Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)
dieser Worte wieder seinen Hammer und ließ ihn mit solcher Gewalt auf das Gitter niederfahren, dass mir das ohrenbetäubende Dröhnen nun tatsächlich die Tränen in die Augen schießen ließ. Das auf so unheimliche Weise veränderte Schloss nahm die grobe Behandlung schon fast beleidigend unbeeindruckt hin, aber einer der dicken Gitterstäbe darüber zerbrach mit einem peitschenden Knall, und durch diesen Erfolg angespornt, schwang Adler seinen Hammer noch zwei-, drei-, viermal hintereinander mit großer Begeisterung und prügelte mich damit nicht nur endgültig an den Rand der Bewusstlosigkeit, sondern brach auch den Widerstand des Schlosses. Die Tür flog mit einem Knall auf und prallte heftig gegen die Wand. Ein gequältes Wimmern kam über meine Lippen, das gottlob auch in selbigem Getöse und dem Trampeln zahlreicher Schritte unterging, als das halbe Dutzend Männer scheinbar gleichzeitig auf uns zuzustürmen schien.
Vielleicht war in der Zwischenzeit etwas geschehen, wovon ich nichts wusste, vielleicht hatte ich eine falsche Bewegung gemacht, oder einige der Constabler übten sich besonders emsig in vorauseilendem Gehorsam – zwei von ihnen fühlten sich jedenfalls bemüßigt, mich nicht nur niederzuzwingen und auf den Bauch zu drehen, sondern sie klemmten mir auch die Arme auf den Rücken. Ich bemerkte aus den Augenwinkeln, dass es Mulligan nicht besser erging, auch wenn sie mit ihm deutlich mehr Mühe hatten.
»Hören Sie sofort mit dem Unsinn auf!«, polterte Watson. »Lassen Sie die Männer los!« Allerdings machte er auch keine Anstalten, mir darüber hinaus irgendwie zu Hilfe zu eilen, sondern verschwand eilig in einer der Zellen, wo ich ihn erschrocken die Luft zwischen den Zähnen ausstoßen hörte.
»Sie haben den Doktor gehört, Constabler«, schnauzte Adler. »Lassen Sie den Mann los.«
Die Worte schienen nicht dem Burschen zu gelten, der auf meinem Rücken kniete und sein Möglichstes tat, dem Wort Kugelgelenk eine vollkommen neue Bedeutung zu verleihen. Stattdessen sah ich, wie Mulligan derb auf die Füße gezerrt und so grob gegen die Wand gestoßen wurde, dass er beinahe wieder gestürzt wäre. Erst danach wurde mein Arm losgelassen. Und selbstverständlich machte sich niemand die Mühe, mir aufzuhelfen.
Zitternd kam ich auf die Knie, spielte eine halbe Sekunde lang ganz ernsthaft mit dem Gedanken, eine Ohnmacht vorzutäuschen und Mulligan den Teil mit den Erklärungen und gegenseitigen Schuldzuweisungen zu überlassen, kam jedoch fast augenblicklich zu dem Schluss, dass das eine wirklich schlechte Idee wäre. Also raffte ich das bisschen Kraft zusammen, das ich noch in mir fand, und quälte mich auch noch die andere Hälfte des Weges in die Höhe.
»Was ist hier passiert?« Watson hatte die kurze Zeit genutzt, um auch die anderen Zellen zu durchsuchen und festzustellen, dass sie leer waren. »Was ist mit Schwester Chapel geschehen, und wo sind meine Patienten?«
»Reden Sie, Mann!«, fuhr mich Adler an, ohne mir auch nur die winzigste Chance zum Antworten zu geben. »Was haben Sie getan?«
»Und wer hat Sie und Mister Mulligan so zugerichtet?«, wollte Watson wissen. Nicht, dass ihn irgendjemand beachtete.
Bevor die Lage weiter eskalieren oder Adler einen Vorwand finden konnte, handgreiflich zu werden, versuchte ich zu antworten, aber nun forderten die Anstrengungen der zurückliegenden Stunde (und die Prügel, die ich bekommen hatte) endgültig ihren Tribut: Mir wurden die Knie weich, und alles umfassende Schwärze hüllte mein Blickfeld ein.
Es war auch diesmal wieder Mulligan, der mich auffing, nicht Adler oder einer seiner Männer. Wie durch einen Vorhang aus nasser Watte hindurch registrierte ich, wie er mich in eine der leer stehenden Zellen führte und alles andere als sanft auf die Bettkante bugsierte, dann wurde für eine unbestimmte Zeit alles vage und verschwommen. Watson fummelte eine geraume Weile an mir herum, was zwar kein bisschen half, aber durchweg unangenehm war, und irgendwann war wohl auch Adlers Duldsamkeit aufgebraucht, denn er kam herein und verlangte so lautstark und unwillig nach Aufmerksamkeit, dass sich selbst die Benommenheit zurückzog. Kopfschmerzen und Übelkeit natürlich nicht.
»Sie haben sich jetzt lange genug ausgeruht, Devlin«, blaffte er. »Also, was ist hier passiert? Wohin sind hier alle verschwunden, und was ist mit der Schwester passiert?«
»Ich darf doch bitten, Captain!«, schalt ihn Watson. »Sehen Sie nicht, in welchem Zustand sich
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