IRRE SEELEN - Thriller (German Edition)
deutlich gesagt, dass sie gar nicht verkaufen wollen?«
»Nein, Sir. Sie sagten ›hmmm‹.«
»Nun«, sagte Jack, »ich dachte an 500, vielleicht 550, etwas um den Dreh.«
Daniel Bufo verzog das Gesicht. »Das ist ein ziemlich niedriges Angebot, Mr. Reed«, sagte er ohne große Begeisterung. »Hier gibt es knapp sieben Hektar Wald und dann noch das Gebäude selbst.«
»Hat denn sonst noch jemand ein Angebot abgegeben?«
»Nein, Sir.«
»Also, dann ist das mein Angebot. Fragen Sie die Eigentümer und lassen Sie mich wissen, was sie davon halten. Schlimmstenfalls sagen sie dazu ›hmmm‹.«
»Ja, wahrscheinlich.« Daniel Bufo nahm sein Taschentuch heraus und putzte sich die Nase. »Das wäre wirklich etwas, wenn wir dieses Gebäude aus unseren Büchern streichen könnten, glauben Sie mir. Das ist bei uns im Büro ein Running Gag, wissen Sie? Immer wenn jemand sich beschwert, dass ein Objekt kaum an den Mann zu bringen ist, kommt als Antwort, dass es fast so schwierig läuft wie bei The Oaks .«
»So heißt das Anwesen? The Oaks – die Eichen?«
»So wurde es getauft, als es ein Pflegeheim war.«
»The Oaks!«, wiederholte Jack langsam. Er trat einen Schritt zurück und sah noch einmal auf das Gebäude, seine dunklen, im Regen glitzernden Türme. Er wusste nicht, weshalb es ihn dermaßen ansprach, aber er hatte sich in das Haus verliebt, in seinen baufälligen Charme und seine Geheimnisse. Er drehte sich zum Auto und Karen winkte ihm zu. Randy drückte sich gelangweilt die Nase am Fenster platt. Wahrscheinlich wünschte er sich gerade, doch lieber in die Schule gegangen zu sein.
»Also gut!«, sagte Jack und schüttelte Daniel Bufo die Hand. »Unterbreiten Sie den Eigentümern meine Offerte. Dann werden wir sehen, was sich tun lässt. Ach so, können Sie mir eigentlich sagen, wer die Eigentümer sind?«
Daniel Bufo schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Mr. Reed. Das würde ich gerne tun, glauben Sie mir. Aber die Verschwiegenheitspflicht, Sie wissen ja, wie es ist.«
»Es ist aber nicht die Mafia?«
Daniel Bufo gab ein Geräusch von sich, als spiele er Dudelsack und versuche gleichzeitig zu lachen. »Nein, Sir. Es ist nicht die Mafia.«
Jack stieg ins Auto und schlug die Tür hinter sich zu. »Wie wäre es mit einem Hamburger?«, schlug er vor, als er den Motor anließ.
»Was immer du willst«, antwortete Karen, die am Saum ihres Rocks zupfte. »Mein Gott, sieh dir mal meine Haare an!«
Im Schritttempo fuhren sie die Allee mit den regennassen Bäumen entlang. Randy drehte sich in seinem Sitz um, damit er das Gebäude noch einmal sehen konnte, das nach und nach hinter den schwarzen, schattigen Blättern verschwand. Sie hatten schon fast das Tor erreicht, als er die grau-weiße Gestalt des kleinen Mädchens noch einmal sah. Sie stand genau zwischen den Bäumen und hatte einen Arm erhoben, um ihm zu winken.
Komisch war nur, dass ihr Gesicht von einer Kapuze verborgen war, als ob es falsch herum am Kopf saß. Entweder das – oder sie hatte überhaupt kein Gesicht.
D R E I
Als er drei Tage später nach Hause zurückkehrte, erwartete ihn Maggie im Wohnzimmer. Sie trug ihren Regenmantel und ihr blauer Vinylkoffer stand ordentlich gepackt neben ihr. »Was soll das?«, wollte er von ihr wissen, als ob es nicht offensichtlich war.
Maggie antwortete mit sorgfältig einstudierter Tapferkeit: »Ich würde sagen, man nennt es etwas frische Luft schnappen gehen.«
»So nennt man es also?«, erwiderte er. »Aha, so nennt man es!« Er hatte drüben in der Hunting Lodge mindestens ein Bier zu viel getrunken. »Das ist ja lustig. Ich würde eher sagen, man nennt das: den Ehemann im Stich lassen.«
»Jack«, sagte sie, und als seine Frau zu ihm aufsah, erkannte er zum ersten Mal, dass all die Auseinandersetzungen im Laufe ihres Zusammenlebens sich deutlich in ihrem Gesicht abzeichneten. Oder vielleicht war es auch einfach nur das unvorteilhafte Deckenlicht.
Er sagte nichts und blickte sich im Raum um. Das Zimmer besaß nicht einen Hauch von Charme. Ausdruckslose, beige Wände, ein Zottelteppich in einer Farbe, die wohl einmal honiggelb gewesen war, aber mit der Zeit ebenfalls eine beige Färbung angenommen hatte. Verblasste Bilder an der Wand, eine ebenfalls beige Couch mit braunen und weißen Flecken darauf; davor stand eine Ehefrau, die er nicht wirklich liebte und die ihre wenigen Habseligkeiten in einem Koffer verstaut hatte.
Maggie hielt ihre einstudierte Rede, während sie an ihren Fingernägeln
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