Iron Witch
alchemistische Praktiken zu lesen.
»Dann ist das Ding sehr selten?« Xan ging langsam ein Licht auf.
»Genau!«, stimmte sie zu und nickte dabei so heftig, dass ihr Nacken wehtat. »Ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass es hier nur zur Deko eingebaut wurde.«
Das bedeutete, dass es hier unten etwas von dem Elixier geben musste. Donna ging zur Mitte des Labors und ließ ihren Blick über die gesamte Einrichtung schweifen. Sie überlegte, wo ein Magier etwas so Wichtiges verstecken würde. Wie war es dem Orden gelungen, ein so unglaubliches Geheimnis zu bewahren? Nationen führten Kriege für diese Art von Wissen und Macht.
Unzählige Menschen waren gestorben auf ihrer Suche nach ewigem Leben. Und ausgerechnet hier, in einem alten Hause am Stadtrand von Ironbridge, stand sie kurz davor, die womöglich größte Entdeckung aller Zeiten zu enthüllen.
Ihr Kopf schmerzte, wenn sie nur daran dachte.
Dann fiel ihr eine Werkbank in einer dunklen Ecke des Raumes auf. Sie war übersät mit allerhand interessant aussehenden Gegenständen. Sie stürmte hinüber und wühlte sich auf dem Tisch durch Metallteile, Goldmünzen, Behälter mit Kräutern und Mineralien und allem möglichen mystischen Krimskrams.
»Steh nicht nur so rum«, sagte sie und warf einen ungeduldigen Blick über ihre Schulter. »Hilf mir beim Suchen.«
Xan schlenderte rüber und fing auf der gegenüberliegenden Seite an zu suchen. »Und was genau suchen wir?«
»Ein Glasfläschchen mit Flüssigkeit.«
Er unterbrach seine Suche, zog eine Augenbraue hoch und lehnte sich an die Werkbank. »Und welche Farbe hat die Flüssigkeit?«
Donna biss sich auf die Lippe. Oh bitte, Gedächtnis , flehte sie, lass mich jetzt nicht im Stich . »Ähm … rot?«
»Bist du sicher?«
»Es ist rot.« Sie nickte kurz, um ihre Aussage zu bekräftigen.
»Alles klar.«
»Röt…lich.«
Xan verdrehte die Augen und machte sich wieder an die Arbeit.
Über der Werkbank hingen Regale, auf denen sich noch mehr faszinierende Kunstgegenstände, Akten und Ordner stapelten. Wenn man bedachte, dass Simon für die gesamte kaufmännische Seite des Ordens zuständig war, war er hier unten nicht gerade ordentlich, überlegte Donna.
Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, und ihre Finger ertasteten etwas Hartes auf einem der oberen Regale. Es kam ihr vor wie glatter Stein – vielleicht eine Skulptur. Sie streckte sich so weit es ging, um sich was immer da hinten versteckt war, zu holen. Die Außenseite war kühl und fühlte sich an wie Marmor; oder vielleicht doch irgendeine Art Metall? Als sie ihre Hand um den schweren Sockel legte und den Gegenstand vorsichtig herunterhob, hörte Donna ein unheilvolles Klicken.
Die bronzene Statue in ihrer Hand fing plötzlich an zu schreien.
Siebzehn
D onna kreischte und ließ die Figur fallen.
Sie schlug dumpf auf dem Boden auf, trotzdem schrie die Skulptur eines Männerkopfs weiter. Mit offenem Mund und schmerzverzerrtem Gesicht stieß dieses Ding einen wahrhaft menschlichen Schrei aus.
»Mach, dass es ruhig ist!«, brüllte Xan verzweifelt, seine grünen Augen vor Schreck weit aufgerissen.
»Ich weiß nicht wie!« Entsetzt starrte Donna auf das Ding, das auf dem Boden hin- und herrollte. Mit den leeren Augenhöhlen und der gebogenen Nase ähnelte es eher einer dämonischen Fratze, obwohl es ganz sicher einen Mann darstellen sollte. Einen Mann mit lockigen Haaren – ebenfalls aus Bronze geformt – und einem schmallippigen Mund, der immer noch schrie.
Xan schubste sie zur Seite. Er hob seinen Fuß hoch.
»Nein, warte«, rief Donna und versuchte ihn an seinem Mantel zurückzuziehen.
Entweder er konnte sie wegen des Lärms nicht hören, oder er wollte sie nicht hören, denn im nächsten Moment stampfte er mit seinem schweren Stiefel auf das schreiende Gesicht ein.
»Argh!« , sagte die Büste, und dann war sie still.
Für einen Augenblick war das einzige Geräusch im Labor das Brummen von Slow Henry. Donna holte zitternd Luft und sah sich den Kopf genauer an. Jetzt war er nur noch eine leblose Statue – die altmodische Büste eines Mannes, der vielleicht mal ein Alchemist gewesen war. Seine Augen waren leer und hohl, und da war etwas unbestreitbar … Böses an diesem Ding.
Schreiende Büsten waren eine ganz neue Dimension von Irrsinn. Trotz all ihrer Kenntnisse über Alchemie war sich Donna sicher, dass das hier einzigartig war – es war die Art Magie, bei der es einem eiskalt den Rücken hinunterläuft. Es war eindeutig ein
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