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IRRE SEELEN - Thriller (German Edition)

IRRE SEELEN - Thriller (German Edition)

Titel: IRRE SEELEN - Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Masterton
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Wohin mochtensie nur gegangen sein? Er rief die Polizei und die fand natürlich die Türen verschlossen und die Fenster unberührt vor. Also dachten sie, dass mein Vater einen Zusammenbruch erlitten und alle Patienten selbst auf freien Fuß gesetzt hätte. Die Polizei zeigte sich nicht besonders verständnisvoll, schließlich setzte sich mein Vater für die Resozialisierung geisteskranker Krimineller ein. Er glaubte tatsächlich, dass man sie heilen und wieder in die Gesellschaft integrieren könnte. Die Beamten hätten sie lieber auf dem elektrischen Stuhl enden sehen.«
    »Und was passierte dann?«, wollte Jack wissen.
    »Die Polizei durchkämmte die gesamte Gegend. Doch sie fand keinen einzigen Fußabdruck – nicht einen – geschweige denn irgendein anderes Indiz dafür, dass über hundert Menschen aus The Oaks geflohen waren. Die Polizei traf bereits weniger als eine Stunde nach dem Verschwinden der Patienten ein. Da viele sowohl mit physischen als auch geistigen Beeinträchtigungen zu kämpfen hatten, trugen sie in der Regel lediglich ihre Anstaltskleidung. Einige liefen sogar komplett nackt herum, da sie sich mit Hemden oder Hosen sonst selbst stranguliert hätten. Die Chance, dass sie den Zaun um das Anwesen aus eigener Kraft überwanden, lag bei nahezu null.«
    »Aber?«, fragte Jack.
    »Aber sie waren weg«, entgegnete Olive Estergomy. »137 Patienten schienen von jetzt auf gleich vom Erdboden verschwunden zu sein.«
    »Und Sie haben keine Theorie?«
    »Vielleicht hat Gott sie zu sich geholt. Oder auch der Teufel. Ich weiß es wirklich nicht«, sagte Olive Estergomy.
    »Und was hat die Polizei dann unternommen?«, hakte Jack nach.
    »Sie konnte nichts tun. Es gab keine Patienten. Es gab keine Spuren. Keiner der Patienten war auf der Straße oder in den Wäldern gesichtet worden oder hatte versucht, per Anhalter zu entkommen. Es gab keine auffälligen Diebstähle in der näheren Umgebung, keine Einbrüche. Rein gar nichts.«
    Sie hielt einen Moment inne. Eine hübsche, kleine silberne Standuhr auf dem Kaminsims schlug sechs. »Um 22:30 Uhr am Abend des Verschwindens stattete eine ganze Delegation einflussreicher Persönlichkeiten aus dem Justizministerium der Anstalt einen Besuch ab und inspizierte das Gebäude. Sie sprachen zehn Minuten lang mit meinem Vater und erklärten dann The Oaks offiziell für geschlossen. Nun, natürlich mussten wir ohnehin schließen, denn es waren ja keine Patienten mehr da. Offiziell wurde die Schließung damit begründet, dass die Regierung das Vertrauen in das Resozialisierungsprogramm meines Vaters verloren habe.«
    »Und wie erklärten sie das Verschwinden der Patienten? Gegenüber der Öffentlichkeit, meine ich?«
    »Sie warteten eine ganze Woche lang ab, ob möglicherweise einzelne Vermisste wieder auftauchten. Als das nicht der Fall war, verkündete das Justizministerium, man habe sie in einen neuen Hochsicherheitstrakt am Lake Nokomis gebracht. Nach sechs Monaten, als weiterhin jede Spur von ihnen fehlte, erzählte man den Angehörigen der Patienten, sofern es noch welche gab und es sie überhaupt interessierte – und glauben Sie mir, das war eher die Ausnahme – dass ihre nicht ganz so lieben Verwandten einer Lebensmittelvergiftung erlegen seien. Ich glaube, dass sie sogar Beerdigungen inszenierten.«
    »Sehr verwunderlich!«, befand Helena Manfield.
    »Ja, aber was hätten sie sonst tun sollen? Wie sollten sie den Menschen vermitteln, dass sie 137 gemeingefährliche Geistesgestörte aus den Augen verloren hatten und jede Bemühung, sie wiederzufinden, im Sande verlaufen war?«
    »Hatten sich die Ermittler der Polizei eine eigene Theorie zurechtgelegt?«, wollte Jack wissen.
    »Nein«, antwortete Olive Estergomy. »Soweit ich weiß, haben sie sogar ihre Akten manipuliert, um den Fall komplett unter den Tisch zu kehren. Auch die Fallstudien und weitere Unterlagen meines Vaters wurden seinerzeit konfisziert. Sie können sich vorstellen, was damit passiert ist. Es brach ihm das Herz.«
    »Was geschah mit Ihrem Vater?«, erkundigte sich Jack so taktvoll wie möglich.
    »Er konnte nicht mehr arbeiten. Nach der Geschichte in The Oaks fand sich kein Bundesstaat mehr, der ihn praktizieren ließ. Wir gingen eine Weile nach England, wo er Geld an Schulen und Universitäten verdiente, dann zogen wir nach Frankreich. Mein Vater ertrank 1934 beim Schwimmen im Meer vor Arromanches. Meine Mutter starb im Jahr darauf.«
    »Und Ihre Schwestern?«, fragte Jack.
    »Sie blieben in

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