Irrgarten Der Liebe
Henckell.)
Gestern die Welt in Grau,
Rieselnder Regen troff,
Himmel und Erde ersoff;
Heute der Himmel blau.
Sonnenschein goldgüssig träuft,
Ueber die Halme läuft
Wogewind lau.
Zürnegotts Reich zerfällt!
Heiteres Heidentum
Leuchtet das Leidentum
Froh aus der fröhlichen Welt.
Siegendes Licht zerriß
Hockende Finsternis.
Alles erhellt!
Frühling
Lachender Himmel. Es ziehen gemächlich
Schaumige Schäfchenwolken darüber,
Sonnenscheinschimmer durchflutet die Luft.
Maiengrün, die reine, feine,
Jungfernfarbe der Natur,
Lächelt bräutlich hold und heiter
Von Millionen leise schwankenden,
Zierlich auf- und niederschwebenden
Zarten Blättern.
Frühling!
Welch ein Glanz ruht auf der Wiese.
Oh, du lockendes, leises Klingen
Ueber der ruhig blühenden Schönheit!
Hoffnung weht mir in die Seele
Friedevoll bewegt.
Weich umhaucht mich Wärme der Liebe,
Wie der Atem des bebenden Mädchens,
Das den schlummernden Freund an die wogende,
Heiße sehnsuchtsvolle Brust,
Leise sich überbiegend, preßt.
Oh, Fülle! Fülle! Drängende, treibende
Fülle des Glücks!
Eben, eben noch klang die Klage,
Klang die Klage um Heißbegehrtes,
Schönheitsstrahlendes, Großes,
Klang die Klage um das Geheimste,
Herzerfüllende, Heiter-Heilige mir im Herzen.
Nun, im grünen Blätterschwanken,
Nun, im blauen Himmelslächeln,
Nun, im goldigen Sonnenstrahlen,
Ist mir schnell das Glück geworden,
Glück im Schönen und im Schauen
Werdender Schönheit.
In mein Auge strahlte das Glück,
Mir im Herzen hebt es die Flügel:
Ach, du lachendes, lustiges Ding,
Lustiges, lustiges Ding!
Meine Arme breite ich aus:
Glück! Glück!
Könnt ich es allen Menschen schenken,
Allen Menschen im drückenden Joch,
Allen Menschen mit krampfendem Herzen,
Allen denen, die im Hochflug
Ihre Flügel zur goldenen Sonne
Breiten möchten und im Schmutz
Harter Not sich mühen müssen;
Aber denen, denen zuerst,
Deren Herzen liebemächtig
Selbst in Kümmernis gütevoll, milde,
Still in treuer Neigung schlagen:
Dir zuerst drum, oh du mein braunes,
Scheues Rehaug.
Oh du Gute, Liebe, Milde!
Ob auch im Herzen das Glück mir lacht,
Lacht und tanzt, das lustige Ding:
Dein muß ich denken,
Traurig,
Dein und deines gütigen
Wehevollen Blickes.
Farben
Auf dem Moose mein Kopf,
In den Himmel mein Blick,
In die Himmelsbläue durch Blättergrün,
In die klare, stille, unendliche Welt
Der leuchtenden Luft.
Wie im Märchen, gebannt
Zu schweigendem Schlaf,
Starr stehen die Bäume.
Kein Wipfel rauscht,
Es schaukelt kein Blatt,
Kein Vogel hüpft
Von Zweig zu Zweig,
Von keinem Zweige
Klingt Vogelgesang.
Dem schönheitsoffenen Auge allein
Gehört diese stumme, lebendige Welt.
Des Himmels Blau,
Der Blätter Grün,
Der Stämme und Aeste Schwarz-Grau-Braun:
Sie leuchten ein Lied in den lauschenden Blick,
Wohl lautlos, still, doch voll Harmonie
Und lebenden Glückes voll, das fest
Im Herzen haftet, wie ein Gesang,
Der leise später aus Herzensgrund
Erinnerungsmelodien herauf
In flatterndem Schwellen erklingen läßt.
Du sinnst und fragst: Wo kamen sie her?
Wo klangen sie einst sich
Ins Herz mir ein?
Und lauschst dem Lied aus der eigenen Brust,
Und tauchst hinab in des Glückes Tiefen,
Aus denen geheimnisdämmerweich
Der süßen Töne Erinnerung quillt ...
Wo klang so voll und zart in Eins
Das Himmelsblau,
Das Blättergrün,
Von wechselndem Grau dumpf untertönt?
Die stumme, leuchtende Melodie
Drängt tief ins Herz:
Ich fühle, einst
Klingt sie herauf
In farbenleerer, dunkler Zeit.
Mein Auge, trinke, trinke die tönende, leuchtende Flut,
Sauge, sauge sie ein, oh Herz,
Waffne, rüste mit Schönheit dich
Gegen die Finsternis!
Sonnenblicke
Leises Blätterrauschen rings,
Traumhaft, wie im Märchenwalde ...
Vogelsingen von den Zweigen,
Schmelzend bald in langgezogenen,
Schluchzenden Tönen, bald in lautem,
Hochaufschmetternden Jubelruf. –
Leise der Wind weht ... Leise die Düfte
Ferner Blumen schwanken im Winde.
Schweigend kreisen Blüten und Blätter
Langsam nieder – frühgewelkte;
Milde blickt mit tausend blauen
Augen durchs Geäst der Himmel ...
Blaue, milde, schöne Augen,
Feucht erglänzend in fraulicher Güte,
Haben mir tief in die Seele geleuchtet –
Sonnenblicke, Sonnenblicke ...
Trüb und dumpf, von Qual und Zweifel
Aufgestachelt und niedergedrückt,
Schwankte mein Herz in öder Leere.
Sehnsucht,
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