Iron Witch
Oratorium verschwanden, sammelte sie sich wieder.
»Bereit?« Sie formte das Wort mit den Lippen und heftete ihren entschlossenen Blick auf Xan.
Er nickte. Sie schossen unter der Werkbank hervor und rannten quer durch den Raum, dann durch die offene Tür und hinaus auf den Flur.
Achtzehn
D onna rannte weiter und hatte das Gefühl, als würde ihr Brustkorb gleich explodieren. Ihre Lungen brannten und ihre Beine fühlten sich an wie Blei. Aber mit angespannten Armen, die ihr zusätzlich Kraft beim Rennen gaben, kämpfte sie sich weiter voran, ohne zurückzuschauen, bis sie am anderen Ende des Durchgangs ankamen.
Xan stürmte als Erster durch die schmale Öffnung hinter der Standuhr und Donna folgte ihm dicht auf den Fersen. Dann warf er die Tür hinter sich zu. Donna zuckte unwillkürlich zusammen, als die uralten Getriebe und mechanischen Teile im Gehäuse der Uhr schepperten.
»Ups«, entschuldigte er sich.
Sie blitzte ihn an. »Du wirst noch alle aufwecken.«
»Na ja, solange es nicht noch einen zweiten geheimen Ausgang aus dem Geheimlabor gibt« – er zog seine Augenbrauen hoch – »kann der Typ mit den Hausschlappen nicht raus.«
Donna widerstand der Versuchung, mit den Augen zu rollen. »Als ob er nicht wüsste, wie man den Mechanismus von innen bedient. Es ist sein geheimes Labor.«
Xan zuckte mit den Schultern. »Wir sollten abhauen – wir haben, was wir wollten.«
Donna nickte und strich mit der Hand über die kleine Beule in ihrer Manteltasche. Sie musste sich vergewissern, dass es noch da war. Das Elixier! Sie konnte es noch immer nicht glauben. Sie kontrollierte, ob das Uhrengehäuse auch wirklich richtig eingerastet war und schaute sich dann das Ziffernblatt noch einmal an. »Verdammt«, zischte sie. »Guck dir das an, sie ist stehen geblieben.«
Blitzschnell stand Xan neben ihr. »Na klasse, und schau dir mal die Uhrzeit an. Kurz nach Mitternacht – genau der Zeitpunkt, an dem wir sie geöffnet haben.«
»Keine Zeit, sich jetzt Gedanken darüber zu machen.« Donna klappte ihr Handy wieder auf, um den Weg auszuleuchten, und rannte zum Ausgang der Bibliothek. Sie spähte in den Korridor, um sich zu vergewissern, dass auch wirklich niemand anderes da war.
Gerade als sie den Flur betreten wollte, hörte sie ein lautes Knacken im Obergeschoss.
Donna erstarrte vor Angst und ihr Herz pumpte wie ein Zylinderkolben. Sie musste tatsächlich darüber nachdenken, um wie viele Jahre diese Aktion hier wohl ihre Lebenserwartung verkürzt hatte, vorausgesetzt, sie würde diese Nacht überhaupt überleben.
Xan legte seine Hand auf ihre Schulter. »Jemand hat eine Tür zugeschlagen.«
»Was?«, fragte Donna schroff. Sie ermahnte sich, trotz ansteigender Panik ihre Stimme zu senken.
»Da kommt jemand die Treppe runter.«
Donna lauschte angestrengt. »Bist du sicher?«
»Absolut. Irgendjemand läuft da oben rum – hört sich an, als ob er erst ein paar Stufen rauf und jetzt wieder auf dem Weg nach unten ist.«
»Vielleicht will jemand nur runter in die Küche …«
Xan machte ein finsteres Gesicht. »Oder sie sind auf dem Weg hierher.«
Donna lief zu einem der Fenster und stieß es so weit wie möglich auf. »Hier rüber, schnell.«
»Was machst du da?«, zischte Xan.
»Wir müssen hier raus. Jetzt. «
Xan warf einen letzten Blick auf die Tür und kam dann ans Fenster. Er entriegelte die Fensterläden und klappte sie an die Außenwand des Hauses.
»Du zuerst«, sagte sie.
»Sei nicht blöd –«
Sie schubste ihn. Heftig. »Keine Zeit für Diskussionen. Du. Zuerst.« Sie blitzte ihn an und betonte dabei jedes einzelne Wort. Sie würde es auf keinen Fall zulassen, dass einer ihrer Freunde wegen ihr verletzt wurde – nie wieder.
Dann war auch schon ein heftiges Pochen hinter der Standuhr zu hören.
Xan fluchte und hievte seine Beine über den breiten Steinvorsprung. Obwohl sie sich im Erdgeschoss befanden, war es noch ein langer Weg bis unten. Das Fenster lag über einer Senke im Garten – die eigenartigerweise wie ein Burggraben aussah, Donna war das vorher noch nie aufgefallen.
Sie schaute Xan noch einmal in die Augen, bevor er in der Dunkelheit verschwand. Sie hatte ein ungutes Gefühl – als ob gleich etwas Schlimmes passieren würde, hatte aber nicht den blassesten Schimmer, was es sein könnte. Xan streichelte über ihre Wange und lächelte sie an. Dann drehte er sich um und war weg. Er schlitterte die grasbedeckte Böschung hinunter und landete mit einem lauten dumpfen Aufschlag.
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