IRRE SEELEN - Thriller (German Edition)
Regen trommelte unaufhörlich und hartnäckig gegen die Windschutzscheibe und vernebelte ihm die Sicht. Er glaubte nicht, dass er sich in seinem Leben jemals zuvor so elend gefühlt hatte.
Nach zehn Minuten erschien sein Vater Arm in Arm mit Karen unter dem Vordach. Sie eilten schnell zum Auto, damit sie nicht nass wurden. Ohne die Anweisung abzuwarten, schnallte sich Randy los und kletterte auf den Rücksitz. Sein Vater schien es noch nicht einmal zu bemerken. Karen sprang mit einem kurzen, spitzen Schrei auf den Beifahrersitz und quietschte dann: »Oh Gott, meine Haare!«
»Deine Haare sitzen perfekt!«, versicherte ihr Jack und startete den Motor.
Karen schnallte sich an und drehte sich dann zu Randy um.
»Hi Randy! Was ein Abenteuer mitten in der Nacht, hmm?«
Randy nickte wortlos. »Er ist müde«, erklärte Jack. »Nicht besonders überraschend, so wie die Dinge gelaufen sind.« Er steuerte den Kombi wieder Richtung Süden und hielt auf die 94 zu. »Wenn ich doch nur früher gewusst hätte, wie sich seine Mutter fühlt. Wenn sie es mir nur gesagt hätte, mit mir kommuniziert hätte, weißt du?«
»Na ja, einige Frauen tun das halt nicht«, antwortete Karen, die ihre in schwarzen Netzstrumpfhosen verhüllten Beine übereinandergeschlagen hatte. Ihre goldenen Reifenohrringe reflektierten das Licht der Straßenlaternen, eine orangefarbene Kurve nach der anderen. »Meine Schwester war genauso, sie konnte über solche Dinge nicht reden.«
Jack schielte in den Rückspiegel. »Das Problem ist, dass man, wenn man einen Country Club führt, einfach kommunizieren muss, 24 Stunden am Tag mit den Menschen interagieren. Die Leute gehen an einen solchen Ort, um sich verwöhnen zu lassen, weißt du, wie ich meine? Genau so ist es ja auch, wenn sie einen Auspuff kaufen wollen. Sie wollen kein ›Vielleicht‹ hören oder stundenlang warten, geschweige denn erst am Dienstag wiederkommen. Sie wollen den richtigen Schalldämpfer und sie wollen ihn sofort.«
Karen leckte sich über die Lippen, sodass sie glänzten. »Glaubst du nicht, dass Du-weißt-schon-wer es dir vermasseln könnte?«
Jack zuckte die Achseln. »Ich will ihr doch gar nichts Böses. Glaub mir, ich will ihr um nichts auf der Welt wehtun.«
Sie fuhren auf die 94 und im Regen weiter Richtung Westen. Waukesha, Oconomowoc, Johnson Corner. Die Wegweiser rauschten schemenhaft an ihnen vorbei wie in einer Traumsequenz. Randy legte sich auf dem Rücksitz hin und schloss die Augen. Er hörte das Surren der Reifen auf dem Highway, das kratzende Gummi der Scheibenwischer und das Wusch-wusch des Windes, der gegen das verbeulte Heck blies, dort wo Jack mit dem Baum kollidiert war.
Jack war zwar ebenfalls müde, steckte aber gleichzeitig voller Tatendrang, als ob er zur Abwechslung einmal etwas Positives täte. Wenn es in The Oaks einen Hausbesetzer gab oder einen perversen Sexualstraftäter oder was auch immer, würde er ihn aufscheuchen und ihm eine saftige Tracht Prügel verpassen. Jack war entschlossen, jetzt die Kontrolle über sein Leben und sein Umfeld zu übernehmen. Vielleicht scherte sich Maggie nicht um ihn, doch Karen tat es und Randy auch. Es ging nicht länger um Schalldämpfer und Reifen, sondern um die Durchführung von Umbaumaßnahmen und Börsennotierungen. Herrje, es ging jetzt tatsächlich um Macht.
Bevor sie Madison erreichten, änderte er den Kurs in Richtung Nordost und bog 20 Meilen später links ab nach Lodi. Die Scheinwerfer flackerten im Regen und die Reifen ließen das Wasser aus den Pfützen am Straßenrand aufspritzen.
Schließlich erreichten sie das gusseiserne Tor und Jack parkte direkt davor. Er öffnete die Fahrertür. Der Regen war jetzt nur noch ein leichtes Nieseln. Jack wog das Schloss in seiner Hand. Es war zu massiv, als dass er es gewaltsam hätte öffnen können. Abgesehen davon war es vermutlich ohnehin besser, sich dem Gebäude zu Fuß zu nähern. So konnten sie nachschauen, ob dort jemand herumlungerte, ohne durch den lauten Motor ihr Kommen anzukündigen.
Hier draußen in den nassen Wäldern von Wisconsin, meilenweit weg von jeglicher Zivilisation, erschien ihm die Idee, einen gesellschaftlichen Außenseiter aus einem dunklen, verlassenen Gebäude zu vertreiben, plötzlich nicht mehr ganz so verlockend. Erst jetzt kam ihm der Gedanke, dass dieser Lester ja durchaus bewaffnet sein konnte. Jack hatte ihn sich als herumschnüffelnden, gedrungen umherschleichenden Kinderschänder vorgestellt. Aber was, wenn es nun ein
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