde üblicherweise dazu verwendet, Prima Materia zu lagern – die Ursubstanz, aus der das Universum entstanden ist.
Irgendwie schräg, dass Alma gerade diese Woche während einer ihrer Unterrichtsstunden über dieses Thema erzählt hatte. Oder
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