Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Ihnen gern einen Topf mit Klebstoff bringen. Und eine Pinzette.«
    In Allisons Augen blitzte es kampflustig auf, doch zu meiner Erleichterung kam nun endlich der Constabler zurück und schwenkte ein nicht ganz sauberes Glas mit einem Schraubdeckel. Den Arm so weit ausgestreckt, wie es überhaupt nur ging, reichte er es mir, und Nikola ließ seine zappelnde Beute in das durchsichtige Behältnis fallen und zog die Hand schnell wieder zurück. Trotzdem drehte sich das bizarre Geschöpf noch im Fallen um und versuchte nach ihm zu schnappen, und obwohl es verstümmelt war, warf es sich sofort gegen das Glas und wollte daran emporklettern. Als ihm das nicht gelang, schlug es mit seinen winzigen Zangen wie besessen auf das Glas ein; ein Geräusch wie Fingernägel auf einer Fensterscheibe. Nikola schraubte den Deckel zu und hielt das Glas in die Höhe, um seinen zappelnden Inhalt zu betrachten.
    »Ein aggressives kleines Biest«, stellte er fest.
    »Ein widerliches kleines Biest«, bestätigte Adler finster. »Wieso lebt es überhaupt noch, so übel wie es zugerichtet ist?«
    Nikola hob das Glas noch etwas höher und drehte es hin und her, um seinen Fund besser begutachten zu können. »Ich bin nicht sicher, ob es überhaupt jemals gelebt hat. Das ist faszinierend! Ich muss es ins Labor bringen, um es genauer zu untersuchen. Ich darf es doch mitnehmen, Captain? Sie haben ja noch genug davon.«
    Adler versuchte ihn niederzustarren, was aber misslang. »Sie gehen jetzt besser«, stieß er gepresst hervor. »Bevor ich es mir anders überlege.«
    »Ich sagte doch, dass ich hier nicht ohne …«, begann Allison schon wieder, und ich fiel ihr ins Wort und legte ihr zugleich besänftigend die Hand auf den Arm.
    »Lassen wir Stanley nicht noch länger warten«, sagte ich. »Bestimmt wird er uns erklären können, was das alles zu bedeuten hat.«
    Darauf antwortete Allison gar nicht mehr, aber ihre Augen verschossen kleine Blitze in Adlers Richtung. Bevor sie etwas sagen und damit die nächste Runde einläuten konnte, ergriff ich ihre Schulter und schob sie schon fast gewaltsam aus der Tür.



11

    Es hatte leicht zu nieseln begonnen, während wir in Adlers Büro gewesen waren. Ein feiner, eisiger Regen, den der Wind in schrägen Schleiern vor sich her trieb, mit denen er gleichermaßen die Straßen versilberte, wie er auch jeden vor sich her scheuchte, der leichtsinnig genug war, sich trotz der fortgeschrittenen Stunde noch im Freien aufzuhalten.
    Jeden außer Stanley Jacobs, der einen befremdlichen Anblick bot, wie er so reglos inmitten der eisigen Schwaden stand und uns entgegensah, als nähme er uns nicht einmal zur Kenntnis. Befremdlich genug jedenfalls, um nicht nur mich, sondern auch Allison zögern zu lassen. Gleich darauf verdüsterte sich ihr Gesicht jedoch, und sie legte die restliche Distanz im Sturmschritt zurück.
    »Wie konntest du das nur tun?«, fuhr sie ihn übergangslos an. »Ich habe dir vertraut, Stanley! Wie konntest du mich nur so hintergehen?«
    Jacobs legte so demonstrativ die Stirn in Falten, dass er eigentlich gar nichts mehr hätte sagen müssen. Und eigentlich tat er es auch nicht, jedenfalls nicht so, wie Allison es vermutlich erwartet hatte. Zwar sah er sie noch einen weiteren Moment auf dieselbe sonderbare Weise an, drehte dann jedoch mit einem Ruck den Kopf und blickte auf das Glas in Nikolas Hand. »Nikola! Sind Sie unter die Entomologen gegangen?«
    »Man kann niemals genug wissen, Stanley«, antwortete Nikola fröhlich. »Und wenn ich mich nicht vollkommen irre, dann habe ich hier eine wirkliche Sensation, deren wahre Bedeutung jetzt noch gar nicht abzusehen ist. Ich muss unbedingt in mein Labor, um es genauer zu untersuchen! Können Sie mich hinbringen?«
    »Stanley!«, sagte Allison scharf.
    »Vielleicht später«, sagte Jacobs so ungerührt zu Nikola, als hätte sie gar nichts gesagt. »Zuallererst lassen Sie uns von hier verschwinden, bevor dieser übereifrige Captain noch auf dumme Ideen kommt. Ich sollte wirklich dafür sorgen, dass er wieder in den Streifendienst versetzt wird.« Er wandte sich mit einem fragenden Blick an mich. »Möchten Sie seinen Posten, Mister Devlin? Ich könnte das durchaus bewerkstelligen.«
    Ich glaubte ihm das auf Anhieb, schüttelte jedoch trotzdem den Kopf und dachte über eine Antwort nach, doch jetzt war Allisons Geduld wohl endgültig aufgebraucht. Sie trat mit einem zornigen Schritt vor Jacobs und stampfte mit dem Fuß auf, was sie aber offensichtlich