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Irrsinn

Irrsinn

Titel: Irrsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Lot, aber doch so weit, dass man weitermachen konnte.
    Ich will wissen, was es sagt, das Meer. Was es immer wieder sagt.
    Einige Male schloss er bewusst die Augen, doch das nützte nichts. Sie mussten von selbst zufallen, wenn er einschlafen wollte.
    Er betrachtete die Uhr, während sie von 12:59 auf 01:00 umsprang.
    Die Botschaft hatte unter dem Scheibenwischer gesteckt, als er um sieben Uhr abends aus der Kneipe gekommen war. Seither waren sechs Stunden vergangen.
    Jemand war ermordet worden. Oder nicht. Bestimmt nicht.
    Unter den kratzenden Klauen der Eule, falls es eine Eule war, schlief er ein.
     

5
    Die Kneipe hatte keinen Namen. Genauer gesagt: Ihre Funkt i on war ihr Name. Auf dem Schild an der Spitze eines Masts, das man sah, bevor man von der Landstraße auf den von Ulmen umrahmten Parkplatz einbog, stand lediglich BAR.
    Der Besitzer des Lokals hieß Jackie O’Hara. Er war beleibt, sommersprossig und freundlich, und jedermann sah ihn als Freund oder Onkel ehrenhalber.
    Er hegte nicht den geringsten Wunsch, seinen Namen auf dem Schild zu sehen.
    Als Junge hatte Jackie Priester werden wollen. Er wollte den Menschen helfen und sie zu Gott führen.
    Die Zeit hatte ihn dann gelehrt, dass er womöglich nicht in der Lage sein würde, seine Begierden zu beherrschen. Noch in jungen Jahren war er zu dem Schluss gekommen, dass er einen schlechten Priester abgeben würde, und das war nicht das, wovon er geträumt hatte.
    Seine Erfüllung fand er stattdessen darin, ein sauberes und freundliches Lokal zu führen. Es nach sich selbst zu nennen wäre ihm jedoch eitel vorgekommen, statt ein legitimer Au s druck von Selbstbewusstsein zu sein.
    Billy Wiles war der Ansicht, Jackie hätte durchaus einen guten Priester abgegeben. Schließlich hatte jeder Mensch Begierden, die schwer zu beherrschen waren, doch nur wenige besaßen Demut, Güte und ein Bewusstsein der eigenen Schwächen.
    Die Gäste kamen immer wieder mit Namen für das Lokal an, doch Jackie fand ihre Vorschläge entweder peinlich oder unpassend, wenn nicht gar beides.
    Als Billy am Dienstagmorgen um Viertel vor elf eintraf – fünfzehn Minuten, bevor das Lokal aufmachte –, standen nur zwei Autos auf dem Parkplatz, das von Jackie und das von Ben Vernon, dem Koch.
    Neben seinem Wagen stehend, betrachtete Billy die niedrigen Erdhügel, die ein Stück jenseits der Straße aufragten. Sie waren dunkelbraun, wo sie von Baumaschinen skalpiert worden waren, und hellbraun, wo das Grün der wilden Gräser durch die Sommerhitze ausgebleicht war.
    Eine internationale Immobilienfirma baute dort auf knapp vierhundert Hektar Grund eine erstklassige Ferienanlage, die den Namen »Vineland« tragen sollte. Neben einem Hotel mit Golfplatz, drei Swimmingpools, einem Tennisclub und anderen Annehmlichkeiten umfasste das Projekt einhundertneunzig Villen. Für einen Stückpreis von jeweils mehreren Millionen Dollar standen sie zum Kauf durch Leute bereit, die ihre Freizeit wirklich ernst nahmen.
    Im Frühling waren die Fundamente gegossen worden, nun stiegen bereits die Mauern in die Höhe.
    Wesentlich näher als die palastartigen Bauten auf den Hügeln stand in einer Wiese, kaum dreißig Meter von der Straße entfernt, ein dramatisches, dreidimensionales Kunstwerk, das der Vollendung entgegensah. Es war zwanzig Meter hoch und fünfzig Meter lang. Aus Holz gefertigt, war es grau bemalt und mit schwarzer Schattierung versehen.
    Im Stile des Art déco stellte das Werk eine mächtige Masch i nerie dar, die unter anderem aus den mit Kuppelstangen verbundenen Antriebsrädern einer Lokomotive bestand. Dazu kamen gewaltige Zahnräder, merkwürdige Armaturen und geheimnisvolle mechanische Formen, die nichts mit einer Eisenbahn zu tun hatten.
    In dem Teil, der an eine Lokomotive erinnerte, war die riesige, stilisierte Gestalt eines Mannes in Arbeitskleidung dargestellt. Sein Körper war geneigt wie gegen einen starken Wind, während er eines der monströsen Antriebsräder drehte, als wäre er in der Maschine gefangen und bewegte sich nun mit ebenso viel Panik wie Entschlossenheit vorwärts, weil er bei der geringsten Ruhepause aus dem Takt geraten und in Stücke gerissen worden wäre.
    Manche Teile der Konstruktion waren beweglich. Obwohl sie noch nicht in Gang gesetzt werden konnten, vermittelte das Ganze bereits eine überzeugende Illusion von Bewegung und Geschwindigkeit.
    Es handelte sich um ein Auftragswerk, entworfen von einem berühmten Künstler, der sich den Namen »Valis« gegeben

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