Irrflug
Häberle, während er auf ihn zuging, „es haben sich ein paar Fragen ergeben.”
Die beiden Kriminalisten schüttelten dem Unternehmer die Hand. „I hab’ dacht, es sei alles g’schwätzt”, bruddelte der sichtlich ungnädig, „kommet Se rein.”
Er führte die Männer in ein großzügig gestaltetes Foyer, das reichlich mit geschnitzten Figuren ausgestattet war. Elefanten und Kamele ließen darauf schließen, dass es vielerlei Mitbringsel von großen Reisen waren. Steinke eilte an mehreren geschlossenen Türen vorbei und führte seine Besucher schließlich in ein Kaminzimmer, dessen nahezu vollständig verglaste Außenwand einen traumhaften Blick in den parkähnlichen Garten und über die Dächer der weit entfernt stehenden Nachbarhäuser hinweg auf den Westhorizont freigab.
Eine Tür stand offen. „Wir bleiben drin, draußen ist es nicht auszuhalten”, entschied Steinke und bot den Männern Plätze auf Polstersesseln an, die um einen großen Marmortisch standen. Im offenen Kamin lag Birkenholz für kalte Wintertage bereit.
Steinke setzte sich den Kriminalisten gegenüber. „Kommen wir zur Sache”, sagte er förmlich und holte tief Luft.
„Wir wissen, dass wir Ihnen zusätzlichen Kummer bereiten”, begann Häberle und wartete auf eine Reaktion, „Ihnen sind die Steuerfahnder auf den Leib gerückt.”
Steinke, aus dessen Gesicht die Bräune gewichen schien, zuckte mit der rechten Backe. „Und was hat das mit der Mordkommission zu tun?”, fragte er emotionslos.
„Im Prinzip nichts”, erwiderte der Kriminalist und lächelte, „es geht uns auch eher um Ihre Mitarbeiter, um den Herrn Rottler und den Herrn Hilgenrainer.”
Steinke setzte sich aufrechter. „Ich verstehe nicht ganz.”
„Beide Herren”, fuhr Häberle fort, „sind Flieger – und wir sind bei unseren Ermittlungen in Fliegerkreisen auf – sagen wir mal – Merkwürdiges gestoßen, das in irgendeiner Weise mit Steuerberatern zu tun hat.”
Linkohr vollendete die Andeutungen seines Chefs: „Und die Tote von der Hahnweide, das kommt noch hinzu, war ausgerechnet Sekretärin bei einem Ihrer Steuerberater.”
Steinke sprang auf. „Was wollen Sie damit sagen?” Er starrte nacheinander die beiden Männer an.
„Kein Grund zur Aufregung”, entgegnete Häberle auf seine beruhigende Art und wartete, bis Steinke sich wieder setzte. „Aber nachdem Sie nun offenbar mit der Steuerfahndung konfrontiert sind, stellt sich doch die Frage, inwieweit der Herr Rottler, Ihr Finanzer, möglicherweise in diese Sache verwickelt sein könnte.”
„Oder auch der Herr Hilgenrainer”, ergänzte Linkohr.
„Das müssen Sie die Herren selber fragen!”, meinte Steinke trotzig, „oder sind Sie gar auch der irrigen Meinung, wir würden hier Gelder beiseite schaffen? Über irgendwelche dunkle Kanäle mit Hilfe irgendwelcher windiger Steuerberater?”
„Nicht Sie”, versuchte Häberle wieder zu beruhigen, „nicht Sie, aber vielleicht der Herr Rottler allein, ohne Ihr Wissen. Ist das völlig undenkbar?”
Steinke schwieg. Er lehnte sich zurück und schien zu überlegen. „Denkbar ist alles”, meinte er schließlich.
„Aha”, machte Häberle, „dann hegen Sie also doch einen gewissen Verdacht?”
Der Mann zuckte mit den Schultern und verfiel wieder in seinen schwäbischen Dialekt. „Was soll i saga? Wenn’s Unregelmäßigkeite en de Bücher hat, i war’s net – also kann’s bloß der Rottler sein.”
„Noch eine andere Frage”, hakte Linkohr ein, „sind Sie eigentlich auch Flieger?”
„Ich? ne, überhaupt net.”
Die beiden Kriminalisten bedankten sich und ließen einen nachdenklichen Firmen-Chef zurück.
28
Es schien so, als würde die Durchsuchung des Verwaltungsgebäudes bis in die späte Nacht andauern. Mittlerweile waren bereits zwei Kombis voller Akten und PCs abtransportiert worden. Einsatzleiter Kienzle war mit seinen Männern auf mehrere verschlossene Behältnisse gestoßen, die ihm keiner der drei leitenden Angestellten, die ihm behilflich waren, öffnen konnte. Es waren ein Wandtresor, der angeblich Software-Pläne enthielt, und zwei so genannte Schrank-Tresore, der eine in Steinkes, der andere in Rottlers Büro.
Der Versuch, Rottler telefonisch zu erreichen, war fehlgeschlagen. Nun versuchten sie es bei Steinke selbst. Dieser meldete sich nach dem fünften Klingelton. Einer seiner leitenden Angestellten schilderte die Situation und bat den Chef, selbst herzukommen und die Tresore zu öffnen.
„Einen
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