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Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Titel: Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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absurderweise einem einzigen Strumpf bekleidet auf dem Bett lag und sich wie in Krämpfen zusammengekrümmt hatte. Seine Hand- und Fußgelenke waren mit dünnem Kupferdraht umwickelt, der zu vier mir nur zu bekannten Metallsäulen führte, die an den Bettpfosten befestigt waren. Nikolas Haut war über und über mit Blut besudelt, und in der Luft lag der durchdringende Gestank von verbranntem Kautschuk und schmorendem Metall. Über dem Bett und Nikolas regloser Gestalt hingen Ascheflocken in der Luft.
    »Aus dem Weg!« Watson stieß mich so grob beiseite, dass ich gegen Adler prallte und nur deshalb nicht fiel, weil dieser wie der berühmte Fels in der Brandung dastand und mich gedankenschnell festhielt. Watson war mit einem einzigen weiteren Schritt bei Nikola, drehte ihn auf den Rücken und fluchte, als einer der metallenen Pfeiler ins Wanken geriet und Funken sprühend umfiel. »Schalten Sie diese Höllenmaschine ab!«, befahl er, an niemand Bestimmten gewandt. »Und besorgen Sie mir heißes Wasser und sauberes Verbandszeug! Und jemand soll Doktor Harris rufen! Schnell! «



23

    Watson und sein bald darauf aufgetauchter Kollege hatten sich – plötzlich wieder ganz und ausschließlich Ärzte – nicht nur mit aller Kraft um Nikola gekümmert, sondern ihn auch mit noch größerer Vehemenz vor mir und sogar vor Adler abgeschirmt und uns schließlich mehr oder weniger unverblümt hinausgeworfen. Adler – auch wieder ganz er selbst – hatte sich revanchiert, indem er zwar auf Handschellen verzichtet hatte, mich aber ansonsten wie einen Schwerverbrecher von gleich zwei seiner Constabler zurück in den Isolationstrakt eskortieren und in eine der leer stehenden Zellen einsperren ließ.
    Weder wollte ich es, noch rechnete ich in meinem aufgewühlten Zustand damit, doch nachdem ich die abgeschlossene Tür endlich lange genug hasserfüllt angestarrt hatte, um zu begreifen, dass ich das Schloss nicht durch pure Willenskraft aufschmelzen konnte, sank ich doch in einen unruhigen Schlaf, aus dem ich erst spät am nächsten Vormittag erwachte. Zur Abwechslung einmal ohne Kopfschmerzen, aber mit einem widerwärtigen Geschmack im Mund und einem absurden Anflug schlechten Gewissens, in einem Moment wie diesem geschlafen zu haben. Der Schlaf, der hinter mir lag, war nicht erquickend gewesen. Zwar fühlte ich mich körperlich auf fast schon obszöne Weise erholt, innerlich aber dafür umso mehr gebeutelt. Ich hatte geträumt, von – selbstverständlich – Allison, aber auch von durch und durch monströsen Dingen, an die ich mich nicht wirklich erinnerte und es schon gar nicht wollte. Was mir an körperlicher Unbill bei diesem Erwachen erspart blieb, das machten diese kruden Erinnerungsfetzen mehr als nur wieder wett.
    Vielleicht zehn Minuten – unnötig zu sagen, dass sie mir wie zehn Stunden vorkamen – starrte ich die schmutzige Decke über mir an, gestand mir endlich ein, auch kein Loch in dieses Hindernis starren zu können, und schwang die Beine von der Pritsche. Da wurde die Tür aufgemacht, und der einzige von Adlers Männern mit Sergeant-Streifen auf der Uniformjacke kam herein, ein Tablett mit trockenem Zwieback und einer dampfenden Tasse in den Händen. Ich registrierte erst im Nachhinein, dass ich weder das Geräusch eines Riegels noch das Klirren eines Schlüsselbunds gehört hatte, und ärgerte mich ein wenig über mich selbst, die Tür nicht gleich nach meinem Aufwachen überprüft zu haben.
    »Soll das heißen, ich bin kein Gefangener mehr?«, fragte ich, ohne mich mit irgendwelchem überflüssigen Geplänkel aufzuhalten.
    »Captain Adler entschuldigt sich für die Unannehmlichkeiten, Mister Devlin«, sagte Sergeant O’Brien. Er wartete vermutlich darauf, dass ich ihm das Tablett abnahm, doch ich dachte ja gar nicht daran, und so stellte er es auf das einzige Möbelstück, das es außer dem Bett hier drinnen noch gab: einen wackeligen dreibeinigen Schemel, der unter dem Gewicht des Tabletts hörbar ächzte. »Er hat mir aufgetragen, Sie noch um ein wenig Geduld zu bitten.«
    Seit wann hatte Adler jemals um etwas gebeten? Ich schluckte diese Frage zwar hinunter, sagte aber in nun deutlich sachlicherem Ton: »Bitte bringen Sie mich zu Captain Adler.«
    »Nichts lieber als das, Mister Devlin«, antwortete der Sergeant. »Aber Captain Adler ist gar nicht im Haus. Ich habe Befehl, Sie zu ihm zu bringen, sobald er zurück ist.«
    »Und wenn ich darauf bestehe, dieses gemütliche Zimmer zu verlassen?«
    Ich brachte

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