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Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Titel: Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Stunden gesessen hatte, ohne sich von der Stelle zu rühren, und als wäre das Antwort genug, schlurfte er mit einem Kopfschütteln los.
    Nikola sah ein bisschen verärgert aus, aber ich gönnte es ihm. In den gut drei Stunden, in denen wir zusammengesessen hatten, hatte Nikola nicht nennenswert mehr Worte mit mir gewechselt. Und ich konnte mir nicht einmal erklären, warum, geschweige denn mich daran erinnern, etwas Falsches gesagt zu haben.
    Wir gingen die drei Etagen wieder hinunter, aus deren Höhe ich auf die erwachende Stadt hinabgesehen hatte, und obwohl unser uniformierter Führer gewiss nicht zufällig ein seitliches Treppenhaus nahm, dessen verwahrloster Zustand bewies, wie selten es frequentiert wurde, bekam ich doch eine immer deutlichere Vorstellung davon, wo wir wirklich waren. Alle Fenster waren vergittert, und in der Luft lag der typische Krankenhausgeruch, den keiner je wieder vergisst, der einmal länger in einer solchen Anstalt verbracht hat. Ein- oder zweimal glaubte ich einen fernen Schrei zu hören und ein weiteres Mal ein nicht ganz so fernes hysterisches Lachen.
    Unten angekommen öffnete der Constabler eine schwere Eisentür, wie ich sie in dieser Art eher auf einem Panzerschiff erwartet hätte, und durch die wir in einen schmalen Gang hinaustraten, an dessen Ende uns ein mindestens genauso massives Eisengitter erwartete. Der Constabler trug einen großen Schlüsselbund am Gürtel, zu dem er aber nicht griff, sondern mit seinem Schlagstock gegen das Gitter hämmerte, was ein lang nachhallendes Dröhnen zur Folge hatte. Ein rothaariger Bursche in einer Art grobschlächtiger Krankenhausuniform erschien, die kurz vor der Entdeckung des amerikanischen Kontinents einmal weiß gewesen sein musste, nun aber mit einer Unzahl Flecken übersät war, deren genaue Herkunft ich gar nicht wissen wollte. Der sommersprossige Bursche war nicht sehr groß, aber so massig, dass er an einen laufenden Würfel erinnerte, und er kam mir vage bekannt vor, auch wenn ich nicht wusste, woher.
    Mit einem Grunzen, das er wohl für eine Begrüßung hielt, schloss er die Tür auf, winkte uns ungeduldig hindurch und schloss hinter uns sorgfältig wieder ab, bevor er vorausging. Ich tauschte einen fragenden Blick mit Nikola, erntete aber nur ein hilfloses Achselzucken.
    Es stand für mich schon lange außer Frage, dass wir uns in einem Krankenhaus befanden, allerdings einem … nun ja: seltsamen Krankenhaus. Die Wände waren hellgelb gekachelt, was mich eher an ein Schlacht- als an ein Krankenhaus erinnerte, und alle Fenster vergittert. In der Luft lag nicht nur ein so durchdringender Geruch nach Desinfektionsmittel, dass mir das Atmen schwer wurde, sondern auch noch etwas anderes und Übleres. Zwei Frauen in weißen Kitteln und hohen Stöckelschuhen kamen uns entgegen, die beide dieselbe strenge Knotenfrisur und denselben verhärmten Gesichtsausdruck trugen, und ein anderes Mal ein ebenfalls weiß gekleideter Mann unbestimmbaren Alters, der von seiner Ausstrahlung her nichts anderes als ein Arzt sein konnte. Als er an uns vorbeiging und ich den beiläufigen Blick bemerkte, der den Constabler streifte, wurde mir einiges klar. Polizeiuniformen waren ganz und gar nichts Besonderes hier, sondern gehörten offensichtlich zum Alltag.
    »Was zum Teufel ist das hier für ein seltsames Krankenhaus?«, wunderte sich Nikola, dessen Überlegungen bis zu einem gewissen Punkt in dieselbe Richtung gegangen zu sein schienen. Nur nicht weit genug.
    »Eine Klapse«, antwortete ich. »Haben Sie das immer noch nicht gemerkt?«
    »Eine was?«
    »Eine Nervenheilanstalt, Professor«, erklärte der Constabler. »Das Arkham-Institut für die seelisch Kranken. Captain Adler war wohl der Meinung, dass die … Patienten hier besser aufgehoben sind.«
    »In einer Irrenanstalt?«, ächzte Nikola.
    Der Constabler hob nur auf eine Art die Schultern, die deutlich machte, dass er nicht weiter über dieses Thema reden würde, und ich sagte rasch: »So ungern ich es zugebe, aber da hat der gute Captain Adler wohl ausnahmsweise einmal die richtige Entscheidung getroffen.«
    »Ach ja?« Nikola klang ehrlich erstaunt. »Und wieso?«
    »Weil niemand wissen darf, was wir in diesem Keller gefunden haben, Professor. Nicht, bevor wir es nicht selbst wissen.«
    Ich war ein wenig verblüfft, den Gedanken – wortwörtlich – zu hören, den ich gerade hatte aussprechen wollen. Nur war es nicht meine Stimme, die diese Worte formuliert hatte.
    Ich blieb stehen, sah über

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