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Irrflug

Irrflug

Titel: Irrflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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hatte er, obwohl es schon kurz vor 22 Uhr war, noch den Versuch unternommen, den Elektriker Günter Mosbrucker in Bad Boll telefonisch zu erreichen, der als nächster auf der Liste stand. Tatsächlich hatte sich der Mann gemeldet und sich bereit erklärt, die Kriminalisten zu später Stunde zu empfangen. Häberle war darüber froh gewesen, denn diese eine Vernehmung würde an diesem Tag das Bild vollends abrunden.
    Von der Sonderkommission in Kirchheim, so ergab Link-ohrs neuerliche Anfrage, gab es nichts Neues. Nur so viel, dass inzwischen alle Autos, die mittags auf dem Parklatz der Hahnweide registriert worden waren, abgefahren seien. Es war also kein herrenloses Fahrzeug zurückgeblieben, mit dem der unbekannte Pilot hätte gekommen sein können. Wie also, so überlegte Häberle, wie also hatte er den ein, zwei Kilometer außerhalb der Stadt gelegenen Fluglatz erreicht? Hat er sich hinbringen lassen? Oder kam er doch vom nahen Campingplatz? Der Kriminalist bat seinen Kollegen, noch einmal Funkkontakt mit der Sonderkommission aufzunehmen. „Fragen Sie, ob die Vernehmungen auf dem Campingplatz etwas erbracht haben, ob es Erkenntnisse gibt, dass dort jemand verschwunden ist.”
    Linkohr befolgte dies. Die Antwort konnte Häberle über Lautsprecher mithören. „Keine Ansatzpunkte”, erklärte eine krächzende Männerstimme, „aber es ist natürlich brutal schwierig, dies festzustellen. Der ganze Campingplatz besteht fast nur aus Dauercampern. Jede Menge abgestellte Wohnwagen, die nur gelegentlich genutzt werden. Wenn da einer gestern gekommen und dann weggeflogen ist, merkt das kein Mensch.”
    Häberle zeigte sich zerknirscht. Linkohr beendete die Verbindung.
    Der Kommissar schwieg. Insgeheim hoffte er jetzt auf die Veröffentlichungen in der morgigen Tageszeitung. Die Zeugenaufrufe waren den Lokalzeitungen von Kirchheim, Nürtingen, Esslingen, Göppingen, Geislingen und Ulm gemailt worden. Vielleicht gab es auch Zeugen, die in den vergangenen Wochen schon etwas von einem geplanten Flugzeug-Diebstahl gehört hatten. Allerdings waren auf die Rundfunk-Nachrichten, die bereits seit den Mittagsstunden entsprechende Zeugenaufrufe enthielten, keine Hinweise eingegangen – nicht einmal aus dem ländlichen Umfeld des Bernecks, wo normalerweise jeder Fremde sofort auffallen musste. Das stimmte ihn nachdenklich.
    Als sie die Anhöhe zwischen Göppingen und Jebenhausen erreicht hatten, peitschte ihnen der kräftige Westwind noch mehr Wassermassen entgegen. Die Bäume des Öde-Waldes, rechts der Straße, bogen sich bedrohlich, kleinere Äste waren bereits auf die Straße gefallen. Häberle fuhr scharf an den Fahrbahnrand, als er im Rückspiegel das zuckende Blaulicht eines herannahenden Feuerwehrfahrzeugs sah. Er bremste und ließ es überholen. Im selben Moment zuckte ein Blitz, der die Albkante in der Ferne für einen kurzen Augenblick schemenhaft erkennen ließ.
    „Da geht was ab, da haut’s dir’s Blech weg”, staunte Linkohr.
    „Weltuntergangsstimmung”, meinte Häberle ungewöhnlich einsilbig.
    Drunten in Jebenhausen floss das Wasser zentimeterhoch über die Straße, in einer Seitengasse zuckte gespenstisch ein Blaulicht. Häberle drosselte die Geschwindigkeit. Erst als sie das Jüdische Museum erreicht hatten, das in der alten Dorfkirche eingerichtet worden war, führte die Straße wieder leicht aufwärts, so dass die Wassermassen schneller abflossen.
    „Waren Sie schon mal in diesem Naturkundlichen Museum?”, fragte Häberle, als sie wenig später auch an diesem Gebäude vorbeikamen.
    Linkohr schüttelte den Kopf. „Gehört hab’ ich davon, drin war ich aber noch nie.”
    „Lohnt sich, viele Versteinerungen, alle aus der Gegend.”
    Linkohr besah sich im Vorbeifahren die Fassade, während erneut ein gewaltiger Blitz zuckte und gleichzeitig ein Donner den Mercedes vibrieren ließ.
    „Hier in Jebenhausen sind übrigens die Urgroßeltern mütterlicherseits von Einstein begraben”, erzählte Häberle weiter.
    „Tatsächlich?”, zeigte sich Linkohr interessiert.
    „Ja, Einstein ist in Ulm geboren – und man sagt, er sei als Kind manchmal auch hier in Jebenhausen gewesen.” Häberle schaltete einen Gang zurück. Die Sicht wurde durch den peitschenden Regen immer schlechter. Es war stockfinstre Nacht, obwohl der Himmel in den Tagen vor der Sommersonnenwende jetzt eigentlich noch hätte ziemlich hell sein müssen.
    Bis zum nächsten Göppinger Stadtbezirk, dem ländlichen Bezgenriet, schwiegen sich die

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