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Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Titel: Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Mister Devlin befindet? Der Mann hat eine Gehirnerschütterung, wenn nicht Schlimmeres. Fragen Sie Mulligan!«
    »Devlin hat einen harten Schädel«, versetzte Adler. »Und Ihr Mister Mulligan redet nur Unsinn – nur falls Sie es noch nicht selbst gemerkt haben sollten.«
    Watson – jetzt wieder ganz Arzt, der sich schützend vor seinen Patienten stellte – wollte auffahren, doch ich brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen und blinzelte ein paarmal, um die beiden verschwommenen Schemen, als die ich Adler vor mir stehen sah, zu einer einzigen Silhouette zu verschmelzen. Ganz wollte es mir nicht gelingen. Vielleicht entsprach das, was Watson gerade über eine Gehirnerschütterung gesagt hatte, ja der Wahrheit.
    »Schon gut, Doktor. Es geht schon wieder.«
    Watsons Blick machte deutlich, was er von dieser Behauptung hielt, aber er beließ es bei einem mürrischen Schulterzucken, und ich begann mit möglichst sachlichen Worten zu erzählen, was Mulligan und ich in der zurückliegenden halben Stunde erlebt hatten.
    Erstaunlicherweise unterbrach mich Adler kein einziges Mal, und es war mir vollkommen unmöglich, in seinem Gesicht zu lesen. Ich musste noch einmal etliches von dem zurücknehmen, was ich über ihn gedacht hatte. Tief in ihm musste sich noch immer ein guter Polizist verbergen. Solange ich redete, hörte er aufmerksam zu und ließ sich mit keiner Miene anmerken, was er von dem Gehörten hielt. Und auch danach sah er mich noch eine ganze Weile vollkommen ausdruckslos an und schien über das nachzudenken, was ich ihm erzählt hatte.
    »Nun?«, fragte ich, als mir nach einer Minute endlich dämmerte, dass ich auch weiter keine Antwort bekommen würde. »War das so ungefähr der Unsinn , den Mulligan erzählt hat?«
    »Nahezu wortwörtlich«, bestätigte Adler ungerührt. »Aber nur weil zwei Leute dasselbe erzählen, muss es noch nicht wahr sein.«
    »Dann schicken Sie doch einen Ihrer Constabler nach unten, um nachzusehen.«
    Adler bemühte sich mit wenig schauspielerischem Geschick um ein betroffenes Gesicht. »Wie gut, dass Sie mich darauf aufmerksam machen, Mister Devlin. Ich selbst wäre wahrscheinlich niemals darauf gekommen.« Er schnaubte. »Das Gitter ist tatsächlich aufgebrochen, und wir haben Mister Jacobs’ Leiche gefunden und auch die dieser armen Frau.«
    »Dort unten liegen zwei Tote, und das sagt mir niemand?« Watson richtete sich kerzengerade auf.
    »Wie Sie es sagen, Doktor«, bestätigte Adler ruhig. »Zwei Tote. Ich bin zwar kein Arzt, aber sogar ich kann Ihnen versichern, dass Sie ihnen nicht mehr helfen können.« Er wandte sich wieder direkt an mich. »Was wir allerdings nicht gefunden haben, das ist irgendein grünes Spinnennetz.«
    »Silbern.«
    »Und mein Constabler meint auch, dass das Gitter so rostig aussieht, dass es wohl sogar ein Kind aufbrechen könnte.«
    »Und worauf wollen Sie hinaus?«, fragte Watson, bevor ich das Wort ergreifen und etwas sehr viel Unfreundlicheres sagen konnte.
    »Das weiß ich nicht«, bekannte Adler rundheraus. »Irgendetwas geht hier nicht mit rechten Dingen zu, das ist alles, was ich zurzeit mit Sicherheit sagen kann. Glauben Sie mir, diese Worte kommen mir nicht leicht über die Lippen. Aber hier sterben Menschen, und das werde ich nicht länger zulassen – ganz egal, was Sie von mir halten mögen, Devlin.«
    Sein Zorn berührte mich nicht wirklich, denn ich sah ihm sogar an, dass das einfach nur sein Weg war, mit der Anspannung fertig zu werden. Dennoch konnte ich mir nicht verkneifen, in einem alles andere als versöhnlichen Ton hinzuzufügen: »Das ist auch vorher schon geschehen.«
    »Mag sein«, konterte Adler scharf. Seine Augen wurden zu schmalen Schlitzen, und ich vermutete, dass ich wohl auf die falsche Taste gedrückt hatte. »Aber da waren diese Menschen noch nicht meiner Obhut anvertraut. Ich werde nicht tatenlos zusehen, wie sie umgebracht werden oder ihnen gar Schlimmeres angetan wird.«
    »Was soll es denn Schlimmeres geben als den Tod«, fragte Watson spröde.
    Ich hätte ihm diese Frage beantworten können, doch mir war nicht danach, ausgerechnet Adler zu verteidigen … obwohl ich mich dabei ertappte, sogar so etwas wie Mitleid für ihn zu empfinden, was mich selbst vielleicht am meisten überraschte. Ich war jedoch willensstark genug, dem Impuls zu widerstehen, möglicherweise etwas Freundliches zu sagen.
    »Ich sehe nach dem Jungen«, meinte Watson, »und Schwester Chapel. Und danach werde ich zu Nikola gehen und ein

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