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Irrgarten Der Liebe

Titel: Irrgarten Der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otto Julius Bierbaum
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Henckell.)
     
    Gestern die Welt in Grau,
    Rieselnder Regen troff,
    Himmel und Erde ersoff;
    Heute der Himmel blau.
    Sonnenschein goldgüssig träuft,
    Ueber die Halme läuft
    Wogewind lau.
    Zürnegotts Reich zerfällt!
    Heiteres Heidentum
    Leuchtet das Leidentum
    Froh aus der fröhlichen Welt.
    Siegendes Licht zerriß
    Hockende Finsternis.
    Alles erhellt!
     
     
Frühling
    Lachender Himmel. Es ziehen gemächlich
    Schaumige Schäfchenwolken darüber,
    Sonnenscheinschimmer durchflutet die Luft.
    Maiengrün, die reine, feine,
    Jungfernfarbe der Natur,
    Lächelt bräutlich hold und heiter
    Von Millionen leise schwankenden,
    Zierlich auf- und niederschwebenden
    Zarten Blättern.
     
    Frühling!
     
    Welch ein Glanz ruht auf der Wiese.
    Oh, du lockendes, leises Klingen
    Ueber der ruhig blühenden Schönheit!
    Hoffnung weht mir in die Seele
    Friedevoll bewegt.
     
    Weich umhaucht mich Wärme der Liebe,
    Wie der Atem des bebenden Mädchens,
    Das den schlummernden Freund an die wogende,
    Heiße sehnsuchtsvolle Brust,
    Leise sich überbiegend, preßt.
     
    Oh, Fülle! Fülle! Drängende, treibende
    Fülle des Glücks!
    Eben, eben noch klang die Klage,
    Klang die Klage um Heißbegehrtes,
    Schönheitsstrahlendes, Großes,
    Klang die Klage um das Geheimste,
    Herzerfüllende, Heiter-Heilige mir im Herzen.
    Nun, im grünen Blätterschwanken,
    Nun, im blauen Himmelslächeln,
    Nun, im goldigen Sonnenstrahlen,
    Ist mir schnell das Glück geworden,
    Glück im Schönen und im Schauen
    Werdender Schönheit.
     
    In mein Auge strahlte das Glück,
    Mir im Herzen hebt es die Flügel:
    Ach, du lachendes, lustiges Ding,
    Lustiges, lustiges Ding!
     
    Meine Arme breite ich aus:
    Glück! Glück!
    Könnt ich es allen Menschen schenken,
    Allen Menschen im drückenden Joch,
    Allen Menschen mit krampfendem Herzen,
    Allen denen, die im Hochflug
    Ihre Flügel zur goldenen Sonne
    Breiten möchten und im Schmutz
    Harter Not sich mühen müssen;
    Aber denen, denen zuerst,
    Deren Herzen liebemächtig
    Selbst in Kümmernis gütevoll, milde,
    Still in treuer Neigung schlagen:
    Dir zuerst drum, oh du mein braunes,
    Scheues Rehaug.
    Oh du Gute, Liebe, Milde!
    Ob auch im Herzen das Glück mir lacht,
    Lacht und tanzt, das lustige Ding:
    Dein muß ich denken,
    Traurig,
    Dein und deines gütigen
    Wehevollen Blickes.
     
     
Farben
    Auf dem Moose mein Kopf,
    In den Himmel mein Blick,
    In die Himmelsbläue durch Blättergrün,
    In die klare, stille, unendliche Welt
    Der leuchtenden Luft.
    Wie im Märchen, gebannt
    Zu schweigendem Schlaf,
    Starr stehen die Bäume.
    Kein Wipfel rauscht,
    Es schaukelt kein Blatt,
    Kein Vogel hüpft
    Von Zweig zu Zweig,
    Von keinem Zweige
    Klingt Vogelgesang.
     
    Dem schönheitsoffenen Auge allein
    Gehört diese stumme, lebendige Welt.
    Des Himmels Blau,
    Der Blätter Grün,
    Der Stämme und Aeste Schwarz-Grau-Braun:
    Sie leuchten ein Lied in den lauschenden Blick,
    Wohl lautlos, still, doch voll Harmonie
    Und lebenden Glückes voll, das fest
    Im Herzen haftet, wie ein Gesang,
    Der leise später aus Herzensgrund
    Erinnerungsmelodien herauf
    In flatterndem Schwellen erklingen läßt.
     
    Du sinnst und fragst: Wo kamen sie her?
    Wo klangen sie einst sich
    Ins Herz mir ein?
    Und lauschst dem Lied aus der eigenen Brust,
    Und tauchst hinab in des Glückes Tiefen,
    Aus denen geheimnisdämmerweich
    Der süßen Töne Erinnerung quillt ...
    Wo klang so voll und zart in Eins
    Das Himmelsblau,
    Das Blättergrün,
    Von wechselndem Grau dumpf untertönt?
     
    Die stumme, leuchtende Melodie
    Drängt tief ins Herz:
    Ich fühle, einst
    Klingt sie herauf
    In farbenleerer, dunkler Zeit.
     
    Mein Auge, trinke, trinke die tönende, leuchtende Flut,
    Sauge, sauge sie ein, oh Herz,
    Waffne, rüste mit Schönheit dich
    Gegen die Finsternis!
Sonnenblicke
     
    Leises Blätterrauschen rings,
    Traumhaft, wie im Märchenwalde ...
    Vogelsingen von den Zweigen,
    Schmelzend bald in langgezogenen,
    Schluchzenden Tönen, bald in lautem,
    Hochaufschmetternden Jubelruf. –
    Leise der Wind weht ... Leise die Düfte
    Ferner Blumen schwanken im Winde.
    Schweigend kreisen Blüten und Blätter
    Langsam nieder – frühgewelkte;
    Milde blickt mit tausend blauen
    Augen durchs Geäst der Himmel ...
    Blaue, milde, schöne Augen,
    Feucht erglänzend in fraulicher Güte,
    Haben mir tief in die Seele geleuchtet –
    Sonnenblicke, Sonnenblicke ...
    Trüb und dumpf, von Qual und Zweifel
    Aufgestachelt und niedergedrückt,
    Schwankte mein Herz in öder Leere.
    Sehnsucht,

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