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Irrgarten Der Liebe

Titel: Irrgarten Der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otto Julius Bierbaum
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entdeckt er tief ein neues Land,
    Das nie er noch geschaut, das, unveräußerlich,
    Ein reiches Königreich: staunend entdeckt er – sich.
     
    Mein Auge ward beraubt, mein Herz ward reich beschenkt,
    Das in sich selber sich mit stiller Kraft versenkt.
     
     
Frühlingsanfang
    Quasimodogeniti:
    Der Lenz, der Lenz, der Lenz ist hie!
    Maienkätzchen baumeln im Winde,
    Schon übersproßt es Birke und Linde,
    Grün webt es über Busch und Baum.
     
    Der Winter war ein dummer Traum!
    Daß Schnee gewesen und Frost und Eis
    – Herr Gott, brennt schon die Sonne heiß –
    Man glaubt es kaum.
     
    Zwar Alm und Berg ist noch beschneit;
    Dort sitzt der Winter in Einsamkeit,
    Der thronverstoßene Alte;
    Zorngrüße sendet er, kalte.
     
    Jagt Graupelschauer herunter ins Thal,
    Möchte gar zu gerne noch einmal
    Auf Stürmen geritten kommen.
    Mag ihm aber doch nichts frommen.
     
    Zu fest sitzt schon der Lenz im Land,
    Und seine liebe, linde Hand
    Ruht segensicher über den Fluren,
    Die seines Hauches Glück erfuhren.
    Schon sprießt die junge Saat heraus;
     
    Auf jedem Tisch ein Frühlingsstrauß
    Erzählt vom bunten Werden.
    Es ist kein Traum, das Heil geschah,
    Der Lenz, der Lenz, der Lenz ist da
    Und neues Leben auf Erden!
     
     
Frühlingsabend
    Das junge Feld vor mir. Es wächst in ihm,
    Die Säfte steigen stetig auf zum Halm,
    Kein Wind bewegt die stille, grüne Kraft.
     
    Der Wald dahinter. Starr der Wipfel Wuchs;
    Es zeichnet sich ihr Zackenrand am Himmel,
    Tiefdunkel, schwarzgrün vor gestähltem Blau.
    Ein rosagelber Streifen, lang und schmal,
    Ruht segnend drüber, eine Heilandshand.
     
    Das ist der Friede. Fruchten lebt in ihm.
    Ein einziger Vogel singt im tiefen Wald.
     
     
Die Mauer entlang
    Die Mauer entlang,
    Wo das Wässerchen rinnt,
    Wo die Rosablüte des Apfelbaums
    Das ernste, dunkle Baumgrün grüßt,
    Da stehen die schönsten Blumen.
     
    Von jeglicher Art,
    Vielfarbenhell,
    Leis duftgewiegt und schattengeschützt
    Lachen sie her aus grünem Gras;
    Ach, wollen sie sterben im Frühlingsglanz?
    Ich breche die flammglührote.
     
    Dir, Liebe, geh ich sie, die du still
    Im schwarzen Kleide traurig gehst
    Zwischen Lautenschlag und blühender Pracht
    An deiner Brust aufprange sie hell,
    In dein Herz lohe ihr Lebensrot,
    Dir singe ihr Duft aus tiefem Kelch:
    Sieh, dir auch lacht die Au!
     
     
Die Birke
1.
    Die junge Frühlingssonne
    Mit zarten Strahlenfädchen
    Flirrt um die Jungfer Birke
    Mattgoldenes Filigran.
     
    Wie eine Braut im Schmucke,
    So schämig schön, jungfräulich,
    Steht zwischen schwarzen Tannen
    Die schlanke junge Birke.
     
    Könnt ich ein Bildchen malen
    Mit zartgehauchten Farben,
    Ich malte meine Birke
    In junger Frühlingssonne.
     
    Der Himmel sollte sie küssen,
    Der heiter helle Himmel,
    Und eine weiße Wolke
    Schwömme über sie hin.
     
    Das Gras zu ihren Füßen,
    Halb hoch im Halm, durchflockt ich
    Mit zarten Rosakelchen
    Und blassen Margeriten.
     
    Die sollten still wie Kinder
    Aufblicken mit hellen Augen
    Zur holden Jungfer Birke
    In junger Frühlingssonne.
     
     
2.
    Birke, wie warst du schön,
    Als du im grünen Kleid,
    Zierliche Jungfrau, standst
    Und dir der Frühlingswind
    Leise durchs zage Gezweig
    Strich, wie des Bräutigams Hand
    Zärtlich der Braut durch die schimmernden Locken streicht.
     
    Birke, wie bist du schön,
    Die du im goldnen Kleid,
    Schöne Matrone, stehst.
    Ruhig in klarer Luft
    Hängt nun das fahle Gezweig,
    Wie die Arme der Frau
    Lässig herab im ermüdeten Schooße ruhn.
Sommerglücksmusik
     
    (Für Richard Dehmel.)
     
    Oh Mond der Ernte des goldenen Korns!
    Oh Sichelrauschen durch reife Frucht!
    Oh Segensang des Sensenschwungs!
     
    Sonne spielt in schweren, satten
    Farben ein Strahlenlied der Macht,
    Goldkorngarbenüberdacht
    Sitzt der große Pan im Schatten.
     
    Gelb ist des Liedes Tiefton; breit
    Flutet es unter dem Klanggewelle;
    Fanfaren in Rot; das Blau schalmeit;
    Ein lustiges Grün schwillt flötenhelle.
     
    Mit dem Haupt dem hörnerschweren,
    Nickt den Takt der große Pan:
    Langsam kommt die Zeit heran,
    Da die Götter wiederkehren.
     
    Oh Mond der Ernte des goldenen Korns!
    Oh Sichelrauschen durch reise Frucht!
    Oh Segensang des Sensenschwungs!
Spätsommer
     
    Hellster, grellster Sommertag,
    Sonnenglutdurchschwelte Luft,
    Schwüler, schwerer Blumenduft,
    Müd verhaltener Finkenschlag.
     
    Satte Reife weit und breit,
    Leis schon übergilbt der Wald;
    Bunt in Herbst verraschelt bald
    Sommertraumstrosteinsamkeit.
     
     
Nacht

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